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Gemeindevertreter Wehretals lehnen Tonbandaufnahmen mit knapper Mehrheit ab

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Von: Emily Spanel

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Rein rechtlich ist die Frage nach der Zulässigkeit von Tonaufnahmen in öffentlichen Sitzungen schwierig zu beantworten.
Rein rechtlich ist die Frage nach der Zulässigkeit von Tonaufnahmen in öffentlichen Sitzungen schwierig zu beantworten. (Symbolbild) © Privat/nh

Vorerst wird es keine Tonaufnahmen von Redebeiträgen der Gemeindevertreter Wehretals geben. Einen entsprechenden Antrag der FWG Wehretal lehnten sie ab.

Reichensachsen – Redebeiträge der Gemeindevertreter Wehretals werden nicht als Tonaufnahmen auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht – zumindest vorerst. Im Zuge der jüngsten Sitzung des Gremiums am Montagabend im Bürgerhaus in Reichensachsen haben die Fraktionen einen entsprechenden Antrag der FWG Wehretal mehrheitlich abgelehnt. Der Beschluss markiert das Ende einer ungewöhnlich heftig geführten Debatte eines emotional belegten Themas.

Der Antrag

Der Gemeindevorstand solle beauftragt werden, rechtlich zu prüfen, ob Tonbandaufnahmen der Redebeiträge in den Sitzungen der Gemeindevertretung Wehretal für die Dauer von je drei Monaten auf der Homepage der Gemeindeverwaltung veröffentlicht werden dürfen, heißt es in dem Antrag der FWG. Mit Verve trug der Fraktionsvorsitzende Dr. Claus Wenzel die möglichen Vorteile vor – maximale Transparenz, ungefilterte Informationen, die Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen. Sogenannte Podcasts (regelmäßig erscheinende Audio-Sendungen im Internet, die jederzeit digital auf Abruf verfügbar sind) erfreuten sich wachsender Beliebtheit; zudem gebe es viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Möglichkeit hätten, zu den öffentlichen Sitzungen zu kommen.

Dr. Wenzel warb dafür, das Vorhaben in den Haupt- und Finanzausschuss zu überweisen, um die Möglichkeiten der Umsetzung zu diskutieren. „Ergebnisoffen“, wie er betont.

Die Rechtslage

Schon nach einem interfraktionellen Gespräch am 23. Januar hat die Wehretaler Gemeindeverwaltung Informationen beim Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) eingeholt. Demnach entspreche der Vorstoß der FWG aktuell nicht den gesetzlichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen. So seien Film- und Tonaufnahmen in öffentlichen Sitzungen einzig durch die Medien im Sinne einer journalistischen Berichterstattung zulässig. Ein grundsätzliches Recht auf Video- und Tonaufnahmen durch Dritte oder Mitglieder der Gremien existiere nicht. Des Weiteren stellten derartige Aufnahmen einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, die nur mit deren Zustimmung möglich sind.

„Das größte Problem ist: Der Antrag der FWG hat keine Rechtsgrundlage“, konstatierte Wolfgang Weiner, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Die Wehretaler Sozialdemokraten begrüßten mehr Öffentlichkeit sehr und möchten politische Transparenz fördern – allerdings: ein solches Vorhaben müsse schlicht rechtssicher sein.

Die Debatte

„Wir sind für die politische Transparenz und freuen uns über jeden einzelnen Zuhörer und Zuschauer“, sagte Fabian Eberhardt, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Allerdings dürfe man keinen rechtswidrigen Anträgen zustimmen – und „mehrstündige Gemeindevertretersitzungen sind alles andere als ein Podcast.“ Würden beispielsweise Präsentationen gezeigt, könnten Zuhörer diese nicht nachverfolgen. CDU und auch SPD böten der FWG-Fraktion an, einen gemeinsamen Antrag auszuarbeiten, „der auch Hand und Fuß hat“, so Fabian Eberhardt.

„Es ist wichtig, dass wir mit der Zeit gehen“, bekräftigte Jörg Sandrock für die SPD-Fraktion. Dazu gehörten perspektivisch auch Film- und Tonaufnahmen. „Allerdings sollten wir zusehen, dass wir nicht nur schnell „ein bisschen was“ bekommen, sondern sorgsam eruieren, wie Menschen für Politik begeistert werden könnten.“

Als „Impuls“ wolle er den Antrag verstanden wissen, erklärte Dr. Claus Wenzel, erneut am Rednerpult. Gemeinsam könne im Haupt- und Finanzausschuss erörtert werden, wie man das Vorhaben rechtssicher gestalten könne – möglicherweise, indem ein externer Dienstleister hinzugezogen werde. Das müsse man aber auch wollen. Er habe stattdessen den Eindruck, dass ein Antrag, der von der FWG komme, von dem Gremium erst einmal abgeblockt werde. „Das sind Sandkastenspiele für Erwachsene“, ließ sich Dr. Wenzel hinreißen – und erntete damit die Empörung der Fraktionen.

Das Ergebnis

Acht Ja-Stimmen, zehn Gegenstimmen: Die Überweisung der Thematik der Tonaufnahmen in den Haupt- und Finanzausschuss ist gescheitert. „Wir werden jetzt keinesfalls stehen bleiben“, kündigte Dr. Claus Wenzel an: Nach einer Beratung innerhalb der FWG-Fraktion solle der Antrag gestellt werden, den Gemeindevorstand zu beauftragen, das künftige „Wie“ der Umsetzung zu eruieren. (Emily Hartmann)

Parlament in Kürze

Teilnehmer

SPD 7 von 10

CDU 4 von 4

FWG 6 von 8

FDP 1 von 1

Sitzungsdauer 150 Minuten

Gäste 12

Beschlussfassungen

Entwurf der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan, Stellenplan und Anlagen für das Haushaltsjahr 2023 (beschlossen bei fünf Enthaltungen)

Entwurf des Investitionsprogramms für den Planungszeitraum 2022 bis 2026 (fünf Enthaltungen)

Bauleitplanung der Gemeinde Wehretal, Bebauungsplan Nr. 20 für das Gewerbegebiet „Auf den goldenen Äckern“, und Änderung des Flächennutzungsplans in diesem Bereich (fünf Einzelbeschlüsse jeweils mehrheitlich gefasst)

Kenntnisgaben

Informationen zu Ökopunkten als Teil des naturschutzrechtlichen Ausgleichs durch Christoph Henke vom Ingenieurbüro Henke (Witzenhausen) auf Antrag der CDU-Fraktion

Anträge

Antrag der FWG-Fraktion: Veröffentlichung der Tonaufnahmen der Redebeiträge in der Gemeindevertretung Wehretal (abgelehnt bei acht Ja- und zehn Gegenstimmen)

Nächste Sitzung: voraussichtlich Donnerstag, 23. März (esp)

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