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Fußball erobert die Stadt

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Die erste Herrenmannschaft des VfB Uslar im Jahr 1922: (stehend von links) E. Lindner, H. Müller, E. Klinge, Alb. Tecklenburg, Herm. Tecklenburg, Fr. Klinge und K. Klemme sowie (knieend von links) W. Woythal, K. Schwab, Fr. Hennies, E. Rustemeyer, W. Jordan. Foto: nh
Die erste Herrenmannschaft des VfB Uslar im Jahr 1922: (stehend von links) E. Lindner, H. Müller, E. Klinge, Alb. Tecklenburg, Herm. Tecklenburg, Fr. Klinge und K. Klemme sowie (knieend von links) W. Woythal, K. Schwab, Fr. Hennies, E. Rustemeyer, W. Jordan. Foto: nh

Uslar. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte der Fußballsport in Deutschland eine erste Blütezeit und entwickelte sich zum Massensport. Auch im Solling entstanden in den meisten Ortschaften Fußballvereine, die vor allem von jungen Fabrikarbeitern gegründet wurden. Kinder und Jugendliche bolzten überall auf den Straßen und Plätzen Uslars mit Lumpen-, Gummi- oder Lederbällen und ließen die Scheiben klirren. Am 14. Oktober 1920 warnten deshalb die „Sollinger Nachrichten“ vor einer Verwilderung der Sitten: „Zu einer argen Gefährdung der Passanten hat sich nachgerade das Fußballspielen der Schuljugend in den Straßen herausgebildet und es ist höchste Zeit, dass Eltern, Lehrer oder Polizei gegen diesen Unfug einschreiten.“

Der wichtigste Club der Sollinghauptstadt blieb zunächst der FC von 1911, der jedoch ab 1920 als „Sportverein Uslar“ firmierte. Innerhalb weniger Jahre stieg der SV Uslar bis in die Bezirksklasse auf, in der er in der Saison 1931/32 den siebten Platz belegte. Im Jubiläumsjahr 1931 zählte der Verein 148 aktive und 48 passive Mitglieder.

Lackschuhclub

Während der Sportverein vor allem vom städtischen Bürgertum getragen wurde, sah sich der konkurrierende „Verein für Ballspiele“ als Teil der Arbeiterbewegung. Tischler, Gießer und Former hatten ihn 1920 ins Leben gerufen. Die in weißen Hosen und blauen Trikots kickenden VfBler traten nur selten gegen den Sportverein an, den sie als „Lackschuhclub“ verspotteten. Die sozialen Gegensätze zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft, die den Alltag der Kleinstadt in den 1920er Jahren prägten, spiegelten sich auch im Fußballbetrieb wider.

Während sich der Sportverein als unpolitische Freizeitvereinigung verstand, gingen die Malocher vom VfB zu Beginn der 1930er Jahre gegen die Nazis auf die Straße. Der VfB Uslar kickte meistens in der höchsten Spielklasse der Arbeiterliga, der „Sonderklasse“ gegen Clubs wie VfB Northeim, Eintracht Einbeck, SuS Schlarpe, VfB Sohlingen oder gegen die Bergarbeiter vom „Arbeiter-Sportverein Gierswalde“.

Die große Fußballbegeisterung der 1920er Jahre wurde durch zahlreiche Schwierigkeiten gedämpft. Die Uslarer Kicker hatten vor allem unter widrigen Platzverhältnissen zu leiden. So fanden an manchen Sonntagen bis zu sechs Spiele in der Auschnippe statt.

Feuchte Wiese auf der Meinte

Die Mitglieder des Sportvereins machten sich deshalb 1930 daran, ein mooriges Gelände auf der Meinte zu einem Sportplatz umzuwandeln, der heutigen „August-Kerl-Kampfbahn“. Der VfB veranstaltete Theater- und Operettenabende, um den Erwerb eines eigenen Platzes zu finanzieren. Die Lust am braunen Lederball wurde zudem durch die leeren Vereinskassen beeinträchtigt. Sowohl der Sportverein, als auch der VfB Uslar konnten nur mit Mühe Fußballschuhe, Trikots und die Fahrten zu den Auswärtsspielen bezahlen.

Literatur zum Thema: Schäfer (Hg.): „Wir spielten nur auf Sieg! Die Geschichte des Fußballsports im Solling“, Verlag Jörg Mitzkat Holzminden (erhältlich in allen Buchhandlungen)

Von Dr. Wolfgang Schäfer

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