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Die gibt es nur einmal im Jahr: die Himmelfahrtswecke

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Von: Norbert Müller

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Probelauf vor dem großen Backen in der Nacht zum Feiertag: Dirk Oliev (rechts) präsentiert Himmelfahrtswecken frisch aus dem Ofen, während Björn Knuth (links) und Winfried Rabanus weitere Teiglinge formen.
Probelauf vor dem großen Backen in der Nacht zum Feiertag: Dirk Oliev (rechts) präsentiert Himmelfahrtswecken frisch aus dem Ofen, während Björn Knuth (links) und Winfried Rabanus weitere Teiglinge formen. © Norbert Müller

Auf den ersten Blick ganz schlicht und einfach: Das Gebäckstück, das es nur einmal im Jahr gibt - und zwar am Himmelfahrtstag.

Die runden Dinger mit der markanten Vertiefung in der Mitte heißen dann auch Himmelfahrtswecke. Der Hüter des uralten Rezepts ist der Bad Emstaler Bäcker- und Konditormeister Dirk Oliev. Mit seinem Backstubenteam stellt er zum Himmelfahrtstag rund 6000 Exemplare des gehaltvollen, nicht zu süßen Gebäcks her.

Zum Wochenende hat er für die Wolfhager HNA-Redaktion schon mal einen Probelauf für das große Backen vor dem Feiertag unternommen.

Einst Spezialität aus Ehlen

Man merkt es dem Meister an, dass er selbst auch begeistert ist von dem Doppelbrötchen, das einst über Jahrhunderte, wie Oliev erzählt, eine Spezialität der Ehlener Bäcker war. Nur sie stellten die Wecke nach einer streng gehüteten Rezeptur her. Wie das Geheimnis in die Hände von Dirk Oliev kam? 2008 übernahm er die Bäckerei von Brigitte Zagorski in Ehlen und führte die Tradition der Himmelfahrtswecke weiter. Dazu bekam er auch die genaue Anleitung zur Herstellung des Gebäcks, dessen Wurzeln der Legende nach im Kloster Hasungen liegen.

Verbindung zum Kloster

Oliev kann von Mönchen erzählen, die an Himmelfahrt die Bewohner der umliegenden Dörfer auf den Berg zu einem Fest einluden. Und da soll es dann alle Jahre wieder – bis zur Auflösung des Klosters im 16. Jahrhundert – immer die süßen Teile gegeben haben. Die gerieten dann aber wohl mit dem Aus des Klosters erst mal in Vergessenheit, ehe die Spezialität im Jahr 1892 vom Ehlener Bäcker Butte wieder angeboten wurde.

Das Markenzeichen: Mit einem Glas-Stempel bekommt die Wecke das typische Loch.
Das Markenzeichen: Mit einem Glas-Stempel bekommt die Wecke das typische Loch. © Norbert Müller

Ob das nun alles genau so gelaufen ist über die Jahrhunderte und die Mönche auf dem Gipfel des Heiligen Heimerad tatsächlich die Ersten waren, die die Doppelwecke in den Ofen schoben, ist aus Sicht der Kundschaft, die sich auch in diesem Jahr wieder auf die Köstlichkeit freut, zweitrangig. Es sei auf jeden Fall ein traditionelles Gebäck, sagt Dirk Oliev, handwerklich mit großem Aufwand hergestellt.

Viel Ruhezeit

„Das ist ein schwerer Hefeteig mit einem hohen Butter-, Ei- und Milchanteil“, verrät der Bäckermeister. „Und weil er so wertvoll von den Zutaten ist, braucht der Teig viel Ruhezeit. Der wird zusammengeschlagen, dann ruht er wieder. Das ist ein hoher Zeitaufwand bei der Herstellung“. Vom Anrühren bis zum Backen brauche es rund vier Stunden. Die Teigreifung ist wichtig, da dürfe man nichts überstürzen.

Vom Ur-Rezept weicht Oliev nur beim Portionieren ab, das überlässt er einer Maschine. Aber alles danach bis zum Einschieben in den Ofen ist reine Handarbeit. Zwei von Olievs Mitarbeitern, Bäckermeister Winfried Rabanus und Geselle Björn Knuth, zeigen, wie es geht: Die erste Teigkugel wird mit der Hand platt gedrückt, dann ein zweiter Klops aufgesetzt und mit einem Glas-Stempel angedrückt. Dadurch entsteht das typische Loch in der Mitte. „Das kann man nur per Hand machen“, sagt Dirk Oliev. Danach gart der Rohling erneut eine Dreiviertelstunde bei 32 Grad und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit, ehe er für neun Minuten in den 230 Grad heißen Backofen wandert.

6000 Stück in einer Nacht

In der Nacht von Mittwoch auf den Feiertag, braucht die routinierte Truppe in der Backstube noch mal gut vier Stunden fürs Backen der 6000 Exemplare. „Dann ist alles durch“, sagt Dirk Oliev, und die duftenden, fluffigen Himmelfahrtswecke in Körbe gepackt unterwegs zu seinen Filialen in Ehlen, Dörnberg, Wolfhagen, Baunatal und Kassel. Und natürlich gibt es das Gebäck am Feiertag auch in der Zentrale in Bad Emstal-Sand.

Es gebe Kunden, sagt der Hüter der Rezeptur, die kaufen einen ganzen Schwung und frieren ihn ein, damit sie übers Jahr immer mal wieder in den Genuss kommen. Denn frisch aus der meisterlichen Backstube gibt es die Himmelfahrtswecken tatsächlich nur einmal im Jahr. (Norbert Müller)

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