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Die Kirche in Niederelsungen ist älter als 1100 Jahre

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Von: Maike Lorenz

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Gerth Böhle, Vorsitzender des Kirchenvorstandes, steht im schlichten und hellen Kirchenschiff der Kirche. Für ihn ist die Kirche eine ganz besonders schöne.
Gerth Böhle, Vorsitzender des Kirchenvorstandes, steht im schlichten und hellen Kirchenschiff der Kirche. Für ihn ist die Kirche eine ganz besonders schöne. © Maike Lorenz

Wir stellen einige Gotteshäuser im Landkreis Kassel und ihre Geschichten in einer Serie vor. Heute besuchen wir die Kirche in Niederelsungen.

Niederelsungen – „Die Dorfkirche wird 750 Jahre alt“ – dieser Überzeugung waren 2012 wohl alle Niederelsunger, und dies war auch die Ansicht von Historikern, die sich mit der Geschichte der Kirche beschäftigt hatten. Keiner ahnte, was noch im Jubiläumsjahr herausgefunden werden würde: Die erste Kirche in Niederelsungen wurde nicht im Jahr 1262 gebaut, sondern schon deutlich früher.

Eigentlich wollten ehrenamtliche Arbeiter bei Modernisierungsarbeiten 2012 nur die Bodenplatten der Kirche abtragen, darunter fanden sie allerdings alte Grundmauern und Keramik. Nach Ansicht des Archäologen Jürgen Kneipp stammen die Funde von gleich drei Vorgängerkirchen. Sie zeigen somit, dass in Niederelsungen schon deutlich früher als zuvor angenommen eine Kirche stand.

2012 fand man mittelalterliche Grundmauern der Kirche: Von links Archäologe Dr. Jürgen Kneipp, der damalige Pfarrer David Bienert, der damalige Kirchenvorstand Udo Böhle und Grabungsleiter Norbert Gebauer.
2012 fand man mittelalterliche Grundmauern der Kirche: Von links Archäologe Dr. Jürgen Kneipp, der damalige Pfarrer David Bienert, der damalige Kirchenvorstand Udo Böhle und Grabungsleiter Norbert Gebauer.  © Johanna Uminski

„Die ältesten Mauern stammen aus dem späten achten bis neunten Jahrhundert“, sagt der Archäologe. „Sie gehörten zu einer sehr kleinen Kirche, die nur für eine Handvoll Menschen geeignet war. Wahrscheinlich gehörte die Kirche einem Adeligen.“ Etwa im 10. bis 11. Jahrhundert sei die Kirche dann zu einem bedeutsamen romanischen Kirchenbau erweitert worden. „Der Grund dafür könnte sein, dass Otto I. Verwandtschaft in dem Raum hatte“, sagt Jürgen Kneipp. Später hätte es keinen Bedarf mehr nach einer derart großen Kirche gegeben, weshalb nach Mitte des 13. Jahrhunderts eine Kirche gebaut worden sei, die wieder deutlich kleiner war. Über die Jahrhunderte hinweg sei die Kirche noch weitere zahlreiche Male umgebaut worden, bis sie ihr heutiges Aussehen erhielt.

Jürgen Kneipp, Archäologe
Jürgen Kneipp, Archäologe © Olaf Dellit

In der Kirche verstecken sich vermutlich Malereien

Treten Besucher nun durch die große, hölzerne Kirchtür, befinden sie sich in einem hellen und schlichten Kirchenschiff. Ein Satz aus einer Chronik von 1937 lässt allerdings mutmaßen, dass die Kirche nicht immer so schlicht wie heute war. In der Chronik heißt es: „Die Kirchenwände sollen nach Angabe eines früher hier beschäftigten Handwerkers alte Malereien unter dem modernen Verputz tragen.“ Eine dieser Wandmalereien fand man 2013 tatsächlich. Sie versteckte sich hinter der Orgel. Bis heute kann nach Angaben des Archäologen Jürgen Kneipp nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch an anderen Stellen noch Malereien befinden. Dies zu prüfen, ginge allerdings mit hohen Kosten einher.

Für Gerth Böhle, den Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, ist die Kirche in Niederelsungen eine ganz besonders schöne Kirche. Als gebürtiger Niederelsunger habe er als Kind rund um die Kirche gespielt, sagt der 64-Jährige.

Die Treppen im Kirchturm führen steil nach oben.
Die Treppen im Kirchturm führen steil nach oben. © Maike Lorenz

Auf der nördlichen Seite der Kirche habe es früher zum Beispiel einen Gang gegeben, der schon damals nach einigen Metern zugemauert gewesen war und nun ganz verschlossen ist. „Als Kinder haben wir uns erzählt, dass der Gang unterirdisch bis zur Malsburg führt“, erinnert sich Böhle schmunzelnd.

Sowohl im Winter als auch im Sommer ein Ort zum Wohlfühlen

Insbesondere bei dem Kirchgarten, in dem im Sommer die Obstbäume blühen und Lesungen stattfinden, kommt Böhle ein wenig ins Schwärmen. Aber auch im Winter ist die Kirche für ihn ein Ort zum Wohlfühlen. „Vor Beginn der Coronazeit haben wir im Turmraum Kerzen auf die Mauervorsprünge gestellt und bei warmen Getränken Weihnachtsgeschichten aus aller Welt vorgelesen“, sagt Böhle. „Der Raum hat für mich eine unglaubliche Atmosphäre.“

So schön die Kirche seiner Ansicht nach auch ist, für Gottesdienste wird sie aktuell nicht genutzt. „Die Gottesdienste finden im Gemeindehaus statt. Ansonsten müssten wir die Kirche für fünf bis sechs Personen heizen. Das ist nicht wirtschaftlich.“ Sobald es im Frühling wärmer werde, fänden die Gottesdienste wieder in der Kirche statt.

Die Kirche in Niederelsungen besuchen Gläubige schon seit mehr als 1100 Jahren. Im Kirchgarten blühen im Sommer Obstbäume.
Die Kirche in Niederelsungen besuchen Gläubige schon seit mehr als 1100 Jahren. Im Kirchgarten blühen im Sommer Obstbäume. © Maike Lorenz

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