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Werra-Meißner-Kreis: Kein Anstieg bei der Sperrmüllentsorgung in der Natur

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Von: Tobias Stück

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Vermehrt wird illegal im Wald entsorgter Müll im Werra-Meißner-Kreis entdeckt. Laut Zweckverband Abfallwirtschaft sorge die Abholgebühr nicht für mehr wilde Entsorgung.

Werra-Meißner – Vermehrt finden Bauhof- und Forstmitarbeiter wild abgelagerten Müll in der Natur des Landkreises. Zuletzt wurden bei Albungen eine halb verbrannte Küche und ein Badezimmer im Wald entdeckt. Dietrich Bräuer, stellvertretender Leiter des Forstamtes Wehretal, vermutet einen Zusammenhang zwischen der illegalen Entsorgung und der Einführung einer Gebühr für den Sperrmüll. Zahlen des Abfallzweckverbandes belegen diese Theorie allerdings nicht.

2019, also vor Einführung der Sperrmüllgebühren und ohne Auswirkungen der Pandemie, als viele Keller und Speicher entrümpelt haben, hat der Abfallzweckverband 2.265 Euro für die Entsorgung von Abfällen, die Mitgliedskommunen oder Forstämter angeliefert haben, gezahlt. Der Zweckverband Abfallwirtschaft (ZVA) und damit alle Gebührenzahler tritt immer dann in Vorleistung, wenn kein Verursacher für den Müll, der auf öffentlichen Flächen entsorgt wurde, gefunden wird. 2021 sank dieser Betrag auf 1.678 Euro, 2022 auf 1.238 Euro.

Sperrmüll und anderer Abfall wird heute in getrennten Containern gesammelt und zu unterschiedlichen Abfallaufbereitungsanlagen gebracht.
Sperrmüll und anderer Abfall wird heute in getrennten Containern gesammelt und zu unterschiedlichen Abfallaufbereitungsanlagen gebracht. © Julia Stüber/nh

Abfallzweckverband: „Oft handelt es sich bei den illegalen Abfällen“ im Werra-Meißner-Kreis

Diese Zahlen hat der Geschäftsführer des Abfallzweckverbandes, Matthias Wenderoth, auf Anfrage unserer Zeitung veröffentlicht. Er sieht keinen Zusammenhang zwischen der Einführung der Sperrmüllgebühr und einer erhöhten illegalen Entsorgung. Auch die Mitgliedskommunen hätten bisher nur vereinzelt mehr illegale Ablagerungen festgestellt als in der Vergangenheit. „Oft handelt es sich bei den illegalen Abfällen um Bauschutt, Altreifen, Schrott, Baustellenabfälle wie Türen, Fenster und Sanitärteile oder Restmüll in Säcken“, sagt Wenderoth.

Diese Art von Abfall sei aber schon zuvor vom von der Sperrmüllentsorgung ausgeschlossen gewesen. Illegale Abfälle fänden sich zudem oft an oder in der Nähe von überregionalen Straßen. „Dies lässt auch Verursacher von außerhalb des Verbandsgebietes vermuten“, sagt Wenderoth. Ob wegen der neuen Gebühren oder nicht: „Die Müllentsorgung in der Natur ist ein Unding“, sagt Bräuer. Neben der Verschmutzung und der Gefahr für Pflanzen und Tiere müssten Forstamt und Kommunen die Entsorgung organisieren. Das koste Zeit und Geld.

Sperrmüllmengen deutlich über Durchschnitt

2021 haben die 13 Kommunen des Abfallzweckverbands sowie die Stadt Eschwege die Gebühr von 30 Euro pro Abholung für Sperrmüll eingeführt. Witzenhausen war bereits 2016 Vorreiter. Der Grund: Die Sperrmüllmengen im Verbandsgebiet lagen je Einwohner im Jahr 2019 mit fast 44 Kilogramm um 56 Prozent über dem Landesdurchschnitt Hessen. Das hat sich mit Einführung der Gebühren angeglichen. 2021 liegt der ZVA etwas unter dem Landesdurchschnitt. (ts)

Gebühr für Sperrmüll soll Lenkungseffekte bei der Entsorgung im Werra-Meißner-Kreis haben

Die Einführung der Sperrmüllgebühr sollte einen erzieherischen Effekt haben. Vorher lagen die Sperrmüllmengen im Verbandsgebiet je Einwohner um 56 Prozent über dem Landesdurchschnitt Hessen. Das hat sich mit Einführung der Gebühren angeglichen. 2021 liegt der Abfallzweckverband etwas unter dem Landesdurchschnitt. „Die Gebühr hat nicht nur Finanzierungsgründe, sondern auch Lenkungseffekte“, sagt Geschäftsführer Matthias Wenderoth.

Die 30 Euro für die einmalige Sperrmüllabholung deckt längst nicht die Kosten, die dadurch entstehen, heißt es vonseiten des Abfallzweckverbands. „Es ist eine Verwaltungsgebühr, die den Aufwand nur anteilig deckt“, sagt Wenderoth. Im Jahr 2022 wurden pro Termin von den Haushalten durchschnittlich 343 Kilogramm Sperrmüll bereitgestellt und entsorgt. Die Menge sei indes deutlich angestiegen, weil sich Haushalte für eine Abholung zusammenschließen würden.

Matthias Wenderoth Abfallzweckverband
Matthias Wenderoth, Abfallzweckverband © Privat/nh

Die reinen Sammel- und Entsorgungskosten je Abholung liegen bei rund 120 Euro – ohne Verwaltungsanteil. „Die Gesamtkosten für die Sperrmüllsammlung und die Entsorgung betrugen 2022 insgesamt 419.000 Euro, durch die Sperrmüll-Anmeldegebühren haben wir 115.000 Euro eingenommen, erklärt Wenderoth.

Private Anlieferungen im Werra-Meißner-Kreis seit Sperrmüllgebühr „erheblich angestiegen“

Vor Einführung der Gebühr waren die Sperrmüllkosten, die auf alle Gebührenzahler umgelegt werden, deutlich höher. 2020 waren es nach Angaben des Abfallzweckverbands 620.000 Euro, 2021 wurden 890.000 Euro prognostiziert. Diese Kosten wurden über die Grundgebühren der Restmüllbehälter finanziert. Allerdings hätten weit weniger als die Hälfte der Restmüll-Gebührenzahler auch wenigstens einmal im Jahr Sperrmüll beantragt.

„Die pauschale Abrechnung widerspricht daher dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit“, sagt der Vorsitzende des Abfallzweckverbands, Friedhelm Junghans. Neben der „verursachergerechten Beteiligung“ an den Kosten soll ein Anreiz zur Abfallvermeidung geschaffen werden. Altmöbel könnten beim Neukauf beispielsweise an den Händler zurückgegeben werden, der Secondhand-Handel könnte bedacht werden, Metallteile könnten beim örtlichen Schrotthandel abgegeben werden und die Selbstentsorgung auf dem Restwerthof in Weidenhausen wäre ebenso eine Alternative.

An der Abfallentsorgungsanlage in Weidenhausen kann für pauschal 15 Euro Rest- und Sperrmüll angeliefert werden, soweit die Menge im Einzelfall unter 200 Kilogramm bleibt. Das werde vermehrt genutzt. Die Anzahl und Menge der privaten Kleinanlieferungen von Rest- und Sperrmüll seit Einführung der Sperrmüllgebühr sei „erheblich angestiegen“, heißt es vonseiten des Werra-Meißner-Kreises. (Tobias Stück)

So viel Strafe kostet illegale Müllablagerung

Wie Polizeisprecher Jörg Künstler von der Polizeidirektion Werra-Meißner erklärt, wird die illegale Müllentsorgung mit einem Bußgeld geahndet, falls man die Täter ausmacht. Je nach Größe und Gewicht des Mülls wird es teurer.

Treten dann auch noch Schadstoffe aus, die die Natur- und das Tierreich gefährden können, etwa Kühlmittel oder Öl, kann es je nach Schwere bis zu 5.000 Euro kosten. Hier sei auch ein Straftatbestand denkbar, so Künstler.

Nach dem Bußgeldkatalog staffeln sich die Kosten für die Vergehen so:

Hausmüll

Unbedeutende Produkte, wie Einweggeschirr, Taschentücher, Zigarettenschachteln, Bananenschalen und flüssige Abfälle bis 0,5 Liter, wie Farbe und Spülmittel: 10 Euro.

Mehrere unbedeutende Produkte einer Art, Gegenstände von gewisser Bedeutung, wie Geschirr, Kochtopf, Kleidungsstücke, flüssige Abfälle von 0,5 bis zu einem Liter: 20 Euro.

Gegenstände mit scharfen Kanten, ätzenden und/oder schneidenden Eigenschaften wie Scherben, Glasflaschen, rostige Nägel, Eisen- und Blechreste: 20 bis 100 Euro.

Gegenstände bis zu zwei Kilogramm, flüssiger Abfall bis zu zwei Liter: 20 bis 50 Euro.

Gegenstände über zwei Kilogramm oder Flüssiges über zwei Liter; ebenso Schadstoffe wie Batterien, Lacke und Altöl: 50 bis 1.500 Euro.

Sperrmüll

Kleinere Gegenstände wie Radio, Stuhl oder ein Korb: 50 bis 150 Euro.

Einzelne größere Gegenstände wie ein Kühlschrank, Kommode, Badewanne oder mehrere Gegenstände kleinen Umfangs wie eine Nähmaschine und ein Heizkörper: 100 bis 300 Euro.

Gegenstände bis zu 100 Kilogramm: 100 bis 400 Euro.

Gegenstände mit einer Menge über 100 Kilogramm: 400 bis 1.500 Euro.

Sperriges mit Schadstoffen, etwa Asbesthaltiges, Kühlschrank: 150 bis 2.500 Euro.

Altreifen: bis zu fünf Stück: 75 bis 100 Euro, über fünf Stück: 200 bis 1.000 Euro.

Fahrzeuge wie Fahrräder und Mopeds: 50 bis 200 Euro; Pkw: bis zu 1.500 Euro; Lkw, Anhänger, Wohnwagen, Traktor: bis zu 3.000 Euro. Bei mehrmaligen Entsorgen von Altfahrzeugen bis zu 5.000 Euro.

Schadstoffe

Altöl: bis 5 Liter: 25 bis 50 Euro; bis 20 Liter: bis zu 250 Euro; ab 20 Liter: 250 bis 5.000 Euro.

Bauschutt: bis ein Kubikmeter: 50 bis 250 Euro, bis 5 Kubikmeter: 200 bis 500 Euro, ab 5 Kubikmeter: bis zu 2.000 Euro.

Pflanzlicher Abfall: je nach Menge: 50 bis 1.000 Euro.

Weitere Infos: bussgeldkatalog.org/umwelt-muell/#hes (jes)

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