Die Kreisverwaltung zieht jetzt in den Neubau um

Nach fast sechs Jahren Abriss- und Bauzeit wird in diesem Monat (März 2023) der Neubau der Kreisverwaltung bezogen. Wir haben einen Blick in das neue Gebäude geworfen.
Eschwege – Wie man hört, hört man nichts. Dass fünf Meter Luftlinie entfernt ein großer Lastwagen gerade vorbeigedonnert ist, bekommt man im Inneren des neuen Verwaltungszentrums des Werra-Meißner-Kreises nicht mit. Gut gedämmte Fenster und eine isolierte Außenhaut lassen ein ruhiges Arbeiten zu.
Moderne Arbeitsplätze in neuer Kreisverwaltung
„Die Mitarbeiter bekommen in jeder Hinsicht einen modernen Arbeitsplatz“, sagt Theodor Sternal. Der Architekt des Werra-Meißner-Kreises ist nach einige Querelen zu Beginn der Planung hauptverantwortlich für den Neubau und der Vater dieses Projekts. Die Mitarbeiter aus dem Landgrafenschloss ziehen hier erst mal ein, bis das historische Gebäude saniert ist. Drei Jahre wird das wohl dauern.

Neben dem verbesserten Raumklima und hellen Büroräumen bekommt jeder Mitarbeiter einen höhenverstellbaren Schreibtisch und ein Schrankmodul mit Tresor für seine persönlichen Sachen, der gleichzeitig als Theke und Sichtschutz dient. In einem monatelangen Verfahren wurden die mehr als 100 Dreier-, Doppel- und Einzelzimmer auf 4240 Quadratmetern Nutzfläche abteilungsweise belegt. Einige der Mitarbeiter werden in etwa drei Jahren, wenn das Landgrafenschloss fertig saniert ist, wieder zurückziehen. „Wir haben versucht, möglichst alle Wünsche zu berücksichtigen“, sagt Sternal. Bis in die vergangene Woche gab es Änderungswünsche. Ab sofort wird das schwieriger. Denn nach der Endabnahme am Mittwoch hat der Umzug begonnen.

IT zieht zuerst um
Schwieriger, weil die IT-Abteilung der Kreisverwaltung jetzt jedem Arbeitsplatz einen Mitarbeiter zuordnet. Deswegen war die IT die erste Abteilung, die vom Landgrafenschloss in den Neubau gegenüber umgezogen ist. Die Server für die EDV sind in einem klimatisierten Bereich unter dem Dach untergebracht. Nebenan befinden sich seit der Planänderung 2019 auch Arbeitsplätze. „Durch die massive Dämmung des Daches kann man auch hier in angenehmem Klima arbeiten“, sagt Sternal.
Chronologie: Seit 2014 wird der Neubau geplant
Seit 2014 steht fest, dass die Kreisverwaltung sich vergrößern muss. Wir zeichnen den Weg der vergangenen neun Jahre nach.
2014 Das Landgrafenschloss ist stark sanierungsbedürftig. Die Büroräume sind nicht mehr zeitgemäß, die Kapazitäten werden immer knapper. Die Verwaltung des Kreises ist auf mehrere Standorte verteilt.
Juli 2015 Der Kreistag beschließt einen Neubau. Gegenüber des Landgrafenschlosses soll die ehemalige Kreissparkasse, wo bereits ein Teil der Verwaltung beherbergt ist, um- und ausgebaut werden. Das ehemalige Schlosshotel wird dazugenommen. Sieben Millionen Euro sind veranschlagt.
September 2015 Der Kreistag ruft einen europaweiten Architektenwettbewerb ins Leben, um mehrere Alternativen zu bekommen. An dem Architektenwettbewerb nahmen insgesamt 74 Planungsbüros teil. 15 Entwürfe kamen in die Endauswahl.
Juli 2016 Das Berliner Architekturbüro Karl Hufnagel bekommt den Zuschlag für das neue Verwaltungszentrum. Geschätzte Kosten: 8,2 Millionen Euro plus Ankauf des Schlosshotels und Möblierung. Die Kosten werden anschließend auf 10,5 Millionen Euro gedeckelt.
August 2017 Der Abriss der nicht mehr benötigten alten Gebäudeteile hat begonnen. Die Mitarbeiter sind zuvor nach Oberhone umgezogen.
November 2018 Die Kostenberechnung wird konkreter. Der Gesamtpreis droht auf 15 Millionen Euro aufgrund von Baukostensteigerungen anzusteigen. Der Bau wird vorerst gestoppt. Der Kreistag muss erneut entscheiden.
März 2019 Der Werra-Meißner-Kreis kündigt den Vertrag mit dem Sieger des Architekturwettbewerbs. Der kreiseigene Architekt Theodor Sternal übernimmt die weiteren Planungen. Einige Umbauideen werden zurückgenommen.
Juni 2019 Die neue Kostenberechnung beläuft sich auf 12,5 Millionen Euro und wird so vom Kreistag genehmigt.
September 2020 Der Spatenstich für den Neubau wird vollzogen. Nach und nach wird die Baulücke zwischen den Anlagen und der Fortgasse geschlossen.
Juli 2021 Für den Neubau des Gebäudeteils C wird Richtfest gefeiert. Einen Monat später steht auch der Rohbau von Gebäudeteil D.
Februar 2022 Noch mal eine Preissteigerung um fünf Prozent: Der Bau des Verwaltungszentrums verteuert sich um rund 650 000 Euro. Die Kostensteigerung begründet sich in der Knappheit der Rohstoffe auf dem Weltmarkt und den damit einhergehenden Preiserhöhungen. Am Ende sollen sich die Kosten auf 13,6 Millionen Euro belaufen.
Februar 2023 70 Prozent der Schlussrechnungen sind eingegangen. Es scheint, als würden die Kosten nicht überschritten werden.
März 2023 Der Umzug beginnt. (Tobias Stück)
Akten vor Umzug digitalisiert
Die IT hat wie alle Abteilungen für jeden Mitarbeiter drei Kartons zur Verfügung gestellt bekommen. Die füllen die Verwaltungsmitarbeiter mit laufenden Akten und stellen sie vor die Bürotür. 80 Prozent der Akten wurden vorzeitig digitalisiert. 400 bis 500 Kartons werden so trotzdem noch zusammenkommen. Die Spedition Vogelei ist mit vier bis sechs Mitarbeitern vor Ort und sorgt in den nächsten Wochen dafür, dass die Utensilien der 120 Beschäftigten in den neuen Büros ankommen.

Der IT folgt in der nächsten Woche der Fachbereich 1, der für Personal und Zentrale Dienste zuständig ist. Anschließend ziehen Jugend und Familie sowie Soziales und Senioren um. Zum Schluss zieht die Verwaltungsleitung und -steuerung um. „Während der Umzüge kann es zu Einschränkungen in der Erreichbarkeit bei den betroffenen Organisationseinheiten kommen“, sagt die Sprecherin des Kreises, Sylvia Weinert. Die Durchwahlen und E-Mail-Adressen der Ansprechpartner ändern sich durch den Umzug nicht. Die neue Hausadresse ändert sich in Schlossplatz 1 und 9.
Modernes Kommunikationssystem am Eingang
Wer die neue Kreisverwaltung betritt, kann über ein Kommunikationssystem im Eingangsbereich Kontakt mit seinem Sachbearbeiter aufnehmen. Einen Empfang gibt es aber auch noch. Gespräche finden dann in den Besprechungsräumen statt, die es von sechs bis 80 Personen gibt – flexible Trennwände machen es möglich. Im größten Sitzungssaal mit großen Monitoren und ständig frischer Zuluft können auch Ausschusssitzungen stattfinden. Im Katastrophenfall wird hier die Zentrale eingerichtet, damit das Leben im Kreis weitergeht.

Regenerative Energien
Strom kommt auch von der PV-Anlage auf dem Dach. Im Keller des Gebäudes befinden sich nicht nur die Pelletheizung und der Fahrradraum, sondern auch das Notstromaggregat, das für mindestens zwei Wochen Strom liefert. Und noch eine Besonderheit hat hier unten überlebt: Der alte Tresorraum der früheren Kreissparkasse mit der Stahl-Betontür ist noch voll funktionsfähig. Statt Gold werden hier jetzt allerdings Akten eingelagert. In dem Tresorraum unter der Erde ist es sogar noch leiser als in den Büros.
