Rotenburger Berufsfotograf stellt Mutmach-Fotos im Kreiskrankenhaus aus

„Das ist die größte Ausstellung, die ich in meinem bisherigen Berufsleben gemacht habe, inklusive Vernissage und allem Drum und Dran.
Rotenburg – Die Arbeit hat sich in künstlerischer Hinsicht wirklich gelohnt. Und die Resonanz ist überwiegend positiv.“ Das sagte der Rotenburger Fotograf Stefan Bochenek über die Fotoschau „Gesichter des Tourismus“.
Zu dieser Ausstellung trug er wesentlich bei, indem er zwei Dutzend Menschen aus dem mittleren Fuldatal porträtierte. Menschen, die durch die Corona-Zeit beruflich arg gebeutelt worden sind, etwa Kulturschaffende, Gastronomen, Handwerker, Landwirte und Ladenbesitzer. Sie alle wurden von Stefan Bochenek schwarz-weiß abgelichtet. Die aus den Fotos entstandenen Porträts auf Leinwand, immerhin 80 mal 120 Zentimeter groß, sind nun im Foyer und in einigen anderen Räumen des Kreiskrankenhauses Rotenburg ausgestellt.
Mittendrin auch das Selbstporträt des Fotografen. Denn auch er war von der Corona-Krise betroffen. „Plötzlich war alles ruhig. Das Telefon hat überhaupt nicht mehr geklingelt“, erinnert sich der 56-Jährige zurück. „Ich hatte sozusagen über Nacht keine Aufträge mehr.“ Klar, freiberuflich ausgeübt, war dieser Job noch nie ein Zuckerschlecken. „Man muss immer am Ball bleiben, Kunden kontaktieren und Aufträge generien. Aber in der Corona-Zeit war das eben sehr schwierig bis unmöglich.“ Als Fotograf, der sich auf Industriedesign, aber auch auf Hochzeitsfotografie und Bewerbungsbilder spezialist hat, ist Kundenkontakt überlebenswichtig. Und genau dieser Kontakt durfte monatelang nicht sein, war gar verboten. Eine harte Zeit für den Rotenburger, vor allem in finanzieller Hinsicht. Deshalb konnte er sich auch so gut in sein jeweiliges Gegenüber einfühlen, als die für ihn Modell saßen.
Auf die Porträtfotografie kam Stefan Bochenek erst im Laufe seiner beruflichen Karriere. Begonnen hat er nach seinem Abitur in Rotenburg und dem Zivildienst beim hiesigen DRK als Stillleben-Fotograf. Die Ausbildung dazu machte er in den Rene-Staudt-Studios in Stuttgart. Danach zog es ihn nach Frankfurt/Main, wo er freiberuflich an verschiedenen Projekten mitwirkte. In Südwesteuropa fotografierte er Autos und in Deutschland Industriedesign vom Schraubenzieher bis zum Suppenteller. „Die Autofotografie für japanische Firmen und für General Motors hat mir gelegen. Es hat sich auch herauskristallisiert, dass mir Stillleben liegen“, erklärt er. „Das war aber in der analogen Zeit.“

Im Jahr 2000 zog es ihn wieder ins Fuldatal. In dem Haus in Rotenburg, das schon seinen Urgroßeltern gehörte, richtete er sich ein Studio ein. Auf die Poträtfotografie kam er jedoch eher durch Zufall. „Ich musste bei einem Hochzeitsfoto-Auftrag kurzfristig einspringen und fand Gefallen an dieser Arbeit.“
Bis heute ist er dieser Sparte treu geblieben. Und in seinem Studio machte er auf Kundenwunsch auch Bewerbungsfotos und Porträts, „aber keine Passbilder“. Eine seiner Kundinnen war Nancy Konradt vom „Tourismus-Servie Erlebnisregion Mittleres Fuldatal“. Frau Nancy, so ihr Künstlername, feilte gemeinsam mit dem Fotografen an dem Projekt „Gesichter des Tourismus“ und verstand es, auch finanzielle Mittel für diese Fotoschau zu generieren. So entstanden die 23 Porträts der Tourismusmacher aus der Region, „die Mut machen sollen“.
Mut braucht auch weiterhin der Berufsfotograf Stefan Bochenek. Der Übergang von der analogen zur digitalen Fotografie und vor allem die inflationäre Handyfotografie machen ihm das Leben nicht eben leicht. „Viele Aufträge sind mir schon vor Corona weggebrochen, weil die Leute, auch in den Unternehmen sagen, das machen wir in Zukunft selbst. Ich hoffe aber, dass ich wieder mehr Aufträge von den Unternehmen bekomme, und dass sich wieder herumspricht, dass Studiofotos eine andere, höhere Qualität aufweisen als die digitalen Schnappschüsse. Vielleich kommen dann auch die Leute wieder zu mir, die sich sagen, wir wollen uns ein professionelles Familienporträt machen lassen, was wir uns gerahmt an die Wand hängen können.“
Von Thomas Klemm