Landwirtin in Witzenhausen sieht Existenz durch Suedlink-Trasse in Gefahr

Die diagonale Durchschneidung eines Ackers durch die Suedlink-Trasse wird als problematisch angesehen.
Unterrieden – Wina Diekhof sorgt sich um die Existenz ihrer Marktgärtnerei. Die im Witzenhäuser Stadtteil Unterrieden ansässige Vollerwerbslandwirtin hat sich 2015 selbstständig gemacht und auf Sonderkulturen wie Knoblauch, Chili, Möhren und anderes Gemüse spezialisiert. Nun soll, weist die inzwischen auf Flurstückschärfe festgelegte Planung von Netzbetreiber TransnetBW aus, ihr größter und von der Bodenqualität her auch bester Acker diagonal von der bis zu 45 Meter breiten Trasse durchschnitten werden.
Das würde für Diekhof gleich mehrere Nachteile bedeuten, wie sie sagt: Die vier Hektar große, rechteckige Fläche zwischen Bundesstraße 80 und Mühlgraben im Norden von Unterrieden würde in zwei dreieckige Areals geteilt, die dann beide in der vier- bis fünfjährigen Bau-, Vor- und Nachbereitungsphase nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden könnten. Entsprechend könne sie, die ihre Ware im Direktverkauf vermarktet, ihre Kunden in diesem Zeitraum nicht mehr wie gewohnt mit Ware versorgen.
Während der fünf Jahre könne Diekhof lediglich halb so viel Ware anbieten, hat Uwe Roth ausgerechnet. Der Geschäftsführer des Kreisbauernverbands, der die Landwirtin beratend unterstützt, geht davon aus, dass sie vorerst nur noch 40 Prozent des Ackers nutzen kann. Ob danach alle Kunden Diekhofs wieder zurückkehren, bezweifelt auch er.
Außerdem wollte Diekhof, nachdem der nahe, dort auch Mühlgraben genannte Karlsbach in den vergangenen Jahren nicht mehr so viel Wasser führte und überdies dessen Nutzung wegen der Dürre auch eingeschränkt wurde, auf dem Acker einen Brunnen bohren lassen. Der sinnvollste Punkt dafür war schon gefunden, dummerweise befindet er sich laut Diekhof auch im Bereich des Schutzstreifens.
Zwei Alternativ-Varianten halten sie und Roth für denkbar. Zwischen den Unterbohrungen von B 80 und Karlsbach auf eine Offenverlegung der Stromkabel verzichten und durchbohren, lautet die vermutlich teurere Variante. Die andere würde eine Verschiebung der Trasse um einige Meter nach Westen bis nahe an die Kläranlage und damit in einem leichten Bogen um den Diekhof-Acker bedeuten. „Für uns ist das ein großer Unterschied, für den Trassenverlauf ein kleiner“, meinen Diekhof und Roth.
Volle Unterstützung für ihr Anliegen hat die Landwirtin von der Stadt Witzenhausen und dem Ortsbeirat. Sie fordern eine etwa 50 Meter westlichere Trassenführung. In ihren Stellungnahmen an Transnet BW heißt es, man könne keine technischen Hindernisgründe erkennen, diese alternative Planung umzusetzen. Und die Akzeptanz „des durchaus umstrittenen Bauvorhabens“ in Unterrieden stiege durch eine Trassenänderung „erheblich“.
Neue Vorschläge, heißt es dazu von TransnetBW, „müssen (...) nach den Planungsgrundsätzen nicht mehr nur gleichwertig sein, sie müssen besser sein als ebendieser“. Dies sei der Fall, erläutert Bürgerreferentin Hanna Jansky auf Anfrage unserer Zeitung, wenn der Trassenverlauf kürzer ist oder Bohrungen vermieden werden können oder ein Raumwiderstand umgangen wird, der bislang nicht bekannt war. Zusätzliche Bohrungen aber seien „ein Zeit-, Kosten und Ressourcenrisiko und nach unserem jetzigen Kenntnisstand nicht genehmigungsfähig“. Und eine alternative Trassierung löse „neue Betroffenheiten“ aus.
Eine Existenzgefährdung durch das Bauvorhaben könne in der Planung berücksichtigt werden. Allerdings müsse dies von einem Gutachter festgestellt werden. In diesem Fall übernehme TransnetBW auch die Kosten für das Gutachten.
Ansonsten bleibt Wina Diekhof auf den Kosten sitzen. Weil sie ihre Existenz durch das Megastromprojekt bedroht sieht, hatte sie für die Baugrunduntersuchung ein Betretungsverbot ausgesprochen. Wofür sie auch schon 1000 Euro zahlen musste – das ist die „Gebühr“ für eine Duldungsanordnung, die TransnetBW gegen sie veranlassen ließ.
„Die sind nur freundlich, solange du spurst“, sagt die Unterriederin über TransnetBW. Sie klingt frustiert: „Man fühlt sich ohnmächtig“. Aber noch hofft die Landwirtin – auch im Interesse ihrer 20 Mitarbeiter – auf irgendein Entgegenkommen. (sff)