1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schwalmstadt
  4. Schwarzenborn

Rechtsextreme treffen sich am Knüll: Polizei vollstreckt Haftbefehl

Erstellt:

Von: Matthias Haaß

Kommentare

Haus Richberg am Knüll. Davor steht ein Polizeiauto
Im März soll sich die rechtsextreme und neonazistische Partei „Der III. Weg“ im Haus Richberg am Knüllköpfchen trotz Nutzungsuntersagung getroffen haben. © Archivfoto Anne Quehl

Im März soll sich die rechtsextreme und neonazistische Partei „Der III. Weg“ im Haus Richberg am Knüllköpfchen trotz Nutzungsuntersagung getroffen haben.

Schwarzenborn – Das ehemalige Röder-Anwesen am Knüllköpfchen war in jüngster Zeit wieder Schauplatz von Treffen von Rechten – trotz der vom Schwalm-Eder-Kreis im Juni 2017 verhängten Nutzungsuntersagung. Die rechtsextreme und neonazistische Kleinpartei „Der III. Weg“ traf sich im Haus Richberg, dem sogenannten „Reichshof“, im März mindestens einmal.

Die Behörden waren vorbereitet: Von der Polizei erfuhr unsere Zeitung am Mittwoch, den 10. Mai, dass am 10. und 11. März, Freitag und Samstag, 49 Fahrzeuge und 71 Personen im Bereich Knüll kontrolliert wurden. Dabei seien bekannte Personen der rechtsextremistischen Szene sowie Propagandamaterial und verbotene Gegenstände fest- und sichergestellt worden, teilte eine Sprecherin des LKA auf HNA-Anfrage mit.

Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. „Darüber hinaus kam es aufgrund der Feststellung und Vollstreckung eines ausländischen Haftbefehls zur Festnahme einer kontrollierten Person“, so die Sprecherin weiter.

Man habe von dem Treffen Kenntnis und prüfe rechtliche Schritte, erklärte der Pressesprecher des Kreises Stephan Bürger dazu. Die Kleinpartei soll das Anwesen in Schwarzenborn Mitte März als Treffpunkt genutzt haben, um einen „Stützpunkt Kurhessen“ zu gründen, so Bürger weiter: „Erfahren haben wir davon in der 16. Kalenderwoche durch eine Meldung der Rechercheplattform ,noblogs.org‘, bei der auch Ort und Datum der Gründungsversammlung genannt wurden.“

Inzwischen seien auf weiteren Informationsplattformen Hinweise auf die Gründung eingestellt. Auf der öffentlich zugänglichen Homepage der rechtsextremen Partei finden sich unter der Rubrik „AG Körper und Geist” Texte und ein Video von Aktionen am Knüll.

Stephan Bürger Schwalm-Eder-Kreis
Stephan Bürger Schwalm-Eder-Kreis © Privat

Der Landkreis steht im Austausch mit der Polizei, bei dem es um die Fragestellung geht, ob sich aus den Ergebnissen der Kontrollen und Informationen aus dem Internet Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die durch den Kreis ausgesprochene Nutzungsuntersagung ergeben. „Ein Ergebnis liegt hierzu derzeit noch nicht vor“, so Bürger.

Hintergrund: Haus mit brauner Geschichte

Mitte der 1970er Jahre wurde das Haus Richberg unterhalb des Knüllköpfchens von dem Rechtsextremisten und Holocaustleugner Manfred Röder gekauft. In den Folgejahren entwickelte sich das von Röder als Reichshof bezeichnete Anwesen zum beliebten Treffpunkt für die Rechte Szene. 2013 wurde das Haus Richberg an Ludmila Ivan-Zadeh, Tochter der aus Australien stammenden, international bekannten Holocaustleugnerin Lady Michèle Renouf, verkauft. (mha)

Neonazistische Partei stellt Propagandavideo ins Netz

Auf der Homepage der Partei gibt es zu dem (Stand 10. Mai) ein Video mit dem Titel „Gemeinschaft, Schulung und Kampfgeist: Stützpunktleiterschulung durchgeführt“, das augenscheinlich das Treffen dokumentieren soll.

Unterlegt mit Rechtsrock sind unter anderem Drohnenaufnahmen rund um den August-Franke-Turm zu sehen, zudem Lagerfeuer, Fackeln und Kampfsport. Eine genaue örtliche Zuordnung ist schwierig, aber die Vermutung, dass es sich beim Veranstaltungsort um das Haus Richberg handelt, liegt nahe. Den Abschluss des Propagandafilms bildet eine Sequenz, in der acht Männer vom Knüllturm übers Land schauen – bewusst eingesetzte Symbolik.

Die Polizei habe Anfang März von der Veranstaltung erfahren, teilte eine Sprecherin des LKA auf HNA-Anfrage mit: „Eine rechtsextremistische Veranstaltung mit Außenwirkung konnte seitens der hessischen Polizei im Bereich Knüll an diesem Wochenende vor Ort nicht festgestellt werden. Bei den Personen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben, handelt es sich sowohl um Personen aus dem Schwalm-Eder-Kreis als auch aus Nordhessen, gesamt Hessen und Teilen des Bundesgebietes.“

Den Sicherheitsbehörden sei bekannt, dass ein sogenannter „Stützpunkt Kurhessen“ gegründet worden sein soll, so die Sprecherin weiter: „Es ist festzustellen, dass die örtliche rechte Szene bemüht ist, entsprechende Strukturen im Schwalm-Eder-Kreis aufzubauen und zu festigen.“

Man wisse definitiv von einem Treffen am Knüll, sagt Kreispressesprecher Stephan Bürger: „Ob daraus Folgen entstehen, wird sich zeigen. Aktuell recherchieren wir nach eindeutigen Beweisen, dass gegen die in 2017 durch den Schwalm-Eder-Kreis ausgesprochene Nutzungsuntersagung für Tagungsveranstaltungen mit Übernachtungen auf dem betreffenden Anwesen verstoßen wurde.“

Sollte man Beweise für einen Verstoß finden, werde man gegen die Eigentümerin ein Zwangsgeld von 2000 Euro erheben. „Aktuell können wir die Frage nach einem Verstoß noch nicht eindeutig beantworten“, so Bürger und sagt weiter: „Die Gründung des ,Stützpunkt Kurhessen’ durch die Partei ,Der III. Weg’ und die in Rede stehende Nutzung des ,Reichshofs’ in Schwarzenborn erfüllt uns mit Sorge.“

Mit dem Stützpunkt scheine sich nach einigen Jahren erneut eine organisierte Struktur des Rechtsextremismus in Nordhessen gegründet zu haben, so der Kreissprecher: Betroffen davon sind der Schwalm-Eder-Kreis, Waldeck-Frankenberg, Hersfeld-Rotenburg sowie die Regionen in und um Kassel sowie in und um Marburg. „Das ist beunruhigend und muss genauer beobachtet werden“, betont Stephan Bürger.

Die Aktivitäten des „III. Weg“ nimmt der Kreis zum Anlass, um die Präventionsarbeit gegen Rechts weiter zu verstärken. „Letztlich wird es auf eine intensive Gegenwehr der Zivilgesellschaft gemeinsam mit den tätigen Institutionen ankommen, um dem organisierten Rechtsextremismus erneut zu zeigen, dass für diesen in unserer Gesellschaft und Region kein Platz ist“, sagt der Sprecher.

Hintergrund: Rechte Partei

„Der III. Weg“ ist laut Bundeszentrale für politische Bildung eine seit 2013 bestehende rechtsextreme Kleinpartei mit Schwerpunkt in Süddeutschland. Sie hat ein neonazistisches Profil und versteht sich als NPD-Alternative. Das Programm ist völkisch, neonazistisch und nationalrevolutionär geprägt. (mha)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion