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Ein zartes Pflänzchen - Experten-Exkursion im neuen Wildnisgebiet Solling

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Von: Jürgen Dumnitz

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Sollen das Wildnisgebiet Solling dominieren: Buchen (im Bild ein Setzling auf einer von Fichten geräumten Fläche) sollen die Hauptbaumart des seit einem Jahr als Wildnis ausgewiesenen Gebiets werden.
Sollen das Wildnisgebiet Solling dominieren: Buchen (im Bild ein Setzling auf einer von Fichten geräumten Fläche) sollen die Hauptbaumart des seit einem Jahr als Wildnis ausgewiesenen Gebiets werden. © Jürgen Dumnitz

Delliehausen – Seit zwei Jahren ist im Solling das Wildnisgebiet mit 1020 Hektar Waldfläche ausgewiesen. Vor einem Jahr wurden bei einer Experten-Exkursion Maßnahmen zur Rücknahme von Fichtenbeständen verabredet. Jetzt wurden die Ergebnisse bei einer weiteren Tour vorgestellt.

30 Vertreter der Landesforsten, der Naturschutzverbände und des Landkreises mit Naturschutzbehörde und Feuerwehr sowie weitere Fachleute waren dabei und äußerten sich zu vier vorgestellten Varianten zur Verdrängung von Fichten, die im Wildniswald keine Rolle mehr spielen sollen, weil die Entwicklung von Buchenbeständen Ziel ist.

Fachleute diskutieren: Revierförster Peter Martensen (rechts) erläuterte rund 30 Zuhörern bei der zweiten „Fachexkursion“ Varianten gegen größere Fichtenbestände. Im Hintergrund sind von Hand und per Harvester umgelegte Fichten zu sehen.
Fachleute diskutieren: Revierförster Peter Martensen (rechts) erläuterte rund 30 Zuhörern bei der zweiten „Fachexkursion“ Varianten gegen größere Fichtenbestände. Im Hintergrund sind von Hand und per Harvester umgelegte Fichten zu sehen. © Jürgen Dumnitz

Der Delliehäuser Revierförster Peter Martensen erklärte die Maßnahmen: Einmal seien die Fichten am Grasborner Bruch abgesägt, aus der Fläche genommen und der Bereich mit Buchen-, Eichen- und Moorbirken-Neuanpflanzungen versehen worden. Daneben habe man mit dem Harvester Bäume gefällt, und auf einem anderen Teilstück wurden die 60 Jahre alten Fichten im Frühjahr durch Forstleute mit der Motorsäge umgelegt. In beiden Fällen sollen die Stämme mit Kronen am Boden liegen bleiben. Mechanisch verletzt wurde die Borke, damit sich dort kein Borkenkäfer ansiedelt und weitere Fichtenbestände im Solling gefährdet.

Eine andere Verhau-Variante: Auf dieser von Fichten freigeräumten Fläche wurden neue Buchen und Moorbirken angepflanzt. Experten diskutierten im Wald über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Vorgehensweisen.
Eine andere Verhau-Variante: Auf dieser von Fichten freigeräumten Fläche wurden neue Buchen und Moorbirken angepflanzt. Experten diskutierten im Wald über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Vorgehensweisen. © Jürgen Dumnitz

Eine weitere Variante war ein Bestand, in dem sich Laubbäume aufgrund von nur vereinzelt stehenden Fichten bereits von allein (Naturverjüngung) entwickelt haben. Erörtert wurden die jeweiligen Vor- und Nachteile. „Wir wollen alle vorbereitenden Maßnahmen für den Urwald von Morgen breit diskutieren, um so eine höchstmögliche Akzeptanz der Varianten oder der Kompromisse zu bekommen“, sagte Förster Martensen. Regelmäßig werden Entwicklungen beobachtet und dokumentiert.

Zehn Jahre lang darf die Renaturierung laut Dr. Hans-Martin Hauskeller von den Niedersächsischen Landesforsten (Braunschweig) noch mit abgestimmten Maßnahmen begleitet werden, dann soll das ausgewiesene Wildnisgebiet nach Möglichkeit gänzlich sich selbst überlassen werden. So sieht es die Vereinbarung der Partner des „Niedersächsischen Weges“ vor. Dabei geht es um die Steigerung des naturschutzfachlichen Wertes im Wildniswald, in dem bereits auf die Ernte jeglichen Laubholzes verzichtet wird. Förster Martensen ist wie auch Dr. Johannes Wobst als Leiter des Forstamtes Dassel davon überzeugt, dass eine Fällung von größeren Fichtenbeständen hilfreich für die weitere Wildniswald-Entwicklung ist. An Insel-Beständen werde man nicht kritteln.

Dem stimmte auch Carsten Böhm als stellvertretender Landesvorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) zu. Laut Einschätzung von Kai Conrad würde dadurch auch eine nicht gewünschte Fichten-Naturverjüngung verhindert. Prof. Dr. Michael Rode als stellvertretender Vorsitzender des BUND-Landesverbandes sagte, dass in der Übergangszeit Fehler des Menschen revidiert werden sollen, wenn es die Natur nicht alleine schafft.

Wildniswald soll Urwald von Morgen werden

Im Rahmen des „Niedersächsischen Weges“ wurde Anfang 2022 auf 1020 Hektar im Solling ein neues Wildnisgebiet ausgewiesen. Zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik wurde eine grundsätzliche Artenerfassung der Flora und Fauna vereinbart für eine ungestörte Wildnisentwicklung, die Vorrang vor touristischen Erschließungen und Freizeitaktivitäten haben soll. Das Gebiet erstreckt sich nordöstlich von Uslar zwischen dem Forsthaus Grimmerfeld im Osten und Donnershagen im Westen. Die höchste Erhebung ist der 457 Meter hohe Schönenberg.

Der Wildniswald Solling liegt vollständig im FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat). Außerdem liegt das ausgewählte Waldgebiet im östlichen Solling im ausgewiesenen Naturschutzgebiet. Entwickeln soll sich ein Urwald von Morgen, der dann sich selbst überlassen werden soll.

Von Jürgen Dumnitz

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