Erinnerungen an Mausefalle und Amadeus: Wilde Partynächte in Eschweger Discos
Mehr als 20 Jahre lang war die Disco Mausefalle in Eschwege die Adresse für Flirten, Partys und ausgelassenes Feiern. Nun ist der Club geschlossen.
Eschwege – Winterzeit ist Discozeit, zumindest früher einmal. 50 Jahre bestimmten die Tanzschuppen die Abendgestaltung. Heute gibt es keine einzige mehr in der Region um Eschwege (Werra-Meißner-Kreis). Wir erinnern uns an ehemalige Discos.
Zwei Dinge haben sich in unserer Berichterstattung über die Mausefalle fast die Waage gehalten: Körperverletzungen und Eheschließungen – wobei beide Vorfälle nie in einem direkten Zusammenhang standen.
Mausefalle in Eschwege mehr als 20 Jahre die Kontaktbörse Nummer 1
In den ersten Jahren der Eschweger Großraum-Disco verging fast kein Wochenende, an dem es nicht zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen – so gut wie ausschließlich – jungen Männern gekommen ist. Später, so etwa ab dem Jahr 2008, häuften sich dann die Hochzeiten mit Brautpaaren, die sich in der Mausefalle kennen- und lieben gelernt hatten. Wie viel Nachwuchs daraus entstanden ist, ist nicht überliefert. Fest steht: Über fast 20 Jahre war die Mausefalle die Kontaktbörse Nummer 1 in Eschwege und Umgebung.

Als die Mausefalle im September 2001 erstmals auf dem Gelände des neu errichteten Kaufland Supermarktes ihre Pforten öffnete, war das was völlig Neues in der Eschweger Gastronomiewelt. Den Discostadl Mausefalle gab es schon vielfach in Deutschland. Fast zur gleichen Zeit eröffnete in Kassel das A7 mit einem ähnlichen, allerdings größeren Konzept. Investor Uwe Jantz, der den Neubau errichten ließ und Ende der 1960er-Jahre mit dem Dandy-Club eine der ersten Discotheken in Eschwege betrieben hat, holte das Konzept der Mausefallen nach Eschwege.
Mausefalle in Eschwege: Jedes Wochenende Après-Ski-Party
Mehrere Theken und Tanzflächen im alpenländischen Stil, gepaart mit Stimmungsmusik und guter Laune: In der Falle oder Mafa, wie die Disco alsbald liebevoll genannt wurde, war jedes Wochenende Après-Ski-Party angesagt.
Darüber hinaus hielten für Anfang der 2000er-Jahre moderne Zahlungsmethoden Einzug in Eschwege. Am Einlass bekam man eine Chipkarte, auf der die bestellten Getränke gebucht waren. Nicht selten erlebten die Besucher am Ausgang eine böse Überraschung, wenn sie im Laufe einer Party-Nacht den Überblick über die Bestellungen verloren hatten. Glück im Unglück: Als eine der ersten Discos führte die Mausefalle die EC-Kartenzahlung ein. Dann hatte man auch langfristig etwas von dem Abend, wenn man später in der Woche die Kontoauszüge checkte.

„Flirten und Gaudi“ im Werra-Meißner-Kreis
„Flirten und Gaudi“, so sollte das Programm an jedem Abend in der Mausefalle sein. Und das Konzept kam an. Brechend voll war es von Beginn an. In der Mausefalle trafen sich mehrere Generationen und viele soziale Schichten. Wer die Türsteher passiert hatte, konnte sich darauf einstellen, einen lustigen Abend zu verbringen und garantiert mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu kommen.
Die Tür war allerdings eine tatsächliche Hürde. Während andere Eschweger Discos so lange reinließen, bis der Laden voll war, wurde hier von Türstehern und Security selektiert.
Das war ebenfalls unüblich in Eschwege und sorgte für einigen Unmut unter den Gästen, die es nicht ins Innere schafften. Falsche Frisur, Mütze auf, die falschen Schuhe, die falschen Freunde oder einfach nur zu betrunken – die Gründe waren in der Anfangszeit vielfältig. Später, als die Discobegeisterung hier nachließ, waren die Auswahlkriterien nicht mehr so streng.
Eine einzige Erfolgsgeschichte für Eschweger Disco
Die ersten Jahre waren aber eine einzige Erfolgsgeschichte. Schnell lief die Mausefalle allen anderen Discos in Eschwege den Rang ab. Mit ihrem deutschlandweit erfolgreichen Konzept und „Kampfpreisen“ eroberten sie die Eschweger Jugend. Zilles Tollhaus, das die gleiche Kundschaft ansprach, überlebte den Konkurrenzkampf beispielsweise nicht. Partymusik von DJ Mike, der hier seit 2002 regelmäßig auflegte, und beispielsweise Wodka-Energy-Getränke aus dem Turm, lockten die Gäste aus Eschwege, dem gesamten Landkreis und auch aus Thüringen nach Eschwege. Schüler, Azubis, Studenten, Fußball- und Handballmannschaften feierten gleichermaßen.

Aber auch ihrer Verantwortung kam das Tanzlokal nach. Die Diskothek beteiligte sich an der Aktion „Wir sind Nachfrager“ der Fachstelle für Suchthilfe und Prävention des Diakonischen Werks Eschwege/Witzenhausen, die verhindern soll, dass Jugendliche Alkohol trinken, und der Aktion „Bob – gegen Alkohol am Steuer“.
Erster Dämpfer für Eschweger Disco Mausefalle war das Rauchverbot
Einen ersten Dämpfer erhielt die Erfolgsgeschichte mit der Einführung des Rauchverbots 2007. Innerhalb der Räume war für viele Partygäste Schluss mit der Raucherei. Vor einem der Notausgänge wurde aber ein Raucherbereich eingeführt und viele Gäste kamen zurück.
Mehr noch: Es gab einen erneuten Aufschwung. Knapp zehn Jahre nach der Eröffnung wurde mit dem Amadeus quasi ein Club im Club eröffnet. Hierdurch wurde ein Publikum angezogen, dass abseits von Partymusik und Chartliedern feiern wollte. Black-Music, Hip-Hop, R’n’B oder Elektro waren hier angesagt. Auch die Einrichtung unterschied sich deutlich vom Rest des Ladens.

Verschlechterte Konditionen machen Discobetreibern im Werra-Meißner-Kreis zu schaffen
Die nachlassende Discobegeisterung konnte aber auch das Amadeus nicht verhindern. Die nachwachsende Generation feierte gerne im privaten Kreis. Und dann kam auch noch die Pandemie. Neben der coronabedingten Schließung seit März 2020 machte auch ein neuer Pachtvertrag mit verschlechterten Konditionen den Discobetreibern zu schaffen.
Im März 2021 zogen Pächter Wolfgang Wirsing und der Betreiber Matthias Kleinhenz die Reißleine und verkündeten das Aus von Eschweges beliebtester Disco des neuen Jahrtausends. „Leider gab es vonseiten des Vermieters null Bereitschaft, uns in der Pandemie auch nur ein bisschen zu helfen“, sagte Wirsing vor zwei Jahren gegenüber unserer Zeitung. Für den 12. März 2020 war die letzte Party im Amadeus angekündigt. Seitdem sind die Türen verschlossen.
Die neuen Konditionen konnten wir nicht erfüllen
Mit den Überbrückungshilfen konnte Betreiber Matthias Kleinhenz den Laden am Leben erhalten. Dann lief aber der Pachtvertrag mit dem Münchener Immobilienfonds aus
Zumal es im Gebäude nach fast 20 Jahren auch einen erheblichen Investitionsstau gegeben habe. „Mit dem früheren Besitzer Uwe Jantz wäre wahrscheinlich eine Einigung möglich gewesen“, sagt Wirsing. Mit dem Neuen nicht. Nach 19 Jahren wurde damit eine Ära beendet.
Erinnerung an wilde Nächte in Eschwege
Was bleibt, ist die Erinnerung an legendäre Partys und durchtanzte Nächte. „Wir haben unseren Gästen einige unvergessliche Stunden in der Mausefalle bereitet“, sagt Wirsing. Und darüber hinaus: Durch die vielen Eheschließungen von ehemaligen Mausefallen-Gästen und sicher auch Familiengründungen hat der Eschweger Club und Discostadl einen bleibenden Eindruck hinterlassen. (Tobias Stück)