Jugendliche rauchen wieder mehr: Insbesondere Einweg-E-Zigaretten sind beliebt

Im vergangenen Jahr haben in Deutschland mehr Jugendliche geraucht und E-Zigaretten genutzt als 2021. Das geht aus einer Befragung zum Rauchverhalten hervor.
Kreis Kassel – Laut der Debra-Studie haben im vergangenen Jahr 15,9 Prozent der Minderjährigen im Alter ab 14 Jahren Tabak geraucht. 2021 waren es noch unter 9 Prozent der Jugendlichen in dem Alter.
Für den Bereich E-Zigaretten bestätigen Verkäufer aus dem Landkreis Kassel diesen Trend. Die Nachfrage nach klassischen Zigaretten ist aus ihrer Sicht allerdings eher stagniert oder geht sogar zurück. „Jugendliche haben im vergangenen Jahr auffällig häufig versucht, hier E-Zigaretten zu kaufen“, sagt Daniela Illner vom Feinkostgeschäft Spontan Gaumenfreuden in Hofgeismar.
Hohe Nachfrage seit dem vergangenen Sommer
Grund für die hohe Nachfrage sei, dass es seit vergangenem Sommer einen Hype um Einweg-E-Zigaretten gebe, sagt Illner. Die Einweg-E-Zigaretten seien insbesondere über soziale Netzwerke beworben worden. Dadurch sei bei Kunden fast jeder Altersgruppe Nachfrage nach den Tabakersatzprodukten entstanden.
Auch Patrick Harms, Geschäftsführer des E-Zigaretten-Geschäfts Vaperz mit Filialen in Baunatal und Kassel berichtet, dass Einweg-E-Zigaretten nicht nur bei jungen Menschen beliebt sind. „Das zieht sich über alle gesellschaftlichen Schichten. Auch Rentner und Berufstätige in jedem Alter kaufen Einweg-E-Zigaretten.“
Dass Tabak-Zigaretten laut Studie unter Jugendlichen ebenfalls beliebter sind, habe Illner nicht erwartet. „Ich habe den Eindruck, dass die Nachfrage nach herkömmlichen Zigaretten unter Jugendlichen stagniert ist.“ So sieht es auch Volker Schnegelsberg, Besitzer eines Wolfhager Lotto-, Tabak- und Pressegeschäfts. Der 62-Jährige sagt: „Ich merke, dass junge Menschen weniger Zigaretten kaufen. Die können sich das bei den steigenden Preisen nicht mehr leisten.“
E-Zigaretten werden in den sozialen Medien beworben
Tanja Koch von der Dampferie Koch in Wolfhagen bemerkt: „Eigentlich gibt es Einweg-E-Zigaretten schon seit acht bis neun Jahren, aber im Sommer ist die Nachfrage stark gestiegen“. Ihr sei ebenfalls aufgefallen, dass vor allem junge Menschen die E-Zigaretten kaufen. Das führen sowohl Schnegelsberg als auch Koch darauf zurück, dass im vergangenen Jahr viele Influencer begonnen haben, Einweg-E-Zigaretten auf Plattformen wie Tiktok und Youtube zu bewerben.
Patrick Harms ist Geschäftsführer des E-Zigaretten-Geschäfts Vaperz mit Filialen in Baunatal und Kassel. Auch er berichtet, dass auf den sozialen Medien vermehrt Werbung für Einweg-E-Zigaretten gemacht wurde. Dabei ist das eigentlich nicht erlaubt: „Durch das Tabakerzeugnisgesetz dürfen solche Produkte auf den sozialen Medien nicht beworben werden“, sagt Harms.
Mehr Jugendliche versuchen, E-Zigaretten zu kaufen
Tanja Koch sagt, im vergangenen Sommer hätten außergewöhnlich viele Minderjährige versucht, bei ihr einzukaufen. „Die sind natürlich hochkant wieder rausgeflogen.“ Mittlerweile habe die Nachfrage nach Einweg-E-Zigaretten etwas abgenommen. „Es wird wieder auf normale E-Zigaretten umgeschwungen. Die sind günstiger“, sagt Koch.
Daniela Illner, Tabakverkäuferin aus Hofgeismar kann den Eindruck nicht bestätigen. Sie sagt: „Der Hype bricht nicht ab.“ Einweg-E-Zigaretten seien bei fast allen Altersgruppen beliebt. „Nachfrage gibt es bei Kunden im Alter bis zu 50 Jahren.“
Dass jüngere Menschen Tabakersatzprodukte zum Teil gegenüber den herkömmlichen Tabak-Zigaretten vorziehen, erklärt sich Illner unter anderem mit dem meist süßeren Geschmack. „Es gibt zahlreiche Geschmacksrichtungen für die Liquids: Zum Beispiel Ananas, Apfel und Cola.“ Sie könne sich zudem vorstellen, dass einige Jugendliche lieber zur E-Zigarette greifen, um den Nikotinkonsum beispielsweise vor ihren Eltern besser verheimlichen zu können. „Den Tabakrauch von herkömmlichen Zigaretten riecht man, aber wenn jemand E-Zigaretten konsumiert hat, bemerkt man das nicht.“
Achtklässler besuchen Suchtpräventionskurse
Über die mit dem Nikotinkonsum einhergehenden Gefahren werden Jugendliche im Landkreis unter anderem vom Jugendbildungswerk aufgeklärt. Dieses bietet mit der Drogenhilfe Nordhessen zum Beispiel Suchtpräventionskurse in Schulklassen der achten Jahrgangsstufe an.
Den E-Zigaretten-Konsum bei Jugendlichen sieht der Grebensteiner Hausarzt Christoph Claus, der auch Sprecher des Hausärzteverbands Hessen ist, kritisch. Er sagt, dass diese aus wissenschaftlicher Sicht nicht weniger schädlich seien als normale Zigaretten. Grundsätzlich gelte: „Ein in Entwicklung befindlicher Organismus muss mit einem stärkeren Effekt des Rauchens auf die Gesundheit rechnen.“ Unstrittig sei auch, dass ein früherer Beginn des Konsums die Risiken für Lungenkrebs und Raucherlunge erhöht. (Maike Lorenz)