Wolfhager Pfarrgemeinden

Fusion katholischer Pfarrgemeinden: Pfarrgemeinde Zierenberg bleibt vorerst selbstständig

Hoffen auf sieben gute Jahre: Zierenbergs Pfarrer Marek Prus und die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Brigitte Turba-Jurczyk in der Kirche Zum Heiligen Kreuz, die 1983 eingeweiht wurde. Bis 2030 will die Gemeinde selbstständig bleiben. Pfarrer Prus steht aber bereits nach der Fusion von Volkmarsen, Naumburg und Wolfhagen der neuen Gemeinde als mitarbeitender Pfarrer zur Verfügung.
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Hoffen auf sieben gute Jahre: Zierenbergs Pfarrer Marek Prus und die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Brigitte Turba-Jurczyk in der Kirche Zum Heiligen Kreuz, die 1983 eingeweiht wurde. Bis 2030 will die Gemeinde selbstständig bleiben. Pfarrer Prus steht aber bereits nach der Fusion von Volkmarsen, Naumburg und Wolfhagen der neuen Gemeinde als mitarbeitender Pfarrer zur Verfügung.

Weniger Priester, weniger Gläubige, weniger Geld: Die katholische Kirche bereitet sich auch im Wolfhager Land mit der Fusion von Kirchengemeinden auf die Zukunft vor. Zierenberg macht vorerst nicht mit.

Wolfhager Land – Die katholische Kirchengemeinde Zierenberg hat es nicht eilig. Zwar weiß man als Teil des Pastoralverbundes St. Heimerad Wolfhager Land schon seit Jahren, dass die vier bislang unabhängigen Pfarrgemeinden Naumburg, Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg in diesem Verbund nach den Vorgaben des Bistums Fulda, wie es bislang hieß, bis zum Jahr 2030 zu einer Einheit verschmelzen sollen, aber diesen Zeitrahmen, hat man in der Zierenberger Pfarrgemeinde beschlossen, werde man voll ausschöpfen und so lange eigenständig bleiben, während die Pfarrgemeinden Naumburg, Volkmarsen und Wolfhagen zum 1. Januar 2024 fusionieren.

„Das Bistum hat von Anfang an klar gemacht, dass es durchaus den Weg der verschiedenen Geschwindigkeiten gibt“, sagt Dr. Brigitte Turba-Jurczyk, die Vorsitzende des Zierenberger Pfarrgemeinderates. Zwar möchte Fulda, dass der Strukturwandel so zügig wie möglich ablaufe, man habe sich aber in Fulda rückversichert. In Zierenberg geht man von einer Frist bis 2030 aus, wobei Domkapitular Thomas Renze gestern gegenüber der HNA davon sprach, „dass die Gründungen der Pfarreien im Bistum Fulda bis in die 2030er hinein in einem organischen Prozess erfolgen“. Das Bremsen, ohne sich komplett aus den Abläufen des Pastoralverbundes auszuklinken, basiert auf Befürchtungen in der erst nach dem Krieg durch den Zuzug katholischer Flüchtlinge und Heimatvertriebener gegründeten Pfarrei. „Mit dem Beitritt geben wir faktisch unsere Selbstständigkeit auf, und unser Vermögen geht in das Vermögen des Verbundes ein“, sagt Turba-Jurczyk. Das wolle man so lange wie möglich hinauszögern.

Unterstützung bekommt sie durch den Zierenberger Pfarrer Marek Prus, der schon in seiner Zeit als Moderator des Fusionsprozesses Bedenken gegen eine zügige Verschmelzung aller vier Gemeinden hatte. Sein Kompromiss-Vorschlag, den er vor fünf Jahren machte: Man möge die beiden alteingesessenen Pfarrgemeinden, also Naumburg und Volkmarsen, die die Reformation überstanden, als Pfarreien zunächst bestehen lassen und um jeweils eine der beiden jungen Gemeinden erweitern. Allerdings fand er dafür weder in Naumburg, noch in Volkmarsen oder Wolfhagen bei den Verantwortlichen ausreichend Unterstützung.

Deshalb befürwortet er den Solo-Kurs seiner Gemeinde und sagt: „Wenn es zur Fusion kommt, wird hier alles aufgelöst, der Pfarrgemeinderat und der Verwaltungsrat. Dann werden die Leute hier nichts mehr zu sagen haben. Wozu? Wir sind noch lebendig.“ Volkmarsen sei mit 2147 Gemeindemitgliedern vor Naumburg (1729) und Wolfhagen (1459) die stärkste Gemeinde, sagt der 60-jährige Pfarrer. „Da weiß man schon, wie es gehen wird.“ Dass künftig Volkmarsen „alles dominieren wird“ und man selbst mit 1244 Katholiken als kleinste der vier Pfarrgemeinden „unsere Belange nicht mehr durchbringen“ werde, sei laut Brigitte Turba-Jurczyk dann auch die große Sorge in Zierenberg. „Wir sind eine vitale Gemeinde und sehen keinen Grund, die Strukturen vorzeitig aufzulösen.“

Noch viele Fragen zur Fusion der Pfarrgemeinden Naumburg, Volkmarsen und Wolfhagen offen – Infos am Sonntag

Naumburgs Stadtpfarrer Johannes Kowal, der aktuell als Moderator für den Fusionsprozess der katholischen Kirchengemeinden im Pastoralverbund St. Heimerad Wolfhager Land eingesetzt ist, sieht den Zierenberger Weg mit Sorge: „Mir tut die Gemeinde Zierenberg leid. Sie sagen mir, sie wollen bis 2030 selbstständig bleiben. Ob sie das nicht verstehen? Bis 2030 muss alles abgeschlossen sein, aber die Leute denken: Bis 2030 haben wir Zeit.“ Das sei ein Trugschluss.

Kowal sagt, dass es Zeit braucht nach der Fusion Anfang 2024, bis die bisher eigenständigen Pfarrgemeinden zu einer neuen zusammengewachsen sind. „Das wird noch lange dauern.“ Und da sei es besser, von Anfang an mit dabei zu sein. Seine Befürchtung: Während Naumburg, Volkmarsen und Wolfhagen früh zusammenarbeiten und gemeinsam Probleme lösen, grenzt sich Zierenberg ab. „2030 sind sie total entfremdet, und dann fangen sie fremd in der neuen großen Pfarrei an.“ Aber das Bistum habe den Zierenberger Sonderweg akzeptiert.

Man werde mit der Fusion nicht alles aufgeben: Es werde eine Hauptkirche geben, „aber auch die anderen Kirchen werden ihre Bedeutung haben“, sagt Kowal. Und es werde ein Hauptpfarrbüro geben, dazu einen hauptamtlichen Verwalter sowie auch weiter kleine Büros vor Ort. Und jede Gemeinde sollte auch ihre Traditionen pflegen dürfen.

„Mein Wunsch wäre, Naumburg würde die Hauptkirche, und die Hauptverwaltung wäre in Volkmarsen.“ Die Details erarbeite die Steuerungsgruppe mit Vertretern aller beteiligten Gemeinden, mit Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. Einmal pro Monat treffe sich die Gruppe, und da gebe es bis zum Jahreswechsel noch einige Herausforderungen zu meistern. Neben den Entscheidungen über die Hauptkirche und den Verwaltungssitz gehöre auch, wie die gemeinsame Gemeinde künftig heißen wird. Und dann sei da ja auch noch die Frage, wie die Finanzen künftig geregelt werden und wie mit den Kirchenvermögen umgegangen wird. Wobei Pfarrer Kowal beteuert: Der Naumburger kirchliche Landbesitz, etwa 34 Hektar, „der bleibt weiter der alten Kirche zugeordnet“.

Das klingt bei Domkapitular Renze, der für das Bistum Fulda in der örtlichen Steuerungsgruppe sitzt, etwas anders: „Das gesamte Vermögen und auch alle Schulden, ebenso wie Arbeitsverträge gehen auf die neue Pfarrei als Gesamtrechtsnachfolger über. Bestehende Kirchenstiftungen bleiben in ihrer Form erhalten, werden aber künftig durch die Gremien der neuen Pfarrei vertreten. Das Entscheidungsrecht liegt bei dem Verwaltungsrat der neuen Pfarrei, in dem alle bisherigen Pfarreien vertreten sein werden.“ Allerdings ist offen, in welchem Verhältnis die Gremien besetzt sein werden: Für den Pfarrgemeinderat könne laut Renze ein Stimmschlüssel oder Wahlverfahren festgelegt werden, mit dem Ziel, dass alle bisherigen Pfarreien mit der gleichen Anzahl an Personen dort vertreten sind, oder dass die Vergabe der Plätze nach Größe der bisherigen Pfarreien erfolgt.

Noch offener ist es beim Verwaltungsrat. Bei der Wahl des Verwaltungsrates, so der Mann aus Fulda, „wird allerdings eine Wahlliste zur Abstimmung gestellt. Sollte anschließend eine ehemalige Pfarrei nicht im Verwaltungsrat vertreten sein, dann kann für die bisherige Pfarrei ein Mitglied mit Sitz und Stimme hinzuberufen werden, sodass alle bisherigen Pfarreien auch im künftigen Verwaltungsrat vertreten sind“.

Die Perspektive bis zum Jahreswechsel: „Es wird noch ein spannendes Jahr“, sagt Pfarrer Kowal. „Aber ich bin absolut optimistisch, dass der Zusammenschluss gelingen wird.“

Informationsveranstaltung: In Naumburg wird es zu all den Fragen der Gemeindefusion am kommenden Sonntag, 7. Mai, im Pater-Bonifatius-Haus eine Informationsveranstaltung geben, die um 16.30 Uhr beginnt. Eingeladen sind alle Interessierten.

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