Prozessdesigner Stefan Rinke setzt Onlinezugangsgesetz für den Nordkreis um

Eine Geburts- oder Sterbeurkunde beantragen oder die Hundesteuermarke für den eigenen Vierbeiner – in der Vergangenheit bedeutete das meist zeitaufwendige Behördengänge. Nun ist das problemlos von zuhause aus zu erledigen.
Rotenburg – Stefan Rinke ist 2021 von der Stadt Rotenburg als Prozessdesigner eingestellt worden, um das Onlinezugangsgesetz (OZG) für die Stadt und die weiteren sechs Nordkreis-Kommunen zu realisieren. Rinke ist studierter Diplom-Mathematiker und hat zuletzt im Bereich Erneuerbare Energien gearbeitet.
„Für den Bürger soll es so sein, dass er für einen Antrag nicht mehr das Rathaus aufsuchen muss. Die Hundesteuermarke zum Beispiel ist dann wenige Tage später im Briefkasten“, so Stefan Rinke.
Insgesamt gibt es bundesweit 575 Verwaltungsleistungen. „Circa 100 davon haben wir für uns und unsere Kommunen als relevante Leistungen herausgefiltert“, so der gebürtige Rotenburger. Zunächst sei es wichtig gewesen, die Standes- und Steueramtlichen Anträge verfügbar zu machen. In Zukunft sollen auch Parkausweise für Handwerker und Schwerbehinderte sowie Verbrennungsanmeldungen online verfügbar sein. Es gibt aber auch Leistungen, die Aufgabe des Landkreises sind. Daher wurden sie nicht berücksichtigt. Dazu zählen zum Beispiel die Themen Fahrzeugzulassung und Führerscheine.
„Um den finanziellen Aufwand für die Digitalisierung gerade für kleinere Kommunen zu reduzieren, wurde zusammen mit den Nordkreis-Kommunen eine Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) gegründet, die sogar mit 100 000 Euro Fördermittel vom Land Hessen bezuschusst wird“, sagt Stefan Rinke.
Stellenabbau durch Entlastung der Mitarbeiter?
Jede Kommune hat einen eigenen Digitalisierungsbeauftragten, der mit Stefan Rinke regelmäßig in Kontakt steht. „Die Digitalisierungsbeauftragten klären zunächst mit den zuständigen Sachbearbeitern der Gemeindeverwaltungen die für ihre Gemeinde relevanten Leistungen. Im Anschluss daran kommen sie auf mich zu und ich kann mit der Umsetzung beginnen“, sagt der 46-Jährige.
Die von der Ekom21 bereitgestellten Leistungen passt er dann gezielt für jede Kommune an. Dabei gehören Informationsbeschaffung und die Antragserstellung zu den Hauptaufgaben. „Ich kommuniziere ständig mit den Sachbearbeitern, muss Informationen zu Leistungen, antragsspezifische Daten einholen oder Dokumente bearbeiten“, sagt der Prozessdesigner.
Durch den Wegfall vieler Behördengänge wolle man künftig auch die Mitarbeiter entlasten.
Laut Rotenburgs Bürgermeister Christian Grunwald resultiert daraus in Zukunft aber keinen Stellenabbau. „Durch den Digitalisierungsprozess wird es dem Bürger deutlich einfacher gemacht und im Rathaus kommt die Anfrage schneller zum zuständigen Sachbearbeiter. Die Weiterbearbeitung und der Ausbau der Digitalisierung werden aber weitere Aufgabenbereiche schaffen“, teilt Grunwald mit.
„Nicht für alle Behördengänge möglich“
Halbjährlich wolle man sich mit dem OZG-Beirat – bestehend aus den Digitalisierungsbeauftragten und Bürgermeistern – treffen, um sich Fortschritte anzusehen und künftige Pläne auszuarbeiten.
Stefan Rinke betreut mit allen sieben Kommunen rund 40 000 Einwohner. Neben den eingangs erwähnten Beispielen sind noch weitere Serviceleistungen bereitgestellt. Unter anderem kann man auch eine Ehe-Urkunde beantragen, einen Umzug voranmelden oder Anmeldungen wie für ein Osterfeuer, pflanzlichen Abfall oder Fundsachen beauftragen. „Durch die Einrichtung eines elektronischen Zahlungssystems können die beantragten Leistungen auch sofort online bezahlt werden“, fügt Stefan Rinke hinzu.
Der eingerichtete Mängelmelder soll außerdem helfen, nicht wegen jeder Kleinigkeit bei der Stadt anrufen zu müssen. „Dem Bürger ist es über den Melder möglich, zum Beispiel eine defekte Straßenlaterne, eine zu weit wachsende Hecke oder Schlaglöcher direkt online bei uns zu melden“, sagt Stefan Rinke. Die Meldung werde dann direkt an die richtige Abteilung zur Bearbeitung weitergeleitet. Bei der Beantragung eines Personalausweises oder eines Reisepasses sei aber weiterhin eine persönliche Vorstellung nötig. „Hierfür müssten Gesetze geändert werden, um sich diesen Behördengang zu sparen. Es wird nicht für alle Verwaltungsdienstleistungen möglich sein.“
Entwicklungskonzept Smart-City folgt im Anschluss
Zu aktuellen Fallzahlen kann Stefan Rinke noch nichts Konkretes sagen. Er rechne aber mit einem Anstieg. „Wenn das Angebot der Leistungen steigt, werden die Bürger auch vermehrt auf das digitale Rathaus zugreifen“, prognostiziert er.
Stefan Rinke rechnet damit, dass diese Arbeit in zwei bis vier Jahren weitestgehend beendet sei. Im Anschluss soll er sich dem Entwicklungskonzept Smart-City widmen. Dieses Projekt ziele darauf ab, Städte technologisch fortschrittlicher, ökologischer und sozial inklusiver zu gestalten. Dafür sollen zum Beispiel energiesparende Straßenlaternen, mehr Wlan-Hotspots und Messeinrichtungen zum Prüfen der Luftqualität installiert werden.
Die Anträge und Formulare sind auf den Internetseiten der Stadt Rotenburg und der Gemeinden Ronshausen, Wildeck, Cornberg, Nentershausen und Alheim auf der Startseite unter der Rubrik „Digitales Rathaus“ zu finden. Auf der Internetseite der Stadt Bebra wird das Angebot demnächst erst freigeschaltet. (Julian Brückmann)