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Nach Corona: Maskenhersteller vor dem Aus – Letzter Produzent im Kreis warnt vor Billigware aus Asien

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Von: Bea Ricken

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Die Nachfrage nach Masken ist drastisch gesunken, die Pandemie gilt als überwunden. Für die deutschen Maskenhersteller beginnen jetzt schwierige Zeiten.

Kassel – Nach dem Ende der Pandemie ist die Nachfrage nach Schutzmasken drastisch gesunken. Viele deutsche Maskenhersteller gehen in die Insolvenz oder stehen mit dem Rücken an der Wand, wie der letzte verbliebene Produzent im Landkreis Kassel, das Unternehmen HFS aus Wolfhagen.

Der Vorwurf von HFS-Geschäftsführer Olaf Ullrich und anderen, die bereits aufgegeben haben: Trotz Werbung in der Region bleiben öffentliche Aufträge aus, weil in Deutschland produzierte Masken teurer sind als die aus Sicht der Produzenten minderwertige Billigkonkurrenz aus Asien.

Rückblick: Masken und Schutzkleidung waren in der ersten Corona-Welle Mangelware. Die Pandemie sorgte für Nachschubprobleme und deutsche Hersteller gab es kaum. Der Bund förderte daher deutsche Unternehmen, die in Anlagen für Masken- und Vliesproduktion investierten, um künftig unabhängiger von China zu werden.

20 Produktionsmitarbeiter waren während der Pandemie bei HFS in Gasterfeld beschäftigt. Jetzt sind es nur noch fünf. Der Maskenhersteller steht mit dem Rücken an der Wand.
20 Produktionsmitarbeiter waren während der Pandemie bei HFS in Gasterfeld beschäftigt. Jetzt sind es nur noch fünf. Der Maskenhersteller steht mit dem Rücken an der Wand. © Bea Ricken

Corona-Masken aus Deutschland: Teuer durch Zertifizierung

Für die deutschen Hersteller gelten strenge Anforderungen, um die Standards an FFP-2-Masken zu erfüllen. „Allein die Zertifizierung hat 18.000 Euro gekostet“, so Ullrich. Und trotzdem seien den Händlern 19 Cent pro Maske zu viel. In Hochzeiten hat das Unternehmen 500.000 Masken pro Monat produziert, heute sind es noch 40.000, Tendenz sinkend.

Joachim Rees von Multiplot in Bad Emstal, der zusammen mit einer Firma aus Niedenstein produzierte, hat das Maskengeschäft bereits eingestellt. Auch er warnt wie Ullrich davor, dass bei einer neuen Pandemie Deutschland wieder ohne hochwertige Masken dasteht. Er habe zum Beispiel von der Bundeswehr eine Absage erhalten. Andere, wie das Rote Kreuz Kassel-Wolfhagen, beziehen laut Geschäftsführer Holger Gerhold-Toepsch nach wie vor Masken aus dem Landkreis Kassel bei HFS.

Auch die Kreiskliniken haben laut Sprecherin Alia Shuhaiber Masken aus dem Landkreis Kassel bezogen. Allerdings gebe es inzwischen Verträge mit Lieferanten, die nicht nur Masken lieferten, sondern auch viele weitere Artikel, die in den Kliniken benötigt würden. Es sei logistisch nicht möglich, jeden einzelnen Artikel extra zu kaufen.

Warnung vor Masken aus dem Ausland: Fäkalienreste und schädliche Stoffe

350 verschiedene Masken, die in Deutschland vertrieben werden, hat Unternehmer Olaf Ullrich in seinem Labor in Gasterfeld untersucht. Die Ergebnisse sind ekelerregend: „Wir haben in den Fremdfabrikaten Fäkalienreste, Beine von Insekten und schädliche Stoffe wie Quecksilber gefunden“, sagt Ullrich, der als letzter Maskenhersteller im Landkreis Kassel derzeit ums Überleben kämpft.

Olaf Ullrich, HFS-Geschäftsführer
Olaf Ullrich, HFS-Geschäftsführer © Bea Ricken

Das stimmt ihn bitter. Bevor er mit der Produktion beginnen konnte, musste das in 2021 gegründete Unternehmen hohe Qualitätsanforderungen erfüllen, um überhaupt zertifiziert zu werden und die Subvention vom Wirtschaftsministerium zu erhalten. Jedes Detail musste passen und die Nachweise füllen Aktenordner.

Noch dazu hat Ullrich den Anspruch, das Vlies für die Masken und alles Zubehör regional zu kaufen. „Um dann einen Preis zu machen, der konkurrenzfähig ist, verdient man nicht viel“, so Ullrich.

Ende der Corona-Pandemie: Stark gesunkene Nachfrage mit Konsequenzen für Maskenhersteller

Nun kommt es noch schlimmer: Durch die sinkende Nachfrage nach Abschaffung der Maskenpflicht musste er seine Produktionsmannschaft deutlich reduzieren. 15 Arbeitsplätze gingen in den vergangenen Monaten verloren. Mit dem verbliebenen Team gibt es im Moment noch vier Monate Arbeit, dann ist Schluss. Olaf Ullrich ist sauer, dass er vom Bund im Stich gelassen wird. Schließlich sei mit der Förderung eine Zukunftsperspektive verknüpft gewesen. Maschinen im Wert von zwei Millionen Euro stehen in den modernen Produktionsräumen auf dem Gelände der Wolfhager Pommernanlage.

In einem Labor überwacht Anja Ullrich die Qualität der Schutzmasken. Diese Abläufe werden digitalisiert.
In einem Labor überwacht Anja Ullrich die Qualität der Schutzmasken. Diese Abläufe werden digitalisiert. © Bea Ricken

Natürlich würden derzeit weniger Masken gebraucht als während der Pandemie. „Aber in solchen Zeiten kann man ja im Ein-Schicht-Betrieb weitermachen. Wenn es eine neue Notlage gibt, kann ich jederzeit problemlos hochfahren.“ Mit den Anlagen, die er mit einem Maschinenbauer aus Deutschland entwickelt habe, sei er in der Lage, 60 Schutzmasken pro Minute zu produzieren.

Andere Länder hätten es zur Verpflichtung gemacht, die im eigenen Land produzierten Masken zu kaufen. „Warum geht das nicht auch in Deutschland“, fragt sich Ullrich. Mit dieser Strategie werde Deutschland jedenfalls nicht unabhängig vom asiatischen Markt und karre weiter Produkte von China nach Deutschland. „Von Klimaschutz kann man dabei schon gar nicht reden“, so der Unternehmer Olaf Ullrich. (Bea Ricken)

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