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Bohrungen im Ertinghäuser Bahntunnel - Sondierungen und Schürfungen im Auftrag der Bahn AG

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Von: Jürgen Dumnitz

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Bewahrt offenbar ein dunkles Geheimnis: Der Eingang zum 960 Meter langen Ertinghäuser Tunnel der Bahnlinie Uslar - Northeim aus Richtung Bollertsmühle bei Volpriehausen. 	Foto: JÜRGEN DUMNITZ
Bewahrt offenbar ein dunkles Geheimnis: Der Eingang zum 960 Meter langen Ertinghäuser Tunnel der Bahnlinie Uslar - Northeim aus Richtung Bollertsmühle bei Volpriehausen. Foto: JÜRGEN DUMNITZ © Jürgen Dumnitz

Volpriehausen – Versuchs- und Aufschlussbohrungen im 960 Meter langen Ertinghäuser Tunnel waren die tatsächlichen Gründe für die Sperrung der Bahnlinie zwischen Northeim und Bodenfelde Anfang dieser Woche. Im Auftrag der Bahn AG waren Mitarbeiter eines Unternehmens aus Roßla/Sachsen-Anhalt seit dem Wochenende mit den Vorbereitungen von geologischen Erkundungen beschäftigt.

Sie nahmen Kernbohrungen, Sondierungen und Schürfe in dem 1878 fertiggestellten Bahntunnel vor. Das geht aus einem EU-weiten Ausschreibungstext der Bahn hervor. Im und außerhalb des Tunnels werden zudem Proben entnommen und „Feldversuche“ durchgeführt.

Dafür stand ein Arbeitszug mit Triebfahrzeug und sechs Waggons tagelang auf den Gleisen oberhalb der Bollertsmühle. Arbeiter schleppten Gerüstteile, Leitern, Bohrgestänge, Kabel und Lampen sowie für die Arbeiten nötige Maschinen und Geräte in den Tunnel und brachten Bohrkerne des Gesteins in Behältern ins Freie.

Vor allem im Bereich der zahlreichen Nischen, die früher die Streckenläufer der Bahn bei ihren Kontrollgängen nutzten, wenn sie im Tunnel waren und ein Zug passierte, wurden Kernbohrungen im Durchmesser von zehn Zentimeter vorgenommen. Großbohrungen hatten sogar 50 Zentimeter Durchmesser. Außerdem standen Kleinrammbohrungen und Rammsondierungen, Entnahme von Boden-, Fels- und Schotterproben, Schürfe und Spannungsmessungen in der Tunnelschale an.

Die Kernbohrungen sollten hauptsächlich horizontal, vertikal nach oben, vertikal nach unten, schräg nach unten und schräg nach oben vorgenommen werden. Teils bis zu 15 Meter tief in den Berg hinein. Und: Auch Kernbohrungen in die Portalwände und eine Natursteinwand waren gefordert. Von über Tage sollen zudem zwei vertikale Kernbohrungen bis zu 100 Meter Tiefe vorgenommen werden, die später „aufgeweitet“ und zu 5-Zoll (12,7 Zentimeter) großen Grundwassermessstellen ausgebaut werden sollen. Die Arbeiten dienen einer Bauwerks- und Baugrunduntersuchung, teilt eine Bahnsprecherin auf Anfrage mit. Je nach den Ergebnissen werde über eine Erneuerung oder Instandhaltung entschieden. Laut Plan der STUVA-Tunnelbaustatistik sind Arbeiten am Ertinghäuser Tunnel im Auftrag der DB Netz AG ab 2029/30 vorgesehen.

Die Arbeiten, über die die Bahn vorab nicht informiert hat, gaben den Menschen in der Region vor dem Hintergrund der Geschichte des am 15. Januar 1878 eröffneten Tunnels, der 1886 zweigleisig ausgebaut und Anfang der 1990er-Jahre auf eingleisig zurückgebaut wurde, viel Raum für Spekulationen.

In den Jahren nach der Jahrtausendwende war die Strecke mehrmals von der völligen Stilllegung bedroht, da war von einem „schlechten baulichen Zustand“ des Tunnels die Rede.

Liegengebliebenes Kernbohrgestänge: Vor dem Eingang zum Ertinghäuser Tunnel sind noch Materialien der beauftragten Baufirma zu sehen.
Liegengebliebenes Kernbohrgestänge: Vor dem Eingang zum Ertinghäuser Tunnel sind noch Materialien der beauftragten Baufirma zu sehen. © Jürgen Dumnitz

Bauarbeiter berichteten jetzt Passanten davon, dass man einen möglichen unterirdischen Zugang von der einstigen Munitionsfabrik zum Tunnel suche und man vielleicht auch auf das verschollene Bernsteinzimmer stoße. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Tunnel laut Hardegser Stadtarchiv als Schutzbereich für Güterzüge mit Kriegsgerät wie Raketen genutzt. Damals fuhren täglich über 100 Güterzüge auf der Ost-West-Strecke.

Der Tunnel wird jährlich inspiziert und ist seit dem Abbau der Schienen nur noch eingleisig. Die Leistungsfähigkeit wurde in den vergangenen 20 Jahren deutlich zurückgefahren.

Eine Elektrifizierung und der Bau eines zweiten Gleises seien nicht vorgesehen, sagte die Bahnsprecherin. Ob die Maßnahmen der Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs oder einer Intensivierung des Güterverkehrs dienen, bleibt offen. Auch, ob das Projekt im Zusammenhang mit dem beabsichtigen Bau des Atommüll-Zwischenlagers in Würgassen und möglichen Bahntransporten des Atommülls steht.

Bahn-Pressesprecherin Angelika Theidig (Hamburg) hatte am Montag „Tunnelarbeiten und Baugrunderkundung“ als Grund für die Sperrung der Strecke zwischen Northeim und Bodenfelde und den eingerichteten Schienenersatzverkehr angegeben.

Von Jürgen Dumnitz

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