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Neukirchen, Oberaula und Ottrau: Machbarkeitsstudie für Zusammenschluss liegt vor

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Von: Sandra Rose

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Bei der Vorstellung der Studie: von links Autor Thomas Fiedler, Claus Spandau (Kompetenzzentrum für interkommunale Zusammenarbeit Wiesbaden), die Bürgermeister Marian Knauff, Klaus Wagner und Jonas Korell sowie Carmen Möller (Autorin) im Neukirchener Rathaus.
Bei der Vorstellung der Studie: von links Autor Thomas Fiedler, Claus Spandau (Kompetenzzentrum für interkommunale Zusammenarbeit Wiesbaden), die Bürgermeister Marian Knauff, Klaus Wagner und Jonas Korell sowie Carmen Möller (Autorin) im Neukirchener Rathaus. © Sandra Rose

„Sie haben alle solide gewirtschaftet, aber für die Zukunft wird das nicht reichen“, sind sich Carmen Möller und Thomas Fiedler, Autoren der Machbarkeitsstudie zum Zusammenschluss von Neukirchen, Oberaula und Ottrau, einig.

Neukirchen – Neukirchen, Oberaula und Ottrau sind seit zehn Jahren auf einem gemeinsamen Weg: Im Verwaltungsverband Südlicher Knüll arbeiten die Kommunen mittlerweile eng zusammen. Im Schwalm-Eder-Kreis ist das einmalig. Jetzt ist dazu eine Machbarkeitsstudie vorgestellt worden.

Im März 2021 wurde ein Beratungsbüro mit der Erstellung beauftragt. Durch die Corona-Beschränkungen startete das Projekt zeitverzögert im Januar 2022, begleitet von einer parlamentarisch eingesetzten Lenkungsgruppe. Carmen Möller (Komprax Result) und Thomas Fiedler (Kommunal- und Politikberatung) haben das Zahlenwerk zusammengestellt.

Es analysiert und bewertet die Möglichkeiten der Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit. Hintergründe sind insbesondere die steigenden Anforderungen an kommunale Aufgaben, eine Fachkräfteverknappung auch im öffentlichen Sektor, der demografische Wandel und die engen finanziellen Spielräume der Kommunen. Laut der Studie bietet ein Zusammenschluss die größten Potenziale.

„Bis hierher war es ein langer Weg, auf dem es manchmal auch geknirscht hat – manches ging den Parlamentariern zu schnell, anderes zu langsam. Aber letztlich sind wir zusammengewachsen“, erklärte Oberaulas Bürgermeister Klaus Wagner im Beisein seiner Kollegen Marian Knauff (Neukirchen) und Jonas Korell (Ottrau).

Grafik Schwalm-Eder-Kreis
Grafik Schwalm-Eder-Kreis © HNA

Jetzt sollen die Fakten aus der Studie öffentlich diskutiert werden, so der Wunsch der Bürgermeister. In der Vorbereitung auf die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerversammlungen müssen die drei Parlamente jetzt eine Absichtserklärung beschließen. Das soll Ende März der Fall sein.

In diesem und im kommenden Jahr sollen die Ergebnisse den Ottrauern, Oberaulaern und Neukirchenern vorgestellt werden. Ebenfalls durch die Gremien gehen muss die Willensbekundung zu einem Bürgerentscheid, der im Mai 2024, zusammen mit der Europawahl stattfinden könnte.

Bereits seit mehreren Jahren arbeiten die Verwaltungen zusammen, beispielsweise beim Kassen- und Rechnungswesen, in der Gehaltsabrechnung, der Bauverwaltung und Einkaufsgemeinschaften. Autark sind die drei Kommunen noch in den Bereichen Abwasser und bei den Bürgerbüros.

Bislang drei Gemeindefusionen in Hessen 

Sollte es zu einer Fusion von Neukirchen, Ottrau und Oberaula kommen, hätte die neue Kommune etwa 12 200 Einwohner und wäre damit die sechstgrößte Gemeinde im Landkreis. Die Stadtrechte Neukirchens würden namentlich übergehen. Nach Oberzent und Wesertal war der Zusammenschluss von Allendorf-Eder und Bromskirchen zur Großgemeinde Allendorf-Eder am 1. Januar die dritte freiwillige Gemeindefusion in Hessen seit der Gebietsreform in den 1970er-Jahren. sro

Gemeinsames Ziel sei es, die Region weiterhin lebenswert zu erhalten und das gesellschaftliche Miteinander zu fördern, so Thomas Fiedler. Die Empfehlung ist dementsprechend eindeutig: Nur ein Zusammenschluss der drei Kommunen verbessert die organisatorische und finanzielle Situation deutlich und nachhaltig.

Zwar ließe sich auch der Gemeindeverwaltungsverband noch etwas optimieren, die Effekte wären allerdings vergleichsweise gering, so die in enger Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern und einer Lenkungsgruppe aus Reihen der örtlichen Kommunalpolitik erarbeiteten Erkenntnisse.

Die Ergebnisse

Die Ergebnisse der Autoren verdeutlichen die Struktur der drei Kommunen: Der zersiedelte Raum mit überalterter Bevölkerung habe einen einheitlichen Nahverkehr mit dem ÖPNV, homogene Grundschulbezirke, gleiche Bedingungen im Regionalplan und gute Erfahrungen im Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Südlicher Knüll.

„Das sind sehr gute Voraussetzungen, weil nur eine Kultur des Miteinanders in der Lage für Herausforderungen ist“, erklärte Fiedler, der deutlich macht, dass viele Akteure gebraucht würden. Es gehe darum, die Ortsteilidentitäten auszubauen, gleichwohl aber eben um eine Verschlankung der politischen Strukturen.

Ehrenamt und Vereinsstrukturen seien wichtig für eine Diskussion: „Eine Gemeindefusion ist und bleibt eine emotionale Entscheidung.“ Jedoch stünden alle Kommunen vor großen Herausforderungen – finanzieller Spielraum bleibe kaum, einzig Pflichtaufgaben könnten erledigt werden, so der Autor, Altlasten könnten nicht abgebaut werden.

Ein Vorteil der Fusion sei im kommunalen Finanzausgleich zu sehen. Durch Zinsentlastung könne mehr als eine Million Euro eingespart werden. Mit Blick auf die Verwaltung rechnete Fiedler vor, dass es aktuell 138,61 Stellen gebe – nach der Fusion käme man mit 133 Stellen hin.

Aktuell sei die Altersstruktur der Mitarbeiter im höheren Durchschnitt, eine Verrentungswelle „trifft die Kommunen mit Macht“. Auch gehe es langfristig vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels darum, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.

Die Förderung

Das Land Hessen fördert die Fusion von Kommunen: Zu erwarten sei eine einmalige Entschuldungshilfe von 4,3 Millionen Euro, als weitere Förderung werde eine Art Startkapital gezahlt – 200 Euro je Einwohner, in Summe 2,46 Millionen Euro. Ein Fusionsaufwand von weiteren 300 000 Euro sei etwa für die Umbenennung von Straßenschildern und Ähnlichem vorgesehen.

Letztlich werde nicht nur der Haushalt einer Kommune entlastet, sondern auch der einer dreiköpfigen Familie, rechnete Fiedler vor. Beispielsweise bei der Grundsteuer. Möglich sei dies nur mit Zustimmung der Parlamente, dessen sind sich auch die drei Bürgermeister bewusst: „Ohne Bürgerversammlungen und Bürgerentscheide geht in Sachen Gemeindefusion nichts.“

Ende März werden sich die Parlamentarier sowie die Verbandsversammlung des GVV intensiv mit der Studie befassen. Folgt die Politik dem Expertenrat, werden die Gremien den Weg für einen Bürgerentscheid in jeder der beteiligten Kommunen über die Neugründung einer Stadt ebnen. Im Vorfeld ist eine umfangreiche Informationskampagne geplant.

Der Zeitplan

Ein Bürgerentscheid könnte nach der Prognose der Planer im Zeitraum von März bis Juni 2024 stattfinden. Um Personal zu sparen, könnte der Wahltermin beispielsweise mit dem der Europawahl gekoppelt werden. Zum 1.1.2026 könnte eine neue Kommune mit der Arbeit starten. In einer Übergangszeit würden zunächst die aufaddierten Gremien Entscheidungen treffen, bevor im Juni 2026 ein Bürgermeister gewählt werden könnte. (Sandra Rose)

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