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Weiterbau und neues pädagogisches Konzept in Neukirchen

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Von: Sandra Rose

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Lehrerin Stephanie Kurzeknabe arbeitet maßgeblich am neuen pädagogischen Konzept an der Steinwaldschule Neukirchen mit, hier zeigt sie den Wochenplan und das Lernatelier.
Lehrerin Stephanie Kurzeknabe arbeitet maßgeblich am neuen pädagogischen Konzept an der Steinwaldschule Neukirchen mit, hier zeigt sie den Wochenplan und das Lernatelier. © Sandra rose

Seit gut zwei Jahren wird auf dem Areal der Steinwaldschule und der angrenzenden Grundschule gebaut: Auf der größten Schulbaustelle im Kreis entsteht ein völlig neuer Campus.

Neukirchen. Die Bauarbeiten brachte für Schüler und Lehrer manche Übergangslösung mit sich, Mitte März brannte es dann auch noch – und zwar im Haupthaus. Das Feuer war im Atrium der Schule ausgebrochen, vermutlich verursacht durch einen Baustrahler. Seit drei Wochen heißt es deshalb wieder für Schüler- und Lehrerschaft: Improvisieren.

Immerhin, seit einem halben Jahr ist das Lernhaus für etwa 150 Fünft- und Sechstklässler bezugsfertig. Der Weg dorthin ist allerdings seit dem Brand versperrt, das Atrium wurde aufgrund von noch immer hoher Schadstoffbelastung durch den Rauch hermetisch abgeriegelt, einige Trennwände eingezogen, Türen mit Spezialfolien versiegelt. „Aktuell läuft die Reinigung, wir hoffen, dass wir bis Ende der Woche die Räume wieder nutzen können“, sagt Schulleiter Olaf Rödiger.

Nach Brand muss Ruß entfernt werden

Zwei Tage lang war die Schule nach dem Brand geschlossen geblieben, die Achtklässler wurden „ausgelagert“. Es standen noch Container von der vorherigen Bauphase auf dem Gelände. Die Neunt- und Zehntklässler blieben einige Tage im Homeschooling, sind aber mittlerweile wieder in ihre Klassenräume im Haupthaus eingezogen. Bevor die Trennwände wieder entfernt werden können, ist eine Spezialfirma mit der Reinigung beschäftigt. Alles, was sich in den Räumen befand, muss vom Ruß befreit werden. Das geschehe mit Saugern, erklärt Rödiger. Der Brand habe auch Auswirkungen auf die Technik gehabt. Anfangs gab es keine Internetanbindung, das Problem habe man mittlerweile durch Hotspots gelöst.

Unterhalb des Lernhauses für die Fünft- und Sechstklässler entsteht aktuell auf dem Campus ein Neubau für die Grundschule Neukirchen.
Unterhalb des Lernhauses für die Fünft- und Sechstklässler entsteht aktuell auf dem Campus ein Neubau für die Grundschule Neukirchen. © Rose, Sandra

Weiter gehen soll es mit dem Umbau der Naturwissenschaften, hier wird unter anderem ein Hörsaal mit 50 Plätzen entstehen, auch sogenannte Inseln für fachliches Lernen, ausgestattet mit modernster Technik und digitalen Boards. „Wir fahren auf Sicht und setzen auf pragmatische Lösungen“, bleibt Olaf Rödiger optimistisch. Ein Schulfest sei für September geplant

Neues pädagogisches Konzept

Sie sind die Ersten, die in den neuen Räumen der Steinwaldschule lernen dürfen: die Fünft- und Sechstklässler, gut 150 Kinder. Vor einem halben Jahr hat das Lernhaus seine Türen öffnen können, mit völlig neuem pädagogischen Konzept. Lehrerin Stephanie Kurzeknabe erläutert, wie das monofunktionale Raumkonzept funktioniert. Grundlage des Lernens sind Themenkarten, eine Wer-ist-wo-Tafel, Graduierung und Coachinggespräche. „Wir versuchen hier zu erproben, wie schon Kinder in diesem jungen Alter Selbstorganisation, Eigenverantwortung und Selbstständigkeit lernen können“, verdeutlicht die 40-Jährige.

Lehrer Christian Schier-Zulauf gibt den Schülern der Klasse 6b Aufgaben in Mathe, hier in einem der Inputräume.
Lehrer Christian Schier-Zulauf gibt den Schülern der Klasse 6b Aufgaben in Mathe, hier in einem der Inputräume. © Steinwaldschule

Schon beim Betreten des Lernhauses fällt auf: Es ist deutlich ruhiger. Keine lärmenden Gespräche auf den Fluren, stattdessen Schüler, die sich auf einem „Marktplatz“ treffen, an erhöhten Tischen und auf gepolsterten Inseln Gruppenarbeit machen. Zuvor haben im Eingangsbereich alle ihre Jacken und Schuhe ausgezogen. Vom „Marktplatz“ aus gibt es einen Flur, „die Schleuse“ zum Lernatelier und den sogenannten Inputräumen. Klassenräume gibt es nicht mehr, auch keinen Frontalunterricht, wie ihn die meisten kennen. Stattdessen kurze, maximal 20-minütige Lernimpulse durch die Lehrer, bevor sich die Schüler in Gruppenarbeit oder an ihrem eigenen Schreibtisch im Atelier organisieren. Alle Schüler arbeiten mit Tablets.

Auf dem sogenannten „Marktplatz“, vorn Michael Dattei und Finn Luca Kahle, dahinter Oskar Bock, Nora Göppel und Wiktoria Josyfiszyn.
Auf dem sogenannten „Marktplatz“, vorn Michael Dattei und Finn Luca Kahle, dahinter Oskar Bock, Nora Göppel und Wiktoria Josyfiszyn. © Steinwaldschule

Selbständiges Arbeiten wird gefördert

Jeder Klassenlehrer hat pro Woche eine Stunde Zeit, sich einzeln mit Schülern zu unterhalten. Hierbei gehe es beispielsweise um das Verhalten, es würden Ziele gesetzt, es gebe Einstufungen und ein Stern-Belohnungssystem, verdeutlicht Kurzeknabe. „Die positive Verstärkung ist uns ganz wichtig.“ Gestartet wird morgens üblicherweise im Inputraum. Beim Blick auf den Stundenplan wird klar, dass auch Fünft- und Sechstklässler an drei Tagen verbindlich bis 15 Uhr Unterricht haben. „Es gibt über den Tag viele Phasen der Entspannung und alle Nebenfächer finden nicht hier im Gebäude statt“, erklärt die Pädagogin, die bereits festgestellt hat, dass das neue Konzept vielen Kinder zupasskommt. Es gebe deutlich mehr Möglichkeiten der Bewegung, allein schon durch die Wahl der Arbeitsplätze. Hausaufgaben gibt es übrigens nicht, alle Aufgaben werden in der Schule erledigt. Vieles davon findet sich in der Schulcloud, die Fünft- und Sechstklässler arbeiten zusätzlich mit ihren persönlichen Schulplanern, in die noch händisch geschrieben wird – hier können sich auch die Eltern informieren und müssen regelmäßig Erledigtes gegenzeichnen.

Um das selbstständige Arbeiten zu fördern, gibt es Themenkarten in Kachelform, teils mit QR-Code. „Das Konzept war mit großer Vorarbeit verbunden, alles wurde entwickelt, teils ist es noch ein Prozess“, erklärt Stephanie Kurzeknabe. Wissenschaftlich begleitet wird die Steinwaldschule Neukirchen dabei von der Universität Kassel.

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