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Fraktionen im Gemeindeparlament uneinig: Kein Losentscheid bei der Bauplatzvergabe

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Von: Antje Thon

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Trägt seinen Namen zurecht: Das künftige Baugebiet Panoramablick in Dörnberg. Im Hintergrund rechts zeichnet sich der Schreckenberg ab, vom Baum verborgen Zierenberg und links der Gudenberg. Beim Gebäude in der Mitte handelt es sich um die Kita.
Trägt seinen Namen zurecht: Das künftige Baugebiet Panoramablick in Dörnberg. Im Hintergrund rechts zeichnet sich der Schreckenberg ab, vom Baum verborgen Zierenberg und links der Gudenberg. Beim Gebäude in der Mitte handelt es sich um die Kita. © Antje Thon

Im Habichtswalder Gemeindeparlament sind sich die Fraktionen im Bezug auf das Prinzip für die Vergabe von Bauplätzen uneins. Ein Antrag der SPD-Fraktion sorgte für Kritik.

Habichtswald – Selten standen sich die Fraktionen in Habichtswalds Gemeindeparlament so unvereinbar in ihren Auffassungen gegenüber wie beim Thema Bauplatzvergabe am Mittwochabend. Während Wählergemeinschaft und CDU bei der Vergabe der Baugrundstücke in Dörnbergs künftigem Baugebiet Panoramablick das Prinzip Zufall walten lassen möchten, setzt die SPD auf ein Einheimischenmodell, bei dem Interessierte aus Habichtswald bevorzugt Zugriff auf die begehrten Grundstücke erhalten sollen.

Dass eine Regelung gefunden werden muss, machen die Fakten deutlich: Nachdem die Kommune alle mehr als 300 Personen, die sich für einen der Bauplätze hatten registrieren lassen, angeschrieben und sich erneut nach deren Interesse erkundigt hatte, stehen laut Bürgermeister Daniel Faßhauer noch immer 270 Namen auf der Liste, die einen der 60 Bauplätze haben möchten.

Um die Entscheidung vorwegzunehmen: Der WGH-Antrag kam nach hitziger Debatte erst gar nicht zur Abstimmung. Grund dafür ist der weiterführende SPD-Antrag, den die Fraktion nachgeschoben hatte und der mit den Stimmen aus den eigenen Reihen angenommen wurde. Nun wird also der Gemeindevorstand damit beauftragt, vor dem Verkauf der Parzellen im Baugebiet Panoramablick ein Vergabeverfahren zu entwickeln, bei dem die Kriterien „Wohnort Habichtswald“ und „Ehrenamtliches Engagement“ besondere Berücksichtigung finden sollen. Ziel des Vergabesystems müsse sein, Habichtswaldern eine Zukunft in Habichtswald zu geben und Menschen eine neue Heimat zu bieten.

Aber gerade der letztgenannte Aspekt kommt WGH und CDU entschieden zu kurz. Sie befürchten die Einführung eines Punktesystems, bei dem auswärtige Bewerber um einen der Bauplätze Nachteile haben. Und auch Kinderlose oder Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht ehrenamtlich in einem Verein engagieren können, hätten das Nachsehen. Und so fragte Karsten Kirchhof (CDU): „Sind Zugezogene Bürger zweiter Klasse?“ Der Zuteilung von Bauplätzen eine Bewertung der Kaufinteressenten vorauszuschicken, sei nicht korrekt, befand auch Anna Kuntzsch (WGH). „Wir sind alle gleich. Gleiches Recht für alle, auch für Zugezogene.“

Für diesen Ansatz konnte sich die SPD-Fraktion nicht erwärmen. Und so stellte Arne Winkler in Richtung CDU und WGH die Frage: „Von wem sind Sie denn gewählt worden?“ Mit ihrem Antrag, das Los über die Bauplätze entscheiden zu lassen, entferne sich die WGH von Habichtswald. Klar werde es auch Zuzugsmöglichkeiten geben. Allerdings müsse ein Wohnort in Habichtswald anders gewichtet werden, als der Wunsch eines Auswärtigen, in einer schönen Umgebung leben zu wollen. Gewandt an die Wählergemeinschaft fügte Winkler sinngemäß hinzu, die WGH laufe Gefahr, dass ihre drei großen Buchstaben als „Wir gegen Habichtswald“ verstanden werden könnten.

„Wir wollen Habichtswalder fördern, dafür sind wir gewählt“, betonte auch Fraktionschefin Petra Voß. Ein Losverfahren, wie von der WGH präferiert, sei alles andere als gerecht. „Wir wollen ein Vergabeverfahren, das rechtlichen Kriterien standhält.“ Der Vorstand müsse nun ein entsprechendes Bonussystem erarbeiten.

Ebenfalls Bestandteil des SPD-Antrags ist eine Prüfung, inwieweit für junge Familien im Baugebiet Panoramablick ein Förderprogramm aufgelegt werden kann. So etwas hatte es in Habichtswald schon einmal gegeben, war aber abgeschafft worden, da zeitgleich auch Programme vom Bund erstellt worden waren und eine Doppelförderung nicht zulässig ist.

Kritik gab es auch am Förderprogramm. Jörg Wiegel (CDU) sieht in einer Förderung nur von Bauwilligen im Baugebiet Panoramablick eine Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die in Habichtswald zum Beispiel eine Bestandsimmobilie erwerben. „Die bekommen dann nichts?“, fragte Wiegel und drängte beim Ausloten von Fördermöglichkeiten auf eine allgemeine Regelung. Petra Voß sagte, dass sich der Aspekt der Förderung deshalb auf den „Panoramablick“ beziehe, weil der gesamte SPD-Antrag mit seinen in ihm enthaltenen Änderungen anknüpfe an den WGH-Antrag mit der Vergabepraxis der Bauplätze im „Panoramablick“ nach dem Zufallsprinzip. » 

Für Ortsfremde muss es möglich sein, sich um Grundstücke zu bewerben

Einheimischenmodelle, bei denen Ortsansässige bei der Bauplatzvergabe zum Zuge kommen sollen, sind nicht unumstritten. Entwickelt wurden sie, weil bedingt durch die Wohnungsknappheit in großen Städten mehr Menschen raus aufs Land drängten, um sich dort den Traum vom Haus im Grünen zu erfüllen. Auch aus Kassel zieht es Menschen nach Habichtswald. Das aber führt dazu, dass Einheimische mit potenziellen Neubürgern um Bauplätze konkurrieren. Dem wollen Gemeinden Einhalt gebieten. Sie vergeben Grundstücke nur an einen Bewerberkreis, der bestimmte Merkmale erfüllt. Dazu beschließen sie Kriterien, an denen sie ihre Vergabeentscheidung ausrichten wollen. Die Durchführung eines derartigen Vergabeverfahrens ist zulässig und von der Rechtsprechung gebilligt worden. Allerdings müssen die Kriterien solcher Vergabeentscheidungen im Voraus bekannt, hinreichend konkret, objektiv und nichtdiskriminierend sein. Probleme ergeben sich, weil das Modell Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes tangiert, unter anderem die Niederlassungsfreiheit, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die Dienstleistungsfreiheit. Das ist solange rechtens, wie es Ortfremden nicht unmöglich ist, sich um kommunale Grundstücke zu bewerben.

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