Dr. Mohcine Ramdan referiert zum Tag der Muttersprache

Dr. Mohcine Ramdan sprach über „Mehrsprachigkeit, Mehrkulturalität und Mehrfachidentitäten“.
Eschwege – Was zunächst etwas trocken klingt, vermittelte Mohcine Ramdan den Teilnehmerinnen jedoch anhand von Beispielen und stellte ihnen Aufgaben. „Sprache und Kultur“, sagte er, „hängen eng zusammen, entstehen zusammen. Menschen, welche die gleiche Sprache sprächen, fühlten sich zusammengehörig. Über die gesprochene Sprache definierten Menschen ihre Identität. Wer mehrere Sprachen spreche, sei deshalb in der Lage, mehrere Identitäten anzunehmen.“
Zum internationalen Tag der Muttersprache hatte die Evangelische Familienbildungsstätte in Eschwege zum Online-Vortrag eingeladen. Als Referenten hatte Kathrin Beyer von der Freiwilligen-Agentur Omnibus einen Sprachforscher der LMU München eingeladen. Dr. Mohcine Ait Ramdan arbeitet zu kognitiver und interkultureller Semantik, Schriftsprachenerwerb und Alphabetisierung und lehrt am Institut für Deutsch als Fremdsprache und am Institut für Grundschulpädagogik an der LMU.
Mehrsprachigkeit hat Potential
Ramdans Argumente leuchteten den Teilnehmerinnen ein, von denen einige andere Muttersprachen sprachen als Deutsch – etwa Russisch, Türkisch, Arabisch oder Persisch. Weltweit seien heute viele Menschen tatsächlich mehrsprachig, auch in Deutschland geborene erlernten zahlreiche Fremdsprachen. Zur Mehrsprachigkeit gehörten auch die regionalen Dialekte, sprachliche Varianten, die gegebenenfalls eigenen grammatischen Regeln folgten und die ebenfalls stark zur Bildung von Identität beitrügen.
„Mehrsprachigkeit hat das Potenzial, dass der Mensch verschiedene Sprachen als Kommunikationsmittel nutzen kann“, sagte Mohcine Ramdan. So könne er mit mehr Menschen Gemeinsamkeit herstellen. Er selbst etwa stammt gebürtig aus Marokko, spricht fließend Deutsch und kann sogar bayerische Dialekte sprechen. Die sprachliche Bildung von Kindern hält er für extrem wichtig für ihre Entwicklung.
Viele Sprachen in den Kitas
Gerade in Migrantenfamilien sei es wichtig, dass die Kinder ihre Muttersprache erlernten ebenso wie die Sprache ihres neuen Heimatlandes, denn jede Sprache sei eine eigene Ressource, die sie nutzen könnten. Dieser Aspekt wurde angeregt diskutiert, denn einige Teilnehmerinnen arbeiteten in Kindertagesstätten.
Eine Teilnehmerin erzählte aus ihrer Kita, wie leicht die Kinder zwischen verschiedenen Sprachen hin- und herwechseln könnten, und dass sie bereits genau unterscheiden könnten, mit wem sie in welcher Sprache sprechen müssen, um sich verständlich zu machen.
Eine andere Kita-Mitarbeiterin erzählte, dass sie selbst ein wenig Arabisch gelernt habe, um Kindern anfangs mehr Sicherheit in der Entwicklung geben zu können. Der Vortrag zeigte Unterschiede und Gemeinsamkeiten unter den Sprachen. Er räumte auch mit Missverständnissen auf, etwa, dass sich alle Menschen, die arabisch sprechen, sofort verstehen können. Eine Teilnehmerin sagte: „Ich komme aus Syrien, da sprechen wir ganz normales Arabisch.“ Als der Wissenschaftler darauf antwortete: „Wenn ich nun mit Ihnen arabisch sprechen würde, würden Sie das kaum verstehen.“ Darauf die Teilnehmerin lachend: „In Marokko spricht man auch kein normales Arabisch.“ Kristin Weber