Obersberg-Schüler retten eimerweise Amphibien

Schüler der Modellschule Obersberg im Einsatz für Frösche, Molche und Kröten: In Schenklengsfeld helfen die Jugendlichen den Tieren sicher über die Straße.
Wippershain – Nicht nur der Wind braust kräftig auf der Wippershainer Höhe – auch zahlreiche Autos passieren an diesem Morgen die Umgehungsstraße des Schenklengsfelder Ortsteils mit hohem Tempo. Die Begegnung mit ihren Reifen bedeutet für Amphibien wie Kröten, Frösche oder Molche den sicheren Tod.
„Letztes Jahr wäre die Fahrbahn Schlachtfeld gewesen“, unterstreicht Biologielehrer Jan Bornemann von der Bad Hersfelder Modellschule Obersberg (MSO). Denn von den hölzernen Leitzäunen, die die Tiere von der Kreisstraße fernhalten sollten, sind nur noch Fragmente übrig, die Tunnelröhren unter der Fahrbahn längst nicht mehr passierbar. Um aus dem Buchwald zu ihrer Kinderstube zu gelangen, müssen die Amphibien allerdings die Fahrbahn queren. Ihr Ziel ist der renaturierte Teich am östlichen Wippershainer Ortsrand, wo die Tiere ihre Eier ablegen und befruchten, aus denen später die Kaulquappen schlüpfen.

Der direkte Weg dorthin wird nun wieder von einer Barriere versperrt: Im Auftrag des Kreises haben Mitarbeiter des Bildungsträgers Via einen mobilen Amphibienzaun errichtet und in regelmäßigen Abständen Eimer als Fallen in die Erde eingegraben. Betreut wird die Anlage in einem gemeinsamen Modellprojekt von der Modellschule Obersberg und dem Naturschutzbund (Nabu) Bad Hersfeld.
Schenklengsfeld: Amphibien sollen gerettet werden
Maja Opfer, Katharina Weppler, Emma Wehnes und Rebekka Kunert sind an diesem Morgen dafür zuständig, die Amphibien sicher auf die andere Straßenseite zu bringen. Die Schülerinnen der Jahrgangsstufen Q2 und Q4 (Schuljahr zwölf und 13) aus der Umwelt-AG beziehungsweise den Biologie-Leistungskursen der MSO haben sich freiwillig zu dieser praktischen Biostunde gemeldet.
Ausgestattet mit Warnwesten, Eimern, Handschuhen sowie Stift und Liste zieht das Team gegen 8 Uhr los. Einstellige Plusgrade haben die Amphibien in der Nacht mobil gemacht. Ab etwa sieben Grad setze – abhängig von Wind und Feuchtigkeit – der Wanderimpuls ein, erklärt Jan Bornemann. Einmal gestartet, seien sie auch noch bei Temperaturen um fünf Grad Celsius in Bewegung.

Entsprechend gut gefüllt sind die Eimer am Straßenrand. Die Schülerinnen entnehmen Tier für Tier und vermerken Anzahl, Art und Geschlecht in einer Liste. Die Erdkröten-Männchen etwa sind durch die sogenannten Brunftschwielen, dunkle Hautschwielen an den Fingern, erkennbar – sofern sie den Weg zur Paarung nicht ohnehin bereits „huckepack“ auf dem Rücken ihrer Partnerin zurücklegen.

Helfen beim Überqueren: Schüler aus Bad Hersfeld tragen Amphibien über die Straße
Insgesamt 65 männliche und zwölf weibliche Kröten, zwei männliche und fünf weibliche Teichmolche sowie einen Grasfrosch befördern die Freiwilligen auf die andere Straßenseite.
Am Teichufer setzen die Schülerinnen die Amphibien vorsichtig ins Gras und müssen teilweise mit einem sanften Schubs nachhelfen, um die Tiere wieder in die Freiheit zu befördern. Je nach Temperatur und Witterung werden Helfer bis etwa Ende April die Eimer täglich kontrollieren. Ihr Einsatz soll dazu beitragen, dass diese Tragehilfe langfristig nicht mehr nötig sein wird. Ziel sei der Bau einer festen Querungshilfe, erklärt Bornemann, der sich bereits in einer Forschungsarbeit zu seiner ersten Staatsprüfung mit dem Zustand der Amphibienschutzanlagen im Kreis befasst hat.

Die beim Modellprojekt erhobenen Daten sollen helfen, die Straßenabschnitte mit den meisten Tieren zu identifizieren, an denen sich der Bau von Röhren unter der Fahrbahn besonders anbietet. Bis zur Umsetzung müssen Frösche, Kröten und Molche den Rückweg vorerst ohne menschliche Hilfe bewältigen.
Anders als die Frühjahrswanderung werde dieser zu unterschiedlichen Zeitpunkten angetreten, erläutert der Pädagoge. Ein effektiver Schutz der Tiere mit mobilen Zäunen und Eimern sei somit kaum möglich. (Jan-Christoph Eisenberg)