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Biber belastet Tourismus und Landwirtschaft - Aufbau des Alheimer Schlachtschiffs in Gefahr

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Von: Carolin Eberth

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Der Biber ist in Deutschland streng geschützt. Sein Fraß und seine Bauten sorgen jedoch nicht immer für Begeisterung, wie aktuell in Heinebach: Durch die Staudämme der Nager hat sich nicht nur der Fluss Heinebach gestaut, sondern auch der Heinebacher See läuft über.
Der Biber ist in Deutschland streng geschützt. Sein Fraß und seine Bauten sorgen jedoch nicht immer für Begeisterung, wie aktuell in Heinebach: Durch die Staudämme der Nager hat sich nicht nur der Fluss Heinebach gestaut, sondern auch der Heinebacher See läuft über. © Carolin Eberth

Vor mehr als 150 Jahren rottete der Mensch den Biber in Hessen aus. Jetzt kehrt er zurück. Auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg wächst die Population – und das birgt Konfliktpotenzial.

Heinebach – So gut sich die Nachricht aus Natur- und Umweltschutzsicht auch anhört, die Ausbreitung des Bibers bringt auch einige Probleme mit. In Heinebach baut der Nager fleißig einen Staudamm nach dem anderen im Fluss Heinebach und in der Folge drückt das angestaute Wasser nicht nur auf Wege und landwirtschaftliche Flächen, sondern auch auf den Heinebacher See. Und weil das Wasser des Sees seit Wochen über das Ufer getreten ist, kann die saisonale Gaststätte, das Alheimer Schlachtschiff, nicht aufgebaut werden – ganz zum Frust des Kapitäns Christian Pahlke.

„Normalerweise fangen wir mit dem Aufbau des Schiffes am 1. April an und eröffnen unsere Gaststätte am 1. Mai“, sagt Christian Pahlke. In diesem Jahr sei jedoch alles anders. Dort, wo sonst der Biergarten aufgebaut wird, steht nun das Wasser aus dem Heinebacher See. „Das ist ein existenzielles Problem für uns. Das betrifft ja nicht nur mich und meine Familie, sondern auch meine Mitarbeiter, wenn wir keinen Umsatz machen können.“

Das Alheimer Schlachtschiff könnte aktuell in See stechen: Das Wasser des Heinebacher Sees ist weit über das Ufer getreten. Dadurch kann die Gaststätte samt Biergarten weder aufgebaut, noch am 1. Mai für Gäste eröffnen.
Das Alheimer Schlachtschiff könnte aktuell in See stechen: Das Wasser des Heinebacher Sees ist weit über das Ufer getreten. Dadurch kann die Gaststätte samt Biergarten weder aufgebaut, noch am 1. Mai für Gäste eröffnen. © Carolin Eberth

Erst wenn wieder 90 Prozent der Parkfläche vor dem Heinebacher See wasserfrei sind, könne mit dem Aufbau gestartet werden. „Wann das sein wird, das ist noch unklar. Uns sind ja schließlich die Hände gebunden. Wir können ja nicht einfach die Biber-Dämme entfernen“, so der Käpt’n vom Schlachtschiff.

Auch wenn Pahlke nicht wie in den Jahren zuvor die Eröffnung des Schlachtschiffes am 1. Mai feiern kann, möchte er trotzdem den Wanderern am Tag der Arbeit einen Treffpunkt zur Einkehr bieten. „Deshalb feiern wir eine Biber-Eröffnung am 1. Mai, dort, wo sonst das Schlachtschiff aufgebaut ist. Es wird einen Bierpils, Bratwürstchen und Bänke zum Sitzen geben. Wir versuchen eben, das Beste aus der Situation zu machen.“

Wo der Biber am Werk ist, ist unübersehbar: Im Fluss Heinebach sind mehrere Staudämme, wie Ortsvorsteher Thilo Frankfurth zeigt.
Wo der Biber am Werk ist, ist unübersehbar: Im Fluss Heinebach sind mehrere Staudämme, wie Ortsvorsteher Thilo Frankfurth zeigt. © Carolin Eberth

Neben Schlachtschiff-Chef Pahlke bekommt auch Heinebachs Ortsvorsteher und Landwirt Thilo Frankfurth die Auswirkungen der Biber-Ansiedlung deutlich zu spüren. Direkt neben Heinebach und Heinebacher See hat er Wiesen, die nun dauerhaft unter Wasser stehen. „Die Flächen kann ich gar nicht mehr befahren mit dem Trecker. Und das Gras, was da aktuell wächst, wird verfaulen, wenn es weiter durchnässt ist. Das frisst dann also auch kein Vieh mehr“, sagt Thilo Frankfurth.

Dazu habe der Biber auch den Fulda-Radweg R 1 teilweise am Heinebacher See geflutet. „Das sorgt natürlich auch für Schäden an den Wegen. Damit der Weg nicht weiter unterspült wird und irgendwann wegbricht, wurde schon Schotter aufgeschüttet am Rand des Sees.“

Auch der Fulda-Radweg R 1 ist durch die Staudämme der Biber betroffen und zum Teil überschwemmt, wie hier am Schlachtschiff in Heinebach.
Auch der Fulda-Radweg R 1 ist durch die Staudämme der Biber betroffen und zum Teil überschwemmt, wie hier am Schlachtschiff in Heinebach. © Carolin Eberth

Ein weiteres Problem sei laut Frankfurth, dass es für land- und forstwirtschaftliche Schäden, die durch Biber verursacht werden, keine Entschädigungen bislang gäbe. Eine weitere Gefahr: „Die Biber knabbern einen Baum nach dem anderen am Heinebacher See ab. Beispielsweise die Apfelbäume, die ich hier auf meinen Wiesen vor Jahren gepflanzt habe, die sind dem Biber auch schon zum Opfer gefallen“, so Frankfurth. Verletzt wurde dabei zum Glück niemand, doch der Biber hat schon die nächsten Stämme ins Visier genommen. „Deshalb haben wir manche Stämme mit Maschendrahtzaun an der Rinde geschützt.“

Ein Wiederansiedlungsprojekt in den späten 1980er-Jahren ebnete den Boden für das Comeback des Bibers nach Hessen: Aus den anfänglichen 18 Pionierbibern im Spessart sind mittlerweile um die 1000 hessische Genossen geworden, laut Schätzung des Nabu Hessen. Der Gesamtbestand in Deutschland wird auf etwa 26 000 Tiere geschätzt. Der Biber unterliegt in Deutschland dem Naturschutzrecht und zählt in Europa zu den streng geschützten Arten.

An der Hasel bei Lispenhausen wurde dieser Biber – Europas größtes heimisches Nagetier – von einer Wildkamera aufgenommen.
An der Hasel bei Lispenhausen wurde dieser Biber – Europas größtes heimisches Nagetier – von einer Wildkamera aufgenommen. © Carolin Eberth

Das sagt Naturschützer Arno Werner aus Bebra

„Der Biber hat sich im Landkreis bereits an vielen Gewässern etabliert. Zurzeit bin ich mit dem Bibermonitoring an der Hasel und im Naturschutzgebiet Forbachsee bei Bebra beschäftigt. Die Fulda und die Gewässer in der Aue sind durchgehend besiedelt. Von dort aus suchen junge geschlechtsreife Biber jetzt weitere freie Reviere. Es wird erwartet, dass in naher Zukunft immer mehr unbesetzte Quellzuflüsse besiedelt werden. Durch seine Dammbauten staut der Biber das Wasser auf, um von seinem Bau aus schwimmend seine ufernahen Nahrungshabitate zu erreichen. Konflikte ergeben sich immer dort, wo der Mensch zu dicht an einem Gewässer Aktivitäten entwickelt. Bei einem zehn bis zwanzig Meter breiten beidseitigen ungenutzten Schutzstreifen an den Gewässerufern – der leider in der Regel fehlt – gibt es dann Probleme, wenn Flächen überstaut werden, Bäume dort umstürzen oder Fahrzeuge in Biberbauten am Ufer einbrechen.

Die Ausbreitung des Bibers in Hessen war zu erwarten, aber man hat es fast überall versäumt, bereits vor der Biberansiedlung aktiv Schutzstreifen auszuweisen, um mögliche Konflikte zu minimieren. Als Fazit gilt, die Rückkehr des Bibers ist grundsätzlich zu begrüßen. Als Landschaftsgestalter leistet er einen Beitrag zur Sicherung der Biodiversität und dem Wasserrückhalt. Die wenigen auftretenden Konflikte sind beherrschbar.“

Arno Werner ist Mitglied der Naturschutzinitiative e.V. (NI). Dies ist ein unabhängiger und gemeinnütziger Naturschutzverein, der sich für den Schutz von Landschaften, Wildtieren und Lebensräumen einsetzt.
Infos: naturschutz-initiative.de

(Carolin Eberth)

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