Sie steht nicht alleine: Patronatskirche von Völkershausen ist in Gutsanlage integriert

Völkershausen. 85 Gotteshäuser der evangelischen Kirche gibt es im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung – jede Kirche hat mindestens eine spannende Geschichte zu erzählen. Die Patronatskirche in Völkershausen ist die einzige, die nicht alleine steht.
Egal aus welcher Richtung man nach Völkershausen einfährt – den Turm der Kirche erkennt man schon von Weitem. Wenn man dann erst mal im Ort ist, wird es schwieriger, die Kirche zu finden.
Denn die Völkershäuser Kirche hat eine Besonderheit: Sie ist Teil der Gutsanlage und befindet sich im Innenhof des Guts Völkershausen. Sie ist nicht wie alle anderen 84 Kirchen des Verbreitungsgebiets allein stehend, sondern mit dem Gebäudekomplex verbunden.
Kirchengebäude an der Stelle bereits seit 1200 Jahren
Diese Symbiose ist geschichtlich bedingt. Schon seit 1200 Jahren steht an dieser Stelle wohl ein Kirchengebäude. Schriftliche Beweise dafür gibt es nicht. Wohl aber einen architektonischen: Während der Renovierung der Völkershäuser Kirche 1971 wurde unter dem Altar eine Hufeisenapsis gefunden. Die Apsis ist ein im Grundriss halbkreisförmiger Raumteil, der ein typischer Bestandteil von antiken Basiliken ist.
Im frühen Kirchenbau bis in die Karolingerzeit schloss sich die Apsis unmittelbar an das Hauptschiff der Kirche an. „Die Apsis ist leider nicht mehr zu erkennen, weil sie während der Renovierung von Arbeitern mit Beton übergossen wurde“, erinnert sich Christa von Roeder, wie ihr Mann und Patronatsherr Hans von Roeder das Monument retten wollte.
Heute existiert lediglich eine Zeichnung von dem architektonischen Detail, das auf die Entstehung der Kirche zur Zeit des Heiligen Bonifatius im achten Jahrhundert hindeutet. Damit gehört die Kirche in Völkershausen zu den ältesten Gotteshäusern im hessisch-thüringischen Grenzgebiet.
Der Kirchturm wurde aufwändig saniert
Das Kirchengebäude hat die Jahrhunderte nicht überdauert. Spätestens im Dreißigjährigen Krieg wurde sie 1630 durch Tillys Truppen zerstört. Lediglich der Wehrturm, der im frühen 15. Jahrhundert gebaut wurde, überstand den Angriff. Heute erstrahlt der Turm hoch über den Dächern des Dorfes in besonderer Schönheit: dank des Kirchenerhaltungsfonds und zahlreicher Spenden aus der Bevölkerung und der Familie von Roeder. 110.000 Euro hat die Renovierung 2011 gekostet. Über 30.000 Euro waren an Spenden zusammengekommen, die der Kirchenerhaltungsfonds verdoppelte.
Die heutige Kirche stammt aus dem Jahr 1729
1200 Jahre gibt es eine Kirche an diesem Standort in Völkershausen, die Architektur hat sich im Laufe der Zeit stetig verändert. Das Gebäude, wie es heute noch steht, stammt aus dem Jahr 1729. Der schlichte Barock ist es, der die Kirche in Völkershausen ausmacht.
Und das helle, freundliche Innere. „Es ist eine Kirche der Jahreszeiten“, sagt Kirchenvorstandsmitglied Marietta von Stryk. Durch die großen Fenster, die jetzt ebenfalls mithilfe der Kirchenerhaltungsstiftung renoviert wurden, kann man die Veränderung in der Natur beobachten.
Die Patronatskirche als Event-Kirche
Während der Renovierung 1971 wurde die Kirche zukunftsweisend verkleinert. Denn die Gemeinde ist geschrumpft. Weniger als 200 Gemeindemitglieder gibt es noch in Völkershausen. Richtig voll wird es hier meist nur noch an Weihnachten – oder bei Hochzeiten.

Seitdem die Familie nebenan eine alte Scheune zum Feiersaal umgebaut hat, läuft es auch mit Trauungen in der Kirche besser. „Die Menschen wollen den Eventcharakter und den können wir ihnen hier bieten“, sagt Pfarrerin Barbara Kunstmann.
Das ist eine Patronatskirche in Völkershausen
Auch wenn die Kirche in Völkershausen Teil des Gebäudeensembles des Gutshofes ist, gehört das Kirchengebäude der Kirchengemeinde. Sie firmiert allerdings weiterhin als Patronatskirche. Das Kirchenpatronat ist die Schirmherrschaft eines Landes- oder Grundherrn über eine Kirche, die auf seinem Gebiet liegt. In diesem Fall hält die Familie Roeder von Diersburg das Patronat. Patronatsherr ist zurzeit Peter von Roeder, der das Amt 2010 von seinem Vater Hans von Roeder übernommen hat.
Pflichten hat der Patronatsherr heute keine mehr. „Da ich aber immer vor Ort bin, achte ich in besonderer Weise auf unsere Kirche“, sagt Peter von Roeder, der es als eine besondere Ehre empfindet, weiterhin als Patronatsherr zu fungieren. Pfarrerin Barbara Kunstmann und der Kirchenvorstand hatten sich gewünscht, dass Peter von Roeder das Amt weiter ausführt. „Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass jemand für die Kirche Verantwortung übernimmt“, sagt die Pfarrerin. Einen Küster gibt es hier nicht mehr. Die Aufgaben übernehmen weitestgehend die Mitglieder des Kirchenvorstands.