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Zivilschutz: Neue Sicht auf ernsthafte Bedrohungen

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Von: Matthias Haaß

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Zivilschutz: Bis in die 1990er-Jahre lag die Bevölkerungswarnung in den Händen des Bundes. Damals konnte auch noch vor Luftangriffen gewarnt werden. Im
Zivilschutz: Bis in die 1990er-Jahre lag die Bevölkerungswarnung in den Händen des Bundes. Damals konnte auch noch vor Luftangriffen gewarnt werden. Im © der alte Steuerungskasten einer Sirene. Fotos: Matthias Haaß, Bürger

Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kam auch im Landkreis ein Thema auf die Tagesordnung, das jahrzehntelang eher ein Schattendasein gefristet hatte: Die Rede ist vom Zivilschutz.

Schwalm-Eder. Als in Kiew und an anderen Orten im vergangenen Februar die Luftschutzsirenen heulten und Menschen in Luftschutzbunkern ausharrten, stellten sich viele Menschen im Schwalm-Eder-Kreis die Frage: Was wäre wenn?

Die Antworten waren ernüchternd. Bunker gibt es keine und bereits der erste Bundeswarntag 2018 hatte gezeigt, dass eine flächendeckende Bevölkerungswarnung auch im Kreis nicht möglich ist, das Sirenennetz aus den 1990ern existiert nicht mehr. Warn-Apps können die Warnfunktion nur eingeschränkt übernehmen.

Friedensdividende ist aufgebraucht

Was Fachleute schon lange monierten, bekam durch den Ukrainekrieg eine unerwartete Aktualität – so sehen es auch die Verantwortlichen im Kreis. Da der Zivilschutz gesamtgesellschaftlich auf Eis lag, Stichwort Friedensdividende, müsse der Bereich ganz neu belebt werden und aus dem analogen Zeitalter der 90er und 2000er-Jahre in die digitale Gegenwart entwickelt werden, erklärt Kreispressesprecher Stefan Bürger: „Viele vorhandene Konzepte sind dafür brauchbar und müssen nun digitalisiert werden. Der Bereich der Cyber-Sicherheit muss ganz neu aufgestellt werden.“

Zivile Verteidigung gewinnt an Bedeutung

In vielen Bereichen hat ein Umdenken stattgefunden. Der Landkreis hat demnach einen Krisenstab für das Thema „Energiemangellage“ eingerichtet. Weiterhin wurde ein Förderprogramm aufgelegt, um die Notstromversorgungseinrichtungen in Verwaltungen und Feuerwehrhäusern sowie bei der Wasserversorgung und sonstiger wichtiger Infrastruktur zu verbessern.

Eine eigene Stelle soll sich zukünftig im Kreishaus um den Bereich Zivile Verteidigung kümmern. Durch die Ereignisse in den vergangenen zwölf Monaten sei das Thema „Zivilschutz“ in den Fokus gerückt und man habe festgestellt, dass man mit anderen Bedrohungen – Hackerangriffen, Handelskrieg, Energiekrise – rechnen und auch diese Bereiche bei der Krisenvorsorge mit betrachten müsse, wie Bürger sagt. Auch eine mittelbare Beteiligung an kriegerischen Auseinandersetzungen muss in den denkbaren Szenarien wieder als mögliche Option mitgedacht werden, ist der Landkreis überzeugt.

Katastrophenschutz liegt beim Land

Selbstverständlich habe das Thema im Angesicht des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine extrem an Bedeutung gewonnen, so Bürger weiter: „Größer könnte der Kontrast zu den Zeiten, in denen man von der Friedensdividende profitierte und sich niemand vorstellen konnte, dass Zivilschutz erforderlich sein würde, nicht sein.“ Man profitiere aktuell von Synergien aus dem gut aufgestellten Katastrophenschutz und müsse den Zivilschutz mit hoher Priorität nun wieder ganz neu aufbauen, heißt es aus dem Kreishaus.

Dass es in dieser Sache einen Unterschied gibt, ist nach wie vor vielen Menschen nicht klar. Zivilschutz und Katastrophenschutz sind unterschiedliche Felder. Für den Zivilschutz ist der Bund zuständig. Dabei handelt es sich um die zivile Verteidigung, quasi das Pendant zum Militär. Für den Katastrophenschutz ist hingegen das Land zuständig.

Sirenen gehören in Bundeverantwortung

Das Land Hessen hat dabei seine Aufgaben gemacht und gilt bundesweit als Vorbild, wenn es um die Bereitstellung von Fahrzeugen und Gerät geht.

Das zeigt sich allein schon an der Anzahl der Einsatzmittel: Während das Land im Kreis fast 60 Fahrzeuge bereitstellt – von der Feldküche bis zum Einsatzleitwagen – sind es auf Bundesseite bislang nur sechs.

Um auf den Sollstand zu kommen, fehlen noch zwei Löschfahrzeuge vom Typ LF KatS Bund. „Außerdem gehört aus unserer Sicht das Thema „Warnung der Bevölkerung“ und somit die Sirenen zur Bevölkerungswarnung wieder in die Hand des Bundes als Träger des Zivilschutzes“, betont Stephan Bürger.

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