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Kampf gegen Corona: Neue Maske tötet Viren - „...wollen ein stückweit die Welt retten“

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Von: Norbert Müller

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Kassel: Unternehmer entwickeln Maske die Viren abtötet
Hier geht es rund: Joachim Rees (links) und Alexander Liese an der chinesischen Maschine, die aus deutschem Vliesstoff Mund-Nasen-Bedeckungen herstellt. Liese trägt ein Exemplar aus eigener Produktion. © Norbert Müller

Eine Firma aus Bad Emstal (Kreis Kassel) stellt Masken mit spezieller Beschichtung her. Diese tötet Viren ab und kann deshalb auch bei der Eindämmung der Corona-Pandemie helfen.

Bad Emstal (Kreis Kassel) - Der Ansatz ist ambitioniert: „Wir wollen ein stückweit die Welt retten“, sagt Joachim Rees, Chef der Bad Emstaler Firma Multi-Plot. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Firma Kirchberger Maschinenbau, Alexander Liese, hat er sich daran gemacht, eine in Sachen Corona deutlich sicherere Gesichtsmaske herzustellen. Der Clou: Die Masken sind antiviral beschichtet.

Corona-Pandemie: Firma aus dem Kreis Kassel entwickelt innovative Maske

Der textile Digitaldruck und damit die Beschichtung von Stoffen ist die Domäne von Multi-Plot. Schon im April, sagt Rees, habe man begonnen, sich mit der Produktion von Masken und Mund-Nasen-Bedeckungen zu beschäftigen. Für Kunden wurden Arbeitsschritte für die Produktion entwickelt. „Wir haben dann auch angeboten, Masken hier zu machen“, wobei der Schwerpunkt auf dem Beschichten mit Mustern und Bildern lag.

Ein früheres Projekt mit einer schweizerischen Firma, die ihre Outdoor-Kleidung antibakteriell und antiviral ausrüstet, brachte den Bad Emstaler dazu, über eine virenabtötende Beschichtung für Textilien nachzudenken. Während der 54-Jährige in Bad Emstal das Produktionsverfahren entwickelte, stellte im benachbarten Kirchberg ein Bekannter von Joachim Rees schon medizinische Gesichtsmasken her.

Joachim Rees, Chef der Bad Emstaler Firma Multi-Plot, mit Masken, die von seiner Firma bedruckt wurden
Experte für das Bedrucken von Textilien: Joachim Rees, Chef der Bad Emstaler Firma Multi-Plot, mit Masken, die von seiner Firma bedruckt wurden. Dank einer Maschine (Hintergrund), die er noch im Lager hatte, kann er Stoffe auch antiviral beschichten und imprägnieren. Der Außenstoff für die neuen Masken der Kirchberger Firma Pro-Tection werden auf dieser Maschine vorbereitet.  © Müller, Norbert

Mit neuer Maske gegen Corona: „Alle Zulassungen" und Einsatzfähigkeit im OP

Alexander Liese, Geschäftsführer der Firma Kirchberger Maschinenbau, erlebte mit seinem Unternehmen wegen der Corona-Pandemie „den totalen Zusammenbruch“. Der Spezialist für Automatisierung haderte nicht lange, besorgte in China eine Maschine zum Herstellen von Alltagsmasken und medizinischen Mund-Nasenschutzmasken und gründete flugs die Firma Pro-Tection.

„Die Maske hat alle Zulassungen und kann im OP eingesetzt werden“, sagt Liese. Hergestellt wird sie aus einem dreilagigen Vliesstoff, der in Deutschland zertifiziert ist und auch hergestellt wird. Der hat bereits einen Viren- und Bakterienfilter, das Produkt soll aber nun durch die Kooperation noch besser werden.

„Virus aktiv abgetötet“ - Innovation im Kampf gegen Corona

Durch die Beschichtung werde „das Virus aktiv abgetötet“, sagt Joachim Rees, „es bleibt also nicht an der Oberfläche kleben“. Und das, ergänzt Alexander Liese, verhindere auch Schmierinfektionen, die bei handelsüblichen Masken drohen, wenn man sie nach Gebrauch anfasst und dann beispielsweise die Augen berührt.

Die Unternehmer rechnen damit, dass das obligatorische Prüfverfahren bis Mitte September abgeschlossen ist und das neue Produkt dann in den Verkauf geht.

Laut Alexander Liese werden durch das Einarbeiten von Silbersalzpartikeln in die äußere Schicht der Maske die Viren deaktiviert. Durch die Wechselwirkung von Silberionen mit Zellwand-Proteinen und der Blockierung von stoffwechselrelevanten Enzymen werde eine desinfizierende Wirkung erreicht. Die Silberionen zögen die negativ geladenen Viren an und binden sie. Die Technologie mit fetthaltigen Liposomen ziele direkt auf die Lipidhülle des Virus und zerstöre es. 

Firma aus dem Kreis Kassel entwickelt „Virenblocker“

Als habe die alte Maschine im Lager der Bad Emstaler Firma Multi-Plot im Kreis Kassel auf die Corona-Krise gewartet: Firmenchef Joachim Rees hatte sie längst verbannt, weil kein Bedarf für das aus Australien stammende Ungetüm mehr bestand. Nach dem Shutdown war er dann aber froh, dass er sie hatte und ausmotten konnte. Denn das alte Gerät war genau richtig, um mit einem angepassten Produkt auf die Krise reagieren zu können.

Vor sieben Jahre hatte Rees, dessen Firma nach eigenem Bekunden in Deutschland Marktführer in Sachen textiler Digitaldruck ist, ein Projekt mit einer Firma aus der Schweiz. „Ich hatte noch auf dem Schirm, dass die dort antibakteriell und antiviral ausgerüsteten Funktionstextilien herstellten.“ Mit den Eidgenossen nahm er Kontakt auf und war dann schnell in der Lage, deren Viroblock-Technologie einsetzen zu können.

Mit antiviraler Beschichtung von Masken gegen die Corona-Pandemie

Auch dank der alten Beschichtungsanlage von Rimslow Mimaki aus Australien und einer Imprägnieranlage. Die Software der Mimaki musste zwar erst mal auf den neuesten Stand gebracht werden, wozu Rees einen Computer mit passendem, steinaltem Betriebssystem auftreiben musste, aber schon im April war er startklar.

„Mit der Maschine bin ich in der Lage, fast alle Textilien antiviral beschichten zu können“, sagt Rees: Handtücher, Handschuhe, Shirts für das Personal in Arztpraxen, Hussen für Stühle und Tische, große Raumteiler – und auch Gesichtsmasken. Dass nur wenige Kilometer weiter ein guter Bekannter ebenfalls aus der Not heraus – weil die Aufträge wegen der Pandemie wegbrachen – mit Masken auf den Markt drängte, erfuhr Rees durch Zufall. Dann machte er sich aber sofort auf den Weg nach Kirchberg.

Innovation in der Corona-Krise: Hochwertige Maske mit hohem Schutzpotenzial

Dort hatte sich Alexander Liese, Geschäftsführer der Firma Kirchberger Maschinenbau, bereits eine Anlage zur Produktion von Alltags- und medizinischen Masken besorgt, aufgebaut und optimiert. Für den Spezialist für Automatisierung ein Kinderspiel. Schwieriger war es dann schon, die mit hochwertigen deutschen Vliesstoffen hergestellten Masken am Markt zu platzieren.

Seine extra gegründete Firma Pro-Tection konnte zwar damit werben, dass das Produkt alle Zulassungskriterien mit Bravour erfüllt hatte, da er aber – bis auf die Ohrbändchen, die er nur in China gebe – aus Qualitätsgründen ausschließlich in Deutschland hergestellte Materialien verwende und hier auch die Lohnkosten deutlich höher seien, sei man etwas teurer als die asiatische Konkurrenz, die allerdings häufig mächtig schummele.

So warnte das Verbraucherportal Produktwarnung bereits mehrfach vor bestimmten Masken. Der Atemschutz soll nicht ausreichend vor Corona schützen.

Firma aus dem Kreis Kassel setzt auf deutsche Herstellung bei Corona-Masken

Man habe schon so manche Alltagsmaske aus chinesischer Produktion aufgeschnitten. Die mittlere Schicht sei meist minderwertig und ohne Filterfunktion.

Wen wundert’s. Das in Kirchberg als mittlere Lage verwendete hochfeine Meltblown-Vlies bezeichnet Liese als „weißes Gold“, die Tonne koste aktuell 86.000 Euro. „Der Bürger muss letztlich selbst entscheiden, ob er einer deutschen Zertifizierung glaubt oder einer chinesischen“, sagt Joachim Rees, mit dem Alexander Liese nun zusammenarbeitet, um mit der neuen, antiviral ausgerüstete Maske den Absatz hoher Stückzahlen zu erreichen.

Ein anderer Trend-Schutz vor Corona wurde bei Öko-Test untersucht, denn immer mehr Menschen ziehen Visiere Masken aus Stoff vor. Jetzt hat Öko-Test überprüft, ob die Schilde tatsächlich mehr Schutz bieten.

Gegen Corona: Mehrere zehntausend Masken können täglich hergestellt werden

Von der Standard-OP-Maske verkaufe man zurzeit 30.000 bis 40.000 Exemplare pro Monat. Die Kirchberger Anlage, die für die Herstellung einer Maske eine Sekunde benötigt, könnte täglich leicht 65.000 Teile herstellen. „Wir hoffen jetzt auf einen Schub durch die Viren tötende Beschichtung“, sagt der 53-Jährige Liese. In zweieinhalb Wochen, erwarten Rees und Liese, werde die Zertifizierung durch sein, dann soll der Verkauf anlaufen.

Die beiden Unternehmer sehen in der Maskenproduktion auch die Chance, ihre hoch qualifizierten Mitarbeiter über die Krisenzeit zu halten und nicht entlassen zu müssen. Denn anders als Rees’ alte australische Maschine, die man im Lager parken kann, wären die entlassenen Fachkräfte, wenn man sie nach der Flaute wieder dringend fürs Kerngeschäft benötigt, wohl längst andernorts engagiert und für die Firma verloren. (Norbert Müller)

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