Lüderbacher Auswanderer suchten woanders ihr Glück

Mit der Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert gingen viele in die USA – wie Schuster Schnell aus Lüderbach.
Lüderbach – Aus dem kleinsten der Ringgauer Ortsteile Lüderbach sind überraschend viel Menschen in die weite Welt ausgewandert. So zumindest hat es der Heimatforscher Manfred Adam recherchiert. Von einigen der im 19. Jahrhundert in die USA ausgewanderten, ließen sich anhand von Fotos und Briefen Details erkunden – einige Bilder fanden sich erst kürzlich auf dem Dachboden der alten Posthalterei in Lüderbach.
Zwei der alten Fotos zeigen Holzhäuser, deren Baustil typisch amerikanisch ist und auf die Zeit vor 1900 hindeutet. Das stattliche Wohnhaus wirkt nicht hessisch, es erinnert eher an alte schwedische Herrenhäuser aus jener Epoche – oder eben an amerikanische Farmerhäuser.
Aus dem Ringgau in die USA
Somit ergab sich für Adam die Frage, warum in einem 300 Jahre alten Lüderbacher Haus Fotos von Häusern liegen sollten, die viel mehr nach Amerika zur Zeit vor mehr als 100 Jahren zu verorten sind? Naheliegend war, dass sie von Auswanderern aus Amerika in die alte Heimat geschickt worden waren.
In dem Buch „800 Jahre Lüderbach“ ist dokumentiert, dass mindestens 33 Lüderbacher emigriert sind, 13 von ihnen in die Vereinigen Staaten. Bekannt ist diese Tatsache, weil Auswanderer seinerzeit in Deutschland amtlich registriert wurden.
Lüderbacher suchten ihr Glück in den USA
Darunter befand sich auch ein Adam Schnell, geboren 1863 in dem Haus, Eichenbergstraße 3. Der Schuhmacher war 1863 zunächst nach Dysart im Bundesstaat Iowa ausgewandert. Weil viele seiner Nachkommen ebenfalls Schuhmacher waren, hieß das Gebäude noch bis vor kurzem „Schusters“. Aus dem Stammbaum von einem Freund Adams aus San Diego konnte er entnehmen, dass der Auswanderer 1885 eine Frau Eleonora Gonnermann aus Heinebach geheiratet hat, die fast zeitgleich in die USA – damals erst 18-jährig – ausgewandert war. Adam Schnell lernte sie erst in Bradford kennen und heiratete sie 1885. Sie starb 1933, Adam Schnell 1941.
21 Jahre nachdem Adam Schnell Lüderbach für immer den Rücken gekehrt hatte, folgte ihm sein ehemaliger Nachbar aus der Eichenbergstraße 1, der Zimmermann Georg Schnell 1884 nach Iowa nach. Sein Zielort war Ashton, rund 350 Kilometer von Dysart entfernt. Alle Orte liegen mehrere Hundert Kilometer westlich von Chicago.
Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert: aus dem Ringgau in die USA
Die Schnells hatten sich in den Staaten des mittleren Westens angesiedelt, dort wo bereits andere Aussiedler aus Deutschland lebten. Dass das Wohnhaus keinesfalls deutschen Häusern aus dieser Zeit ähnelt, zeigt die Bauform, aber auch die Hausfassade mit Brettern. Auch dass die Häuser offenbar ziemlich allein standen, ist typisch für die frühen amerikanischen Ansiedlungen aus der Gründerzeit.
Die Scheune mit dem Türmchen steht heute noch. Sie wurde 1898 von Adam Schnell aus Lüderbach gebaut. Das Wohnhaus der Farm hatte er bereits 1893 gekauft, acht Jahre nach seiner Hochzeit. Auf dem Foto ist Adam Schnell mit seiner Familie und möglicherweise weiteren Verwandten zu sehen. Man erkennt, so Manfred Adam, schon an den stattlichen Gebäuden, dass sich die Familie in Amerika innerhalb von rund 30 Jahren einen beachtlichen Wohlstand erarbeitet hatte – kein Vergleich zu ihren Verwandten, die in Deutschland geblieben waren.