Naturschützer in Bad Emstal entsetzt über radikale Baum-Entastung

Aufregung in Bad Emstal: Dort soll ein Landwirt an sein Feld angrenzende Obstbäume radikal verstümmelt haben, wie ein örtlicher Naturschützer beklagt.
Bad Emstal – Er sei schon ziemlich frustriert, gibt Hans-Bernd Schmidt zu. Seit mehr als drei Jahrzehnten setzt er sich in Bad Emstal unermüdlich für den Naturschutz ein, und dann passieren immer wieder Dinge, die ihn fassungslos machen. So kürzlich nahe dem Ortsausgang nach Breitenbach, hinter dem Solarpark. Am Lausebügel heißt die Gemarkung. Dort führt ein Feldweg hoch zum Wald, gesäumt von jahrzehntealten Obstbäumen. Die wurden jetzt einseitig gestutzt, „regelrecht verstümmelt“, ärgert sich der 62-Jährige.
13 gemeindeeigene Apfelbäume hat es dort erwischt. Alle wurden zur Ackerseite hin entastet. Das Schnittgut liegt noch zwischen den Bäumen.
Es hat allerdings nicht lange gedauert, da hatte man den Verantwortlichen ermittelt. Ein Landwirt aus einer Nachbarkommune, der den angrenzenden Acker gepachtet hat, war’s. „Der Bauer ist bekannt“, bestätigt Florian Schmid, der seit einem halben Jahr im Bad Emstaler Rathaus für die gemeindlichen Liegenschaften zuständig ist. „Die Gemeinde hat sich mit dem Verursacher in Verbindung gesetzt.“
„Wir haben ihn schriftlich ermahnt“, sagt Bad Emstals Bürgermeister Stefan Frankfurth (SPD) zu den Konsequenzen. Man habe dem Bauern mitgeteilt, „dass wir das nicht tolerieren, dass das Sachbeschädigung ist“. Der Baum treibe nun verstärkt zur anderen Seite aus. Deshalb habe man den Landwirt dazu verpflichtet, „dass er uns in den nächsten Jahren dabei hilft, die Bäume in Form zu bringen und uns dabei unterstützt, die Bäume zu pflegen“.

Äste stören Bauern, weil sie bei Arbeiten mit Maschinen im Weg sind
Die Äste von Bäumen an den Feldern stören die Landwirte, weil sie bei den Arbeiten mit den großen Maschinen im Weg sind. Beim Drehen bleiben die Trecker dann auch mal mit den Außenspiegeln hängen.
Ein Stück weit sieht Frankfurth auch eine Verantwortung bei der Kommune. „Es ist so, dass die Baumpflege durch die Gemeinde viele Jahre versäumt wurde.“ Nun habe man Geld für Pflegemaßnahmen bereitgestellt. „Wir sehen uns zurzeit alle Bäume an und wollen das dann im Herbst angehen.“
Den verstümmelten Obstbäumen am Lausebügel werde das nichts bringen, sagt Hans-Bernd Schmidt, der auch Vorsitzender der Bad Emstaler Gruppe des Naturschutzbundes (Nabu) ist. Er steht vor einem Exemplar, dem ein kräftiger Ast direkt am Kronenansatz abgesägt wurde. „Dieser Baum hat gar keine Chance zu heilen“, sagt Schmidt.
Den Naturschützer ärgert das Ganze umso mehr, da gerade ein vielversprechender Prozess in Gang gekommen ist zum Schwerpunkt Obst in der Landschaft, „weil wir uns schon Gedanken gemacht haben gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband des Landkreises und der Gemeinde“. Dabei geht es um die Frage: „Wie geht es weiter mit den Obstbäumen?“ Rund 350, sagt Schmidt, seien in allen Ortsteilen im Eigentum der Gemeinde, die signalisiert habe, „die Bäume in der Landschaft zu erhalten. Hier gibt es langsam ein Umdenken“. Der Wert der Obstbäume werde zunehmend erkannt.
Obstbäume in Bad Emstal sollen in Landschaftspflegekonzept einfließen
Zu den Überlegungen zähle, den Bürgern die Bäume und die Obsternte anzubieten. Entweder, indem man die Bäume verpachtet mit der Verpflichtung, sie auch zu pflegen. Eine weitere Variante sei, bestimmte Bäume mit einem gelben Band zu kennzeichnen, wobei die Ernte dann für jedermann zur kostenlosen Selbstbedienung zur Verfügung gestellt würde.
Das seien vielversprechende Ansätze, denn damit setze man sich auch für den Erhalt der Bäume ein. „Das ist ja auch ein Stück Kultur, die droht zu verschwinden“, sagt Hans-Bernd Schmidt. „Und dann wird man hier vor vollendete Tatsachen gestellt“, ärgert sich der 62-Jährige.
Florian Schmid von der Verwaltung bestätigt, dass weder der Eigentümer, noch der Pächter des Ackers sich vor dem Schnitt mit der Gemeinde in Verbindung gesetzt haben. Die Schnittaktion des Bauern sei gesehen worden. Mit Schlepper und Anhänger seien Landwirt und Helfer vorgefahren. „Einer ist gefahren, einer hat auf dem Wagen gestanden.“ So hoch, wie der Mann auf dem Hänger mit Säge und Astschere gekommen sei, so hoch wurden die Äste abgeschnitten. „Der Pächter des Ackers hat es zugegeben“, sagt Schmid.
„Das kann man denen nicht durchgehen lassen“: Ärger über Bauern
„Klar, da ist die Angst, mit dem Gerät hängen zu bleiben“, so Hans-Bernd Schmidt. „Aber so geht das nicht. Das kann man denen auch nicht durchgehen lassen. Das wäre dann ein Freifahrschein.“ Ähnliche Fälle habe es ja auch schon in Riede und Balhorn gegeben. Den Bauern sei der Ertrag der Bäume völlig egal, die interessiere nur der Ertrag ihres Ackers. Er wolle auch hier nicht den einen Bauern anklagen, betont Schmidt: „Die Bauern sind überall so.“ Und es seien auch nicht allein die Obstbäume, die sie in ihren breiten und hohen Fahrzeugen störten. „Wir hatten hier auch schon Heckenfrevel“, berichtet Schmidt. „Da ist bei den Hecken auf der Ackerseite alles abgeschlagen worden.“
Er und eine Handvoll Gleichgesinnter kämpfen gegen solche Auswüchse schon länger an. „Wir versuchen, die Leute zu begeistern.“ Für mehr Struktur in der Landschaft, für den Erhalt der Obstbäume in der Gemarkung. Die Bäume müssten zur Pflege und für eine gute Ernte geschnitten werden – aber vernünftig. Dazu gebe es jede Menge Literatur. Oder besser noch: Man macht einen der Schnittkurse, die beispielsweise in Naumburg alle Jahre wieder vom Raum für Natur angeboten werden.
„Wir wollen die Menschen zum Mitmachen bewegen“, sagt Hans-Bernd Schmidt, sie auch für den Erhalt der Obstbäume rund um den eigenen Wohnort begeistern. Und vielleicht schaffe man es ja auch noch, bei dem einen oder anderen Landwirt ein entsprechendes Bewusstsein für die Obstbäume zu wecken. (Norbert Müller)