Naturschützer wollen die Werra durch den Werratalsee leiten

Eschwege. Die Werra muss nach Ansicht des Eschweger Ornithologen und Naturschützers Wolfram Brauneis durch den Werratalsee geleitet werden, um das kranke Gewässer zu retten.
„Aufgrund der gesammelten Erfahrungen und angesichts der katastrophalen Lage am Werratalsee sowie des Parteienstreits und der unterschiedlichen Auffassung verschiedener Gutachter, schlägt die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) vor, die Werra durch gezielte ökologische Wasserbaumaßnahmen mit Einlauf und Auslauf ganzjährig durch den Werratalsee zu leiten“, so Brauneis.
Der HGON-Arbeitskreisleiter und Kreisbeauftragte für Vogelschutz nennt Beispiele entlang der Elbe als Beleg für die Funktionsfähigkeit seines Vorschlages. Ein alter, vom Mutterfluss abgetrennter Elbe-Nebenarm in Sachsen-Anhalt sei durch Blaualgen völlig bedeckt gewesen und ökologisch faktisch nicht mehr funktionstüchtig. „Wasservögel und Amphibien waren nicht mehr vorhanden“, berichtet Brauneis. „Dazu musste in der Folge ein Fischsterben registriert werden.“
Im Vergleich dazu könne im gleichen Flussabschnitt erkannt werden, dass Altarme, die von der Elbe einst künstlich abgeschnitten worden sind, aber jetzt von der Ehle, einem Nebenfluss der Elbe, permanent durchströmt würden, sich auch im Sommer in einem deutlichen Klarwasserstadium befänden. Brauneis: „Hier sind weit weniger Nährstoffe vorhanden, was die Wissenschaft bereits als mesotroph (mittlerer Gehalt an gelösten Nährstoffen) bezeichnet.“
Von den bisher diskutierten Varianten zur Werratalsee-Rettung hält Brauneis nicht viel: „Weder eine Pegelanhebung des Sees noch ein Absenken der Werra ist notwendig, um das Problem mit den Blaualgen (Cyanobakterien) am und im Werratalsee endgültig zu beseitigen; ganz zu schweigen von der aufwendigsten und wohl teuersten Maßnahme, dem Bau einer Spundwand.“
Der Werratalsee sei aufgrund seiner gebundenen Strukturen ein hypertrophes, also extrem nährstoffreiches Stand- beziehungsweise Stillgewässer. Bei warmem Sommerwetter würden sich rasant Blaualgen bildenden. Die HGON schlägt deswegen vor, es mit der beschriebenen ökologischen, gewässerdynamischen Variante zu versuchen. Der Salzfluss Werra sei sicherlich nicht ganz mit der Elbe und der Ehle zu vergleichen, sagt Brauneis, und weiter: „Aber der Versuch eines ernsthaften Nachdenkens muss es uns doch wert sein.“
Der HGON-Vorschlag sei seit Jahren dem Bürgermeister der Kreisstadt bekannt. „Auf offene Ohren sind wir da nicht gestoßen.“