Große Koalition: „Wir nehmen die Kritik sehr ernst“

Im Interview wollten wir von der CDU Werra-Meißner wissen, warum es einen weiteren hauptamtlichen Kreisbeigeordneten braucht. Geantwortet hat die Große Koalition.
Eschwege – In der Kreistagssitzung am vergangenem Mittwoch hat die Große Koalition aus SPD und CDU die Einführung eines weiteren hauptamtlichen Kreisbeigeordneten durchgesetzt, der am 1. Juni auf Vorschlag der CDU gewählt werden soll. Einige Fragen sind offengeblieben.
Die Interviewanfrage unserer Zeitung an die CDU haben Stefan Schneider, Uwe Brückmann (beide CDU), Thomas Eckhardt, Karina Fissmann und Knut John (alle SPD) nach Abstimmung untereinander gemeinsam beantwortet.
Können Sie Wähler verstehen, die – gerade wegen der Kosten von 1,5 Millionen Euro in sechs Jahren – ihr Vorgehen missbilligen?
Die Resonanz, die wir bekommen haben, ist differenziert. Wir haben zwei Führungskräfte gewinnen können, die sich gut ergänzen werden. Das sehen auch die Wähler. Wir nehmen aber auch die Kritik sehr ernst. Unser Ziel ist es, entstehende Kosten an anderer Stelle sinnvoll einzusparen. Für uns ist entscheidend, mit zwei hervorragenden Führungspersönlichkeiten, den Landkreis voranzubringen.
Gibt es Überlegungen in der CDU, von dem Vorhaben abzulassen?
Wir haben einen Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU geschlossen, in dem dieses Vorgehen so vereinbart ist. Daran halten wir uns, da unsere Koalition neben diesen Personalmaßnahmen vor allem eines im Auge hat, nämlich verantwortungsbewusst und auch verantwortungsvoll aus einer großen und damit verbundenen stabilen Koalition heraus die Zukunft unseres Kreises aktiv zu gestalten.
Eine Große Koalition ist nach der hauchdünnen Mehrheit im Kreistag der vergangenen zwei Jahre sicherlich sinnvoll, um den Kreis voranzubringen. Aber warum braucht es einen weiteren hauptamtlichen Kreisbeigeordneten?
Wir sind der Auffassung, dass die Aufgaben im Kreis in den letzten Jahren vielfältiger und komplexer geworden sind. Politik war in den letzten Jahren sehr oft mit Krisenbewältigung beschäftigt, von Migration über Corona bis hin zu den Folgen des Angriffskrieges in der Ukraine. Dies bindet Ressourcen. Neben der Krisenbewältigung müssen wir aber auch unseren Landkreis noch besser für die Zukunft aufstellen. Es gibt viel zu tun. Wir müssen das Thema bezahlbarer Wohnraum dringend angehen, die Digitalisierung in der Verwaltung umsetzen, unsere Schulen gerade auch in diesem Punkt zukunftsfähig machen und noch viele andere Themenfelder wie Wirtschaft, Klima, Umwelt, Nahverkehr etc.
Welche Vorteile hat ein hauptamtlicher Kreisbeigeordneter gegenüber einem ehrenamtlichen?
Wir reden hier von einer Führungsposition, die 60 bis 80 Stunden in der Woche für den Kreis arbeiten wird und eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen hat. Das kann niemand in dieser Tiefe ehrenamtlich leisten.
Vertrauen Sie Ihrem Koalitionspartner nicht, dass er Ihnen Informationen weitergibt?
Wir haben im Vorfeld der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages sehr gute Gespräche geführt, die letztendlich im Hinblick auf die gemeinsamen Ziele für unseren Kreis auch das Fundament für alle weiteren Schritte darstellen. Daher haben wir ein sehr hohes Vertrauen in unsere gemeinsame Koalition, da unsere Entscheidungen im politischen Raum grundsätzlich immer auch mit Kritik oder auch Lob verbunden sind.
Ist der gleiche Informationsstand 250 000 Euro pro Jahr wert?
Mit den beiden Kandidaten kommt zusätzlich zu dem bestehenden Personal eine hohe Fachlichkeit und Qualifikation in Führungsverantwortung in die Kreisverwaltung, die an der Umsetzung der Ziele und Maßnahmen der Großen Koalition arbeiten werden. Wir haben vereinbart, dass durch die Stelle keine zusätzlichen Belastungen für den Haushalt entstehen dürfen. Künftig wird es allerdings Aufgabe sein, gemeinsam mit der Landrätin den Geschäftsverteilungsplan entsprechend umzugestalten, um das vorhandene Potenzial optimal zu nutzen. Sie hat das Organisationsrecht, der Kreistag beschließt über den Haushalt, also müssen wir da gemeinsam eine Lösung finden, die zur politisch beschlossenen Einsparung führt.
Glauben Sie, dieses Festhalten an der Einführung eines weiteren hauptamtlichen Kreisbeigeordneten wird bei der nächsten Landtagswahl Konsequenzen haben oder hoffen Sie darauf, dass der Wähler bis zum Herbst vergessen hat?
Wir sind davon überzeugt, dass wir eine gute Lösung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und damit für unseren Landkreis mit unserem Koalitionsvertrag und den damit verbundenen Inhalten und Zielen haben. Wir arbeiten genau aus diesem Grund auch sehr hart daran, mit der politischen Verantwortung, der wir uns gemeinsam gestellt haben, den Kreis zukunftsfähig zu gestalten.
(Tobias Stück)