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Bürgerversammlung: Wanfrieds Marktstraße von Verkehr befreien

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Von: Theresa Lippe

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Erklärt die im September durchgeführte Verkehrsuntersuchung: Diplomgeograph Holger Heering von der Firma LK-Argus in Kassel.
Erklärt die im September durchgeführte Verkehrsuntersuchung: Diplomgeograph Holger Heering von der Firma LK-Argus in Kassel. © christoph braun/NH

Am Donnerstag (26. Jan.) fand Wanfrieds erste Bürgerversammlung des Jahres statt. Rund 80 Gäste waren der Einladung von Stadtverordnetenvorsteher Klaus Krämmer in den Bürgersaal gefolgt.

Wanfried – Wanfrieds Innenstadt attraktiver machen und dabei die Marktstraße von unnötigem Durchfahrtsverkehr befreien – das war der Fokus der jüngsten Bürgerversammlung am Donnerstagabend. Gleich zwei Experten-Teams waren vor Ort, um den Bürgerinnen und Bürgern Wanfrieds ihre Präsentationen zu zeigen. Den Anfang machte Martin Ruppert vom Städtebauunternehmen „Big-Bau“.

Innenstadtkonzept

Gemeinsam mit dem Städtebauunternehmen hat Wanfried sich bereits im Jahr 2021 um ein Förderprogramm des Landes Hessen bewerben. Dafür müssen nachhaltige Projektideen vorgelegt werden. Bis 250 000 Euro Förderung können so für ein Innenstadtbudget generiert werden, dazu kommen zehn Prozent Eigenanteil. Es könnte also mit 257 000 Euro geplant werden.

Ziel des Förderprogramms sei es, so Ruppert, dass Kommunen mit Akteuren vor Ort ihre Innenstädte neu denken und gestalten. Ein übergeordneter Bestandteil der Ausarbeitung in der Kommune soll dabei die Erstellung eines Innenstadtkonzepts (ISEK) sein. Angedacht waren dafür gleich drei Projekte:

Doch die Laufzeit endet am 31. Dezember, weshalb der Umbau des alten Schulgebäudes nicht mehr berücksichtigt werden kann: „Der Umbau ist schlichtweg nicht bis Jahresende fertig“, sagt Ruppert. Doch die zwei anderen Punkte seien weiterhin von Interesse. So ist für die Marktstraße ein Verkehrskonzept vorgesehen, eine Verkehrsverlagerung, punktuelle Umbaumaßnahmen, Begrünung und Möblierung.

Für die digitalen Infomöglichkeiten wurden unter anderem digitale Litfaßsäulen und eine Stadtführung per QR-Codes als Beispiele genannt. Für konkretere Pläne des ISEK wird am 30. März ein Bürger-Workshop stattfinden, bei dem Wanfriederinnen und Wanfrieder mitmachen können. „Das ist eine historische Chance, sich bei der Planung mit einzubringen“, wirbt Bürgermeister Wilhelm Gebhard für den Workshop.

Verkehrsuntersuchung

Daran anschließend stellte die Firma LK-Argus die Ergebnisse ihrer Verkehrsuntersuchung in Wanfried vor. „Auf der Marktstraße fahren täglich deutlich mehr Autos als auf der vorgesehenen Umgehungsstraße“, erklärt Diplomgeograph Holger Heering. Für eine Stadt in der Größe von Wanfried sei das eine sehr hohe Verkehrsbelastung. Am 13. September 2023 wurde für die Untersuchung an fünf Knotenpunkten im Wanfrieder Straßenverkehr eine 24-stündige Querschnittserhebung vorgenommen, zusätzlich wurde an vier weiteren Stunden eine Kennzeichenerfassung über zwei mal vier Stunden (6 bis 10 Uhr und 15 bis 19 Uhr) vorgenommen.

Die Knotenpunkte waren:

Bei der Querschnittzählung wurde ebenfalls die Geschwindigkeit der Fahrzeuge erfasst. So fuhr der Durchschnitt mit 33 km/h durch die Marktstraße, als Höchstgeschwindigkeit wurden jedoch 60 km/h gemessen – es gilt Tempo 30.

Zwischen 0 und 24 Uhr fahren laut der Verkehrserhebung im Schnitt 273 Zweiräder durch die Marktstraße, davon 167 Fahrräder. Insgesamt 3227 Autos wurden gezählt, 592 Lieferwagen bis 3,5 Tonnen und 77 Lkw und Busse.

In Summe waren innerhalb eines Tages also 4176 Fahrzeuge auf der Marktstraße unterwegs. Zu viele, finden viele Anwohner, Bürgermeister Gebhard und auch die Experten vom Verkehrsplanungsbüro. Im Vergleich wurde auf der Umgehungsstraße im Jahr 2015 Belastungszahlen von 2368 Fahrzeugen erhoben, also deutlich weniger. Und das, obwohl mit Schildern auf die Bundesstraße für die Umgehung hingewiesen wird.

„Viele Ortskundige nutzen die Marktstraße als vermeintliche Abkürzung“, erklärt Heering. Aber auch Binnen- und Durchgangsverkehr sei zu verzeichnen. Zwar ist die Strecke über die Marktstraße kürzer (2,1 Kilometer vs. 3,6 Kilometer), doch sei die Fahrtdauer nur marginal kürzer. Beide Strecken sind in knapp vier Minuten zu fahren.

Ziel sei es nun, den unnötigen Verkehr aus der Wanfrieder Innenstadt zu verdrängen, und die Bundesstraße zur Haupverkehrsachse in der Nord-Süd-Verbindung zu machen. „Zirka 85 Prozent des Verkehrs kann verlagert werden“, sagt der Experte.

Maßnahmen

Um die Marktstraße von unnötigem Verkehr zu befreien, seien drei Lösungen denkbar, die gegebenenfalls als Verkehrsversuch durchgeführt werden könnten. Zum einen eine Änderung der Verkehrsregelung mit abknickender Vorfahrt im Verlauf der Bundes- und Landesstraße und eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 20 (Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich). Auch eine Straßenraumanpassung könnte eine Option sein. Zum anderen sei eine Anpassung der Fahrspur möglich, wobei mit alternierenden Fahrbahnverengungen gearbeitet werden würde: beispielsweise mit Markierungen oder festen Einbauten.

Als dritte Option stellte Heering bauliche Maßnahmen vor: eine Aufpflasterung, also eine Erhebung der Fahrbahn zur Verkehrsberuhigung oder ein Komplettumbau. Dabei fiel der Begriff „Shared Space“, also ein gemeinsamer Raum, bei dem die Grenzen zwischen Gehweg und Fahrbahn verschwinden. Bekannt ist dieses Modell bereits aus Eschwege an der Kreuzung der ersten Werrabrücke. „Wir werden testen, welche Lösung für Wanfried am besten funktioniert“, sagt der Bürgermeister. Die Sitzung dauerte knapp anderthalb Stunden. (Theresa Lippe)

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