Bezirkskantor Zierenberg wird in den Ruhestand verabschiedet

Kirchenmusik, Saabs und Südtirol sind die Leidenschaften von Bezirkskantor Christian Zierenberg
Rotenburg – Ob er die Orgelbank tatsächlich mit der Ruhebank und den Dirigentenstab mit dem Wanderstab vertauschen wird? Wohl nicht ganz, denn Bezirkskantor Christian Zierenberg, der am Ostermontag um 11 Uhr in der Rotenburger Jakobikirche im Rahmen eines musikalischen Gottesdienstes mit Aufführung einer Bach-Kantate in den Ruhestand verabschiedet wird, hat noch die eine und andere musikalische Baustelle.
Für Ende des Monats hat er für sich und seine Frau Christhild Dietz-Zierenberg erst mal eine geballte Woche Kultur in Florenz geplant und für den Sommer wieder mal Urlaub im Südtiroler Unterland
Der Pfarrerssohn wurde am 27. April 1960 als ältestes von vier Kindern in Göttingen geboren. In Osterode im Harz besuchte er die Grundschule, in Holzminden an der Weser das Gymnasium – wegen Lehrermangels von Klasse 7 bis 13 gänzlich ohne Musikunterricht. Aber er hatte einen musikaffinen Vater, der über eine große Schallplattensammlung verfügte. Bei dem hörte er Klassik, bei seinen beiden Schwestern Pop, und von 1976 an betätigte er sich nebenamtlich als Organist.
Nach Abitur und Zivildienst studierte er in Hannover Kirchenmusik. Er hatte unter anderem Stationen in Vaduz und Amsterdam, 1990 machte er an der Folkwang-Hochschule in Essen das A-Examen. Am musisch und tänzerisch geprägten Gymnasium in Essen-Werden ergab es sich dann schließlich, dass er als Lehrer und Ballettkorrepetitor tätig sein konnte. 1990 heiratete er auch seine erste Frau Rita, mit der er vier Söhne hat, die alle schon in Bands gespielt haben, die beruflich aber eher naturwissenschaftlich orientiert sind.
Ein mit dem jetzt fast 63-Jährigen befreundeter Berliner Organist, dessen „Königin der Instrumente“ von der Orgelbauwerkstatt Rotenburg betreut wurde, war es, der Zierenberg auf die vor 29 Jahren in Rotenburg zu besetzende Kantorenstelle aufmerksam machte. Auf ihr war er über all die Jahre zum einen als Bezirkskantor des Kirchenkreises Rotenburg tätig und zum anderen, mit einem Viertel der Stelle, als Kirchenmusiker an und in der Jakobikirche. Darüber hinaus war und ist er bisweilen als Organist in der Stiftskirche, der Martin-Luther-Kirche und in der kleinen Kirche von Mündershausen sowie als Leiter des Projektchors Asmushausen aktiv.
„Zu Zierenbergs Schaffen gehören unzählige Orgelkonzerte und die Leitung des Kammerchores des Kirchenkreises mit zahlreichen Konzerten“, schreibt Pfarrer Michael Dorfschäfer im „Evangelischen Monatsboten“. Dabei hebt er ausdrücklich die fest etablierte „Musik in der Karwoche“ hervor, die am diesjährigen Karfreitag mit der siebenteiligen Passionsmusik „Membra Jesu Nostri“ von Dietrich Buxtehude in der Heinebacher Bauernbarockkirche ihren Abschluss gefunden hat.
Neben seiner mit dem Bezirkskantorat verbundenen Unterrichts- und Betreuungstätigkeit entwickelte Zierenberg eine Vorliebe für kleine Ensembles wie die Jakobi-Kantorei und den Kammerchor des Kirchenkreises. Zu den Höhepunkten seines Wirkens zählte die Aufführung der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach, aber auch das eine oder andere, nicht so häufig zu Gehör gebrachte Werk. Viele sahen in ihm einen Meister der klassischen Kirchenmusik, der im „normalen“ Gottesdienst auch gerne mal improvisierte. Nach seinem Lieblingskomponisten befragt, sagt der in Ellingerode „quasi im Wald“ wohnende Musiker: „Man ist immer mit dem verbunden, was man gerade macht.“ Dazu zählte auch viel Neues aus der avantgardistischen Orgelmusik.
Beim Unterrichten seiner etwa 40 Orgelschüler hat Zierenberg gelernt, dass man nicht zu analytisch vorgehen sollte, dass vieles besser funktioniert, wenn man erst erklärt und dann die Verbindung zum Notentext herstellt, und dass konkretes Vorspielen besser ist als abstraktes Lehren. Gerne denkt er an die gute Zusammenarbeit mit Kantorin Eva Gerlach-Kling zurück, an seine Arbeit als Orgelsachverständiger der Landeskirche und sein Wirken als Vorsitzender des bei der Umsetzung des neuen kirchenmusikalischen Konzepts der Landeskirche maßgeblich beteiligten Verbandes der Kirchenmusiker.
Zu Zierenbergs Hobbys zählt das Kochen und das „Sammeln“ alter Saabs: „Das sind sensationell gute Autos.“ Besonders stolz ist er auf seinen Saab Sonett, Baujahr 1974, aber auch auf seinen Saab 900, Baujahr 1981, und seinen „erst“ 23 Jahre alten Saab 9.5, mit dem er gerade fährt. In Zukunft nicht mehr so oft zur Jakobikirche. An der folgt ihm die bisherige Philippsthaler Gemeindekantorin Barbara Matthes nach, mit der zusammen er sich darauf freut, dass „seine“ Jakobiorgel hoffentlich bald restauriert wird. (Wilfried Apel)