Dem Wohltäter auf der Spur: Verwandte von Gustav Schäfer forschen zu Ururur-Großonkel

Ein Wochenende lang war die fünfte Generation nach Gustav Schäfer, dem zu Ehren die Schäferhalle auf dem großen Leuchtberg errichtet wurde, zu Besuch in Eschwege,
Eschwege – Sie wandelten auf den Spuren eines großen Wohltäters, um die Heimatstadt ihres Ur-Ahns kennenzulernen. Wer war aber dieser Gustav Schäfer eigentlich?
Er war der 1859 geborene Sohn eines Eschweger Lederfabrikanten. In Eschwege besuchte er die Realschule, leistete anschließend eine einjährige Militärzeit ab und lernte in Leipzig den Beruf des Kaufmanns. Laut Recherchen des Eschweger Heimathistorikers Herbert Fritsche hatte Schäfer vor dem Eintritt in den elterlichen Betrieb eine Weltreise geplant. Sicherheitshalber hatte er schon vor Antritt in seinem Testament verfügt, „die damals unglaubliche Summe von 300 000 Mark“ der Stadt Eschwege zu überlassen. Woher das Geld stammte, ist nicht überliefert. Laut Erzählungen der Familie Schäfer sei Gustav Schäfer während des Goldrausches in den USA zu großem Reichtum gekommen.
Schäfers Weltreise führte laut Herberts Fritsche über Genua nach Ägypten, Indien, China, Japan und die USA zurück nach Europa. Auf seiner Reise musste er sich eine „venerische Erkrankung“ zugezogen haben, die zu einem schweren Augenleiden geführt haben soll. Weil ihm die Ärzte nicht helfen konnten, beging er 1906 in Göttingen Selbstmord. Die Stadt Eschwege kam daraufhin zu großem Reichtum.
Investiert wurde das Geld der Schäfer-Stiftung in den Bismarckturm, die Promenade und den Friedhof. Gerüchten zu Folge sollen auch Aktien gekauft worden sein, die in Folge des Ersten Weltkriegs aber ihren Wert verloren. Aus Dankbarkeit dem edlen Spender gegenüber errichtete die Stadt 1913 die Schäferhalle, ein Pavillon mit dorischen Säulen. „In dankbarer Erinnerung an den Gründer der Gustav-Schäfer-Stiftung“ lautet die Inschrift. In der Kuppel sind Urkunden und Dokumente zur Erinnerung an Gustav Schäfer eingelassen.
Schäfer selbst hatte keine Nachkommen. Die Familie seines Bruders verließ Eschwege Anfang der 1960er-Jahre, um nach Mettmann überzusiedeln. Die Enkelkinder leben jetzt auch in Frankfurt, Aachen oder Düsseldorf. Christians Vater Dirk war der letzte, der in Eschwege geboren wurde. In der Familie wurde aber immer viel über die Eschwege gesprochen. Oma Margret Schäfer, geborene Fröhlich, heute 91 Jahre alt, pflanzte im Mettmanner Garten drei Eschen in Erinnerung an die Heimatstadt. Der bereits verstorbene Opa Wolfram Schäfer spendete vor seinem Tod noch Geld für die Unterhaltung der Schäferhalle.
Ein Wochenende lang wandelten die Enkelkinder jetzt auf den Spuren ihrer Vorfahren, ohne allerdings den Eltern oder der Oma darüber zu berichten. „Wir werden Ostern unserer Familie von den großartigen Eindrücken aus Eschwege erzählen. Das wird eine tolle Überraschung“, sagt Kim Schäfer. Neben der Schäferhalle besuchten die Nachfahren auch Brückenhausen, wo die Lederfabrik der Schäfers stand. Auch am Geburtshaus von Oma Margret, dem stattliche Klinkerbau Brückenstraße 2 an der Werra, den Großvater Fröhlich 1903 errichtete, machten die Enkelkinder Halt. „Wir waren alle zum ersten Mal in Eschwege und wir werden definitiv wieder kommen“, sagt Julian Schäfer. (Tobias Stück)