Mehrwegangebotspflicht - Holpriger Start im Wolfhager Land

Für Restaurants, Kantinen, Bistros, Bäcker- und Metzgerläden gelten neue Vorschriften, wenn sie Speisen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen.
Wolfhager Land – Seit einem Monat ist die Mehrwegangebotspflicht in Kraft. Jetzt muss jeder Anbieter, der Essen zum Mitnehmen anbietet, seinen Kunden die Wahl zwischen Einweg- und Mehrwegbehältern ermöglichen. Das Ziel: Mehr Plastik einsparen und so Müll vermeiden.
Pasquale Giantomaso hat sich für sein Restaurant San Marco in Ehlen mit dem Geschirrausleiher Revelo zusammengetan. In dessen Behältnissen verpackt er schon seit November Salate und Nudelgerichte. Der Pizzakarton ist, weil er kein Plastik enthält, nicht von dem neuen Gesetz betroffen. „Das System ist gut, die Gäste nutzen es nur zu wenig“, findet Giantomaso.
Dabei sei das Mehrweggeschirr eigentlich viel besser. Pasquale Giantomaso findet, dass die Gerichte in der Mehrwegschale ansprechender aussehen. Dass nur wenige Kunden Mehrweg verlangen, erklärt er sich mit dem Aufwand der Rückgabe und dass Kunden extra eine App herunterladen müssen, wenn sie Geschirr ausleihen möchten. Für die Mitarbeiter gebe es auch ganz praktische Probleme, denn auf Plastik kann man mit einem Filzstift nicht mal eben schnell den Inhalt der Schüssel notieren, sondern muss noch extra einen Aufkleber platzieren.
Bäckereien bieten Kaffeebecher mit Pfand an
Dirk Oliev betreibt sechs Bäckereien in Landkreis und Stadt Kassel. Ihn betrifft das neue Gesetz vor allem beim Kaffee-to-go. Er hat sich Ende Januar dem Pfandbechersystem der BÄKO angeschlossen, einer Einkaufsgenossenschaft für Konditoren und Bäcker. Oliev freut sich, dass er seinen Kunden ein gutes Angebot machen kann. „Für den Becher berechnen wir einen Euro Pfand“, erklärt er.
Die Mehrwegbecher gehören der Bäckerei, die Investition ist für Oliev nicht erheblich, wie er sagt. Gespült werden die Becher dann direkt in den Filialen. Was die Lebensdauer der Becher angeht, macht er sich keine Sorgen, die seien stabil und spülmaschinenfest, sagt er. Mit der Lieferung der Becher rechnet er im Lauf der zweiten Februarwoche.
Burger King bietet Recup-Becher an
Als einzige im Wolfhager Land ansässige große Systemgastro-Kette ist auch Burger King von der Mehrweg-Pflicht betroffen. Die Niederlassung am Autohof in Breuna setzt auf den Anbieter Recup, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. „Nach der Nutzung können diese ganz bequem deutschlandweit an über 16 500 Recup-Ausgabestellen zurückgegeben werden“, teilt das Unternehmen mit. So werden für die Recup-Becher und -Pfanddeckel je ein Euro Pfand hinterlegt, für ein Getränk mit Deckel also insgesamt zwei Euro Pfand.

Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht teils problematisch
Auch wenn die Wirte die neue Vorschrift kennen, sind manche bei der Umsetzung noch nicht so weit. In Mey’s Imbiss in Wolfhagen gibt es laut Inhaber Jörg Waßmuth noch kein Pfandsystem. „Die Anbieter haben Lieferschwierigkeiten“, erklärt er. Musterartikel bekomme er auch nur schleppend und von denen ist er auch noch enttäuscht: „Die meisten Behälter sind zu klein für unsere Produkte“, hat Waßmuth herausgefunden: Ein Schnitzel müsste er mehrmals durchschneiden, wie er sagt. „Vor der Gesetzesnovelle hätte sich die Politik mit der Industrie absprechen sollen“, findet der Gastwirt und Hotelier.
Auch Alternativen anzubieten, sei praktisch unmöglich. „Ich kann meinen Kunden nicht einfach ihre mitgebrachte Schüssel befüllen“, befürchtet Waßmuth. Denn: Die Schüssel müsste zunächst in der Imbiss-eigenen Spülmaschine gereinigt werden, bevor Mitarbeiter damit hantieren. So wolle es die Hygieneverordnung.
Ich kann meinen Kunden nicht einfach ihre mitgebrachte Schüssel befüllen
„Die Leute fragen schon nach, wann wir Mehrweggeschirr anbieten“, sagt Waßmuth. Dass er noch keins habe, würden die Leute aber auch akzeptieren: „Deswegen geht keiner wieder aus dem Imbiss raus.“
Für kleinere Betriebe gibt es Ausnahmen. Im Restaurant San Remo in Wolfhagen gibt es kein Pfandsystem, weil das Restaurant weniger als fünf Mitarbeiter hat, erklärt Inhaber Franco Pozella. Er müsste auf Kundenwunsch Gerichte in mitgebrachten Behältern verkaufen. In einem Monat sei aber noch niemand vorbeigekommen, der danach gefragt habe, sagt er. (Paul Bröker und Johannes Rützel)