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Zeitungsproduktion über etliche Umwege: Sturm Friederike sorgte für Systemausfall

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Von: Friederike Steensen

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Geschafft: Um 5.30 Uhr war auch die widerspenstige Tür zur HNA-Geschäftsstelle am Marktplatz wieder fest verschlossen. © Demmer

Witzenhausen. Wie produziert man eine Zeitungsausgabe, wenn weder Telefon noch Internet und Handynetzwerke funktionieren? Vor dieser Frage stand die HNA-Redaktion am Donnerstag. Rückblick auf einen turbulenten Tag:

13.15 Uhr: Mittagspause. Die Redaktion witzelt über die Namensgleichheit von Sturm und Redaktionsleiterin, da geht das Licht aus. Kurzer Stromausfall, denken wir. Draußen rast die Feuerwehr vorbei, die Redakteure Nicole Demmer und Stefan Forbert schnappen die Kameras: Die Einsätze wegen Sturmtief „Friederike“ haben begonnen.

14 Uhr: Es ist immer noch dunkel, die Bildschirme sind schwarz. Wir müssen dringend mit dem Layouter in Kassel absprechen, wie die Artikel über den Sturm aussehen sollen. Auch eine Online-Meldung für die Leser über die aktuelle Lage wäre gut. Handyvergleich: Wer hat Netz? Ein Balken auf dem Handy von Redakteurin Gudrun Skupio. Wir schaffen einen kurzen Anruf im HNA-Haupthaus, melden Strom- und Systemausfall und bitten den Layouter, zunächst die Seiten mit fertigen Texten zu füllen. Mehr können wir nicht tun. Redaktionsleiterin Friederike Steensen und Volontärin Elisa Brinkhoff gehen auf den Marktplatz zum Info-Team der Feuerwehr. Auch hier weiß man nur, dass die ganze Region ohne Strom ist, aber nicht, wie lange.

14.30 Uhr: Während die Redakteure vorsichtig Schäden fotografieren, geht in der Redaktion das Warten weiter. Es wird kalt, die Heizung ist ausgefallen. Ohne LTE-Netz auf den Laptops können wir nicht mal E-Mails senden. Niemand hat Handyempfang. Sollen wir auf gut Glück in eine Nachbarredaktion fahren und dort arbeiten? Und wenn die Kollegen auch keinen Strom haben? Wir können nicht fragen.

15 Uhr: Nicole Demmer kommt zurück. Sie beginnt, ihre Reportage in Word auf dem Laptop zu schreiben – der hat noch vier Stunden Akku.

16 Uhr: Nach vielen Versuchen kommt ein Anruf nach Kassel durch. Wir hören: Die Kollegen in Eschwege und Göttingen können arbeiten. Wir teilen uns auf: Es sind noch zwei Seiten zu füllen, der ganze Lokalteil muss noch Korrektur gelesen werden. Redaktionsschluss ist um 18 Uhr.

17 Uhr: Es gibt wieder Strom in Witzenhausen – aber nicht in der Redaktion. Nicole Demmer, die erneut bei der Feuerwehr war, beendet im Licht ihrer Handytaschenlampe ihre Reportage und diktiert sie Friederike Steensen am Telefon.

18.45 Uhr: Die Zeitung ist fertig, die Seiten auf dem Weg ins Druckhaus. Die Erleichterung ist groß – aber die Sturmerlebnisse sind noch nicht vorbei.

4.30 Uhr: Die Polizei klingelt Friederike Steensen aus dem Bett: Ein Zeitungsausträger hat entdeckt, dass die Schiebetüren an der HNA-Geschäftsstelle sperrangelweit offen stehen. Der Stromausfall muss den Schließmechanismus durcheinandergebracht haben, nun könnte jeder von der Straße in die Redaktion spazieren. „Können Sie schnell kommen und abschließen?“, fragt der Polizist. Nein, denn um Steensens Heimatort herum sind viele Straßen wegen Windbruch gesperrt, die Fahrt würde über eine Stunde dauern. Steensen ruft Nicole Demmer an. Die braucht bei Glatteis von Großalmerode nach Witzenhausen 30 Minuten, netterweise bewacht die Polizeistreife so lange die offenen Türen, damit niemand einbricht. „Das ist unser Job“, heißt es am nächsten Tag, als sich die Redaktion erneut bedanken will.

5.30 Uhr: Nicole Demmer hat den Türmechanismus überlistet, alles ist fest verschlossen. Endlich Feierabend.

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