Ziegenhain: Hannelore Hendricks kämpft gegen Parkinson und setzt sich dennoch als Heimbeirätin ein

Malt, dichtet und mag Bayern München: Heimbeirätin Hannelore Hendricks lebt im DRK-Seniorenheim DRK Ziegenhain. Trotz fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung lässt sie sich nicht unterkriegen.
Ziegenhain – Schon ihre vier Wände erzählen Geschichten: Hannelore Hendricks lässt den Besucher staunen wie die Mischung ihrer Interessen. Sie ist Fan von Bayern München, schreibt und malt, engagiert sich als Heimbeirätin und beschenkt gerne ihre Mitmenschen, vor allem mit Selbstgebasteltem. Kunterbunt sind überall Familienfotos, Ansichtskarten und Bilder angepinnt, Erinnerungsstücke stehen auf Borden und Schränkchen. Die Fotos berichten von heiteren Zeiten und vielen Leuten. Von ihrem Glauben erzählt ein Kruzifix, gleich im Eingangsbereich ihres Zimmers, das auf eine Terrasse hinausgeht. Es wurde vor Zeiten aus einem Urlaub mitgebracht.
Hier strahlt nichts Melancholie aus, sondern knallbunte Lebensfreude. Was verwundern könnte, weil sich die Frau im Rollstuhl mit hellen, sportlichen Sneakern im Gespräch zwischendurch entschuldigt, „ich muss jetzt meine Pumpe benutzen, die Schmerzen –“. Sie möchte kein Aufhebens, will nicht, dass sich die Besucherin solange kurz entfernt. Nach ein paar Stößen des Wirkstoffs aus dem Behälter am Bauch strafft sie sich und lächelt kurz, „wo waren wir stehen geblieben?“
Beständiger Schmerz ist ein Begleiter
Ja wo. Die Wegbiegungen in Hannelore Hendricks Leben sind zahlreich. Geboren 1950 in der Mühle in Dillich, nach der Schule Ausbildung zur Fotolaborantin, Sohn Manuel wird 1974 geboren. Mit ihrem ersten Ehemann baut sie das Musikgeschäft in Ziegenhain auf, Ecke Wiederholdstraße-Kasseler Straße. Heute trägt Hannelore Hendricks den Nachnamen ihres zweiten Ehemanns, Vater des zweiten Sohnes Marcel, geboren 1986. Wieder führt sie einen Geschäftshaushalt.
Wer die 73-Jährige mit dem klassischen dunklen Pagenkopf und dem lässig-frischen Kleidungsstil heute trifft, kann kaum ermessen, dass sie beständig unter Schmerzen leidet. Schon 2009 erkrankt Hannelore Hendricks, es geht ihr schlecht, sie wird auf Diverses behandelt, aber nicht darauf, was ihr wirklich zu schaffen macht. Bis, vier ganze Jahre später, ein Arzt sie eines Tages zufällig im Stadtbild sieht und einen Verdacht hat, der sich nun, 2013, bestätigt: Parkinson.
Die Leidenszeit ist damit nicht beendet. Bald verträgt sie die Medikamente in Tablettenform nicht mehr, es werden Pflaster angewendet. Es folgt ein erster Aufenthalt im Parkinson-Zentrum Biskirchen. Hannelore Hendricks kämpft.
Nachdem sie gar nicht mehr gehen kann, läuft sie schließlich doch wieder mithilfe eines Rollators. In dieser Zeit beginnt sie mit dem Gedichteschreiben und Malen, „zur Entspannung“. Und sie beginnt auch gleich mit einer Gepflogenheit, die sie beibehält: „Ich habe die Sachen in Umschläge gepackt und in der Stadt verschenkt.“ Bei vielen Klinikaufenthalten lernt sie viele neue Leute kennen, manche werden Freunde.
Söhnen untertstützen
Ein großer Strauß von Gedichten entsteht, die 2018 in einen ersten eigenen Gedichtband eingehen. Immer wieder kehrt Hannelore Hendricks in ihre Ziegenhainer Wohnung zurück.
Doch es kommt der Tag, als eine Ärztin sagt, nun könne man nicht mehr helfen. Hinzu kommt eine schwere Darmgrippe, die mit großem Gewichtsverlust einhergeht, „ich konnte nicht essen, nicht sitzen, nicht laufen“. Und das Herz macht Probleme. Wieder helfen die Söhne, unterstützt von einem Pflegedienst.
Vor einem Jahr war die Entscheidung nicht mehr aufschiebbar, mit der Hilfe von Sohn Manuel und seiner Frau wird das Zimmer im DRK-Heim am Steinweg behaglich einrichtet mit vielen vertrauten Sachen und Möbeln. Und es sollte sich zeigen, dass es wiederum bergauf ging, mithilfe von einer Therapeutin bessern sich Beine und Füße.
Drittes Buch ist eschienen
Die 73-Jährige weiß, sie muss weiter kämpfen, sich solange nicht aufgeben, wie es geht. Dabei helfen Gespräche, Zusammentreffen und kleine Freuden im Alltag wie Kartenspielen („gut für den Kopf“). Eine ganz große Freude ist die bald erwartete Ankunft des ersten Enkelkindes, ein Mädchen: Überglücklich zeigt Hannelore Hendricks Ultraschallfotos auf ihrem Tablet und verfasst für die Kleine Briefe. Mit ihren Söhnen facetimet sie gern. Wenn sie für sich allein etwas zu verarbeiten hat wie die Aufgabe ihrer Wohnung und das Verpacken ihres Lebens „in ein paar Kisten“, dann fasst sie das in ein Gedicht.
Geben ist wichtig, weiß sie, inzwischen ist ihr drittes Buch da, das sie auch gern verschenkt. Über die kürzliche Wahl zur Vorsitzenden des Heimbeirats hat sie sich sehr gefreut und versäumt es nicht, jedes Geburtstagskind im Haus mir einer kleinen Gabe zu überraschen. Wenn auch Kochen und Backen für alle nicht mehr funktioniert, so doch, das Haus mit bunten Schmetterlingen auszuschmücken, „ohne Kreativität ist alles nichts“.