Der Vorsitzende Richter Dr. Sebastian Pfotenhauer begründete das Urteil zunächst damit, dass dem Angeklagten die Umstände des Teiches bestens bekannt waren und man auch ohne das Versicherungsschreiben von einer „Verkehrssicherheitspflichtverletzung“ ausgehen müsse: „Sie hätten eingreifen müssen, weil Sie als Bürgermeister dafür verantwortlich sind, dass in den Liegenschaften der Gemeinde niemand zu Schaden kommt.“ Das sei auch nicht damit wegzudiskutieren, dass am Teich noch nie etwas passiert ist. Das Schreiben der Versicherung habe dann deutlich vermittelt: Das ist gefährlich, da muss man was machen. Es sei einfach nicht klar, was da noch hätte kommen sollen.
In Anwesenheit vieler Zuschauer machte der Richter weiter klar, dass der Teich einfach kein natürliches Gewässer sei. Man müsse durch das Urteil nicht die Schwalm, die Lahn oder die Eder einzäunen. Es sei ein menschengemachter Teich, der für Kinder und Nichtschwimmer gerade am Westufer gefährlich ist.
Die Aufsicht der Kinder gerade mit Blick auf den Fünfjährigen sei zwar unzureichend gewesen, aber den Bürgermeister treffe eine Schuld. Das „Handlungsunrecht“ sei jetzt noch größer als vor dem Amtsgericht, weil sich herausgestellt habe, dass er trotz mehrfacher Sensibilisierung nicht tätig wurde. Weiter sagte Richter Dr. Pfotenhauer, dass für jemanden, der nicht immer dort lebe, die Gefahr nicht sofort ersichtlich war.
„Weil das Kinder waren, die sich nicht selbst schützen können, müssen Sie die schützen“, so der Vorsitzende zu Olbrich. Weiter
Einige Mitarbeiter der Verwaltung hätten „so was wie eine Wagenburg um ihren Bürgermeister gebaut.“ Für die Kammer bestand aber kein Zweifel daran, dass es die Wahrheit war, was ein entscheidender Zeuge am dritten Prozesstag ausgesagt hatte: Der Auftrag, bei der Versicherung nachzufragen, war vom Bürgermeister an den Zeugen herangetragen worden, es gab eine Besprechung und die Anweisung, das Schreiben per Mail weiterzuleiten.
Der Zeuge hatte nach Ansicht der Kammer einen „offensichtlichen Loyalitätskonflikt“, war aber im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern der Verwaltung offen, wenngleich er sich im Zeugenstand nicht wohlfühlte. Es gebe keinen Anhaltspunkt, warum der Zeuge den Angeklagten fälschlicherweise belasten sollte.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung plus eine Zahlung von 30 000 Euro an die Eltern beantragt, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.
(Beatrix Achinger)