Hebammenpraxis entsteht im Naumburger Haus des Gastes

Der Bedarf an Hebammen im Raum Naumburg ist groß. Schließlich wurden hier seit 2020 jährlich zwischen 45 und 50 Neugeborene empfangen. Im Laufe des Jahres entsteht in Naumburg eine neue Hebammenpraxis.
Naumburg – Der ausgestopfte Bussard hat inzwischen einen neuen Standort, vom Naturerlebnisraum im Obergeschoss des Naumburger Haus des Gastes (HdG) ist nichts geblieben. Hier wird umgebaut für eine völlig andere Nutzung: Im Laufe des Jahres will hier eine Hebammenpraxis eröffnen.
„Wir haben die Räume für ein gutes Projekt freigemacht“, sagt Naumburgs Bürgermeister Stefan Hable, und rechnet vor: „Wir hatten 2020, 2021 und 2022 zwischen 45 und 50 Geburten in Naumburg einschließlich der Stadtteile pro Jahr. Und wenn man dann noch das Wolfhager Land dazu nimmt, dann hat man vielleicht 500 Neugeborene pro Jahr.“ Der Bedarf sei also groß für eine gute fachlichen Betreuung. Insofern habe es auch einen großen Konsens im Magistrat gegeben, die Räume für das Naturinformationszentrum aufzugeben.
Die Einschätzung Hables teilen Lea Möller und Natalie Raude, die beiden Hebammen, die künftig im Obergeschoss des HdG zusammenarbeiten werden. „Die Hebammensituation ist vor allem auf dem Land eine Katastrophe“, sagt die 27-jährige Lea Möller. Durch die Corona-Pandemie habe sich die Lage noch verschärft, so die Naumburgerin. Wegen der behördlichen Abstandsregelungen und der Hygienevorschriften habe man keinen geeigneten Raum gehabt. „In den vergangenen zwei Jahren wurde das Anglerhaus für uns zur Verfügung gestellt.“ Dort habe man dann Kurse zur Geburtsvorbereitung, zu Beikost und Babysprache angeboten.
Aber auch das sei nur ein Provisorium gewesen, denn zu jedem Kurs habe man von zuhause das Material wie Matten, Bälle und Stillkissen mitbringen müssen, anschließend wurde wieder alles ins Auto gepackt und zurücktransportiert. „Das ist sehr mühselig“, sagt die 34-jährige Natalie Raude, die in Altendorf zuhause ist. „Dazu kommt, dass das Anglerhaus räumlich auch begrenzt ist.“
Währenddessen hatten die beiden freiberuflich arbeitenden Hebammen schon eine gemeinsame Idee von einer gemeinsamen Praxis mit idealen Arbeitsbedingungen. „Die Kooperation hat sich durch unsere Kinder ergeben. Wir saßen während Corona im gleichen Spielkreis und haben dann irgendwann gesagt, wir könnten doch was zusammen machen“, erinnert sich die dreifache Mutter Natalie Raude. Damals sei wegen der Pandemie das Kursangebot für Schwangere und junge Mütter extrem dünn gewesen, und wenn es Angebote gab, seien die meist digital gewesen.
Im Frühjahr 2022 wurden die Pläne dann konkret: Man habe sich an Wahlversprechen von Bürgermeister Hable erinnert: die Gesundheitsversorgung fördern und etwas für junge Familien tun. Das wollten die beiden Naumburger Hebammen auch. Und so trugen sie dem Verwaltungschef ihr Anliegen vor. Überzeugungsarbeit habe man nicht leisten müssen. Raude: „Die Stadt stand von Anfang an hinter uns.“
In Sachen Räumlichkeiten, sagt Bürgermeister Hable, „haben wir Vorschläge gemacht. Der Fokus lag auf der Unteren Straße, weil es da Möglichkeiten gäbe.“ Womit er leer stehende Geschäftsräume meint. „Wir hatten drei konkrete Optionen, die sich alle zerschlagen haben“, erklärt Lea Möller, weil man mit den Eigentümern nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen sei.
Schließlich habe Hable die Räume im Haus des Gastes ins Spiel gebracht, zumal der Seminarraum bereits vom Spielkreis für Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und zwei Jahren genutzt wird. Die Gruppe mit ihren beiden Leiterinnen sollen auch künftig den Raum nutzen können, sagt Natalie Raude, „die werden in die Praxis integriert“.
„Unsere Vision ist eine Anlaufstelle für alle Schwangeren und Eltern mit ihren Kindern bis zum ersten Lebensjahr“, umreißt Lea Möller das Konzept der Praxisgemeinschaft „Die kleine Hebammerei“, wie das Projekt getauft wurde. Angeboten werden soll nahezu alles, was es an Kursen und Dienstleistungen für Schwangere, junge Mütter, Väter und ihre Babys gibt. „Bis auf Geburtshilfe, die bieten wir nicht an“, so Lea Möller, die zusätzlich als Dienstbelegungshebamme in der Fritzlarer Klinik arbeitet.
Inzwischen laufen die Bauarbeiten. Entstehen werden auf rund 150 Quadratmetern zwei Kursräume, ein Personalraum, ein Lager, ein Behandlungsraum und Toiletten. „Den Ausbau machen wir selbst – mit Unterstützung der Stadt“, sagt Natalie Raude. Trockenbau und das Einsetzen der Fenster werde von einer Fachfirma übernommen. „Die Fußböden und Malerarbeiten machen wir.“
Die Eröffnung sei Anfang der zweiten Jahreshälfte geplant, sagt Natalie Raude, die sich mit ihrer Kollegin schon auf die Arbeit in den neuen Räumen, die sie von der Stadt mieten werden, freut. Einen besseren Standort habe man laut Lea Möller kaum finden können: „Die Parkplatzsituation ist perfekt. Und auch der Kurpark hinter dem Haus ist großartig. Da können Kurse im Sommer auch nach draußen verlegt werden“, gewissermaßen in den neuen Naturerlebnisraum der Praxis. (nom)