Ja, ich hatte in den Jahren viel weniger Appetit und habe deswegen stark abgenommen. Außerdem wurde ich sehr vergesslich. Glücklicherweise habe ich ein stabiles Umfeld mit meiner Familie und der Arbeit, weswegen ich noch rechtzeitig Maßnahmen zur Behandlung wahrnehmen konnte. Viele Menschen treibt die Sucht in den Ruin, sie verlieren alles und ihr körperlicher Zustand verschlechtert sich immer mehr.
Wie lange sind Sie jetzt trocken? Hatten Sie Rückfälle?
Ich bin seit 2006 trocken. Allerdings hatte ich mehrere Rückfälle, im Jahr 2013 einen längeren. Das kann einem schon den Mut nehmen, aber es ist wichtig, nicht aufzugeben. Rückfälle können vorkommen, das Wichtigste ist, sich darauf vorzubereiten. Sobald ich einen Rückfall hatte, habe ich sofort meinen Arzt kontaktiert, der mich dann an die Entgiftungsklinik überwiesen hat. Leider sehen viele Menschen die Alkoholabhängigkeit nicht als Krankheit an oder tabuisieren das Thema. Die Folge ist, dass die Krankheit von den Betroffenen verheimlicht und keine Hilfe in Anspruch genommen wird.
Sie leiten mittlerweile eine unabhängige Selbsthilfegruppe in Eschwege. Wie kam es dazu?
Als ich zusammen mit einigen anderen Personen aus der ambulanten Therapie kam, gab es in Eschwege keine unabhängige Selbsthilfegruppe. Also gründeten wir kurzerhand unsere eigene. So ist die Selbsthilfegruppe „Wegweiser“ entstanden.
Wann und wo finden die Sitzungen statt? Wer kann sie besuchen?
Unsere Gruppe trifft sich in den Räumlichkeiten der Evangelischen Familienbildungsstätte an den Anlagen in Eschwege. Die Sitzungen finden alle zwei Wochen montags von 18 bis 19 Uhr statt. Jeder, der trocken ist, kann sich anmelden oder einfach vorbeischauen. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus und unterstützen uns gegenseitig, um eine zufriedene Abstinenz zu erreichen.
Was würden Sie den von der Krankheit Betroffenen empfehlen?
Gehen Sie zum Arzt, lassen Sie sich eine Therapie verschreiben und gehen Sie offen mit der Sucht um. Versuchen Sie nicht, alleine damit klarzukommen. Wenn die Therapie beendet ist, empfehle ich jedem, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Das hilft, weil man sich mit Menschen unterhält, die das gleiche Problem haben wie man selbst, die einen verstehen.
Vielen Dank für das offene und informative Gespräch.
Gerne, ich hoffe, dass es Menschen dazu ermutigt, sich Hilfe zu holen und gegen die Krankheit anzukämpfen. Mittlerweile gibt es viele Wege aus der Sucht.
Infos zu der Selbsthilfegruppe „Wegweiser“ gibt es unter Tel. 01 73/1 83 80 81 (Gerald König) oder unter der E-Mail shg.wegweiser.esw@gmail.com. Kontakt zur Diakonie Eschwege unter Tel. 0 56 51/3 39 42 92.
(Marius Gogolla)