Vier Gründer bauen im Wolfhager Land begehrten Speisepilz an

Vier junge Gründer bauen nun an zwei Stellen im Wolfhager Land Trüffel an. Für den Anbau des begehrten Pilzes braucht es viel Geduld.
Wolfhagen – Für die einen sind die Aromen frischer Trüffel eine kulinarische Offenbarung, andere rümpfen ob des intensiven, erdigen Pilzgeschmacks die Nase. Wer sich eher zur ersten Gruppe zählt, dürfte bei der folgenden Nachricht aufhorchen: Im Wolfhager Land werden Trüffel angebaut. Vier junge Leute haben sich zu einer Gesellschaft (GbR) zusammengeschlossen und „Die Trüffelei“ gegründet.
Neben dem Umstand, dass sie sich beim Tischfußball kennengelernt haben, teilen Katrin Damm, Steffen Neumann, Swantje Kampe und Bastian Döhne die Leidenschaft für die Natur. Sie sammeln und essen gerne Pilze. Die Idee zum Anbau von Trüffeln entstand im Oktober 2021, erzählt Katrin Damm, die als einzige im Quartett nicht aus Wolfhagen stammt und derzeit in Marburg lebt. Zuvor hatte die Biochemikerin in Kroatien schon einige Exkursionen zu natürlichen Trüffelstandorten unternommen, später, wie die anderen Projektteilnehmer auch, Seminare besucht und sich in die entsprechende Literatur vertieft.
An zwei Stellen im Wolfhager Land haben sie nun mit dem Anbau der unterirdisch wachsenden Schlauchpilze begonnen, die sie in einigen Jahren auch regional vermarkten wollen. Ein Grundstück hat die Trüffelei von der Stadt Wolfhagen gepachtet, ein weiteres von einer Privatperson. Die Untere Naturschutzbehörde und nun auch der Magistrat der Stadt haben das Vorhaben genehmigt.

Trüffel gehen Symbiose mit Bäumen ein
Von einer Trüffelbaumschule erhielten die zwei Frauen und zwei Männer mehrere Laubbäume, deren Wurzeln mit den männlichen und weiblichen Sporen der Pilze beimpft wurden. Sie pflanzten Stieleichen, Flaumeichen und Traubeneichen, aber auch Hainbuchen, Haselnuss, Winterlinden und Esskastanien. „Der Abstand zwischen den Bäumen einer Gruppe ist relativ gering“, sagt Damm. Das hat seinen Grund: Trüffel und Bäume stehen symbiotisch miteinander in Kontakt. Die Pilze versorgen die Wirtspflanze mit Wasser. Über das Laub der Bäume profitieren wiederum die Trüffel von der Fotosynthese und den Stoffwechselprodukten. Die Baumwurzeln bilden in der Erde ein dichtes Geflecht, was für die Trüffel von Vorteil ist.
Die Sporen an den Bäumen stammen von Sommer-Trüffeln oder auch Burgund-Trüffeln. Man unterscheide zwei Erntezeiten: Als Sommer-Trüffel würden die Knollen zwischen Mai und September ausgegraben, während der Ernte von September bis zum ersten Frost sei vom Burgund-Trüffel die Rede, sagt Katrin Damm, die sich im kommenden Jahr einen Italienischen Wasserhund anschaffen und ihn für die Trüffelsuche ausbilden möchte.
Bis zur ersten Ernte dauert es etwa 10 Jahre
Ob die gemeinsame Unternehmung von Erfolg gekrönt sein wird, müsse sich erst zeigen, sagt die 37-Jährige. Frühestens nach fünf bis sieben Jahren lasse sich einschätzen, ob tatsächlich Trüffel in einer Tiefe von zehn bis 15 Zentimeter in der Erde reifen. Diese seien dann aber noch nicht vermarktbar. Bis zur ersten Ernte und einem regionalen Verkauf an Restaurants und auf Märkten gingen gut und gerne zehn Jahre ins Land.
Vielleicht trägt sich die ganze Sache auch nicht.
Auch wenn die Kultivierung der Trüffel auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, so gebe es derzeit noch keine Daten, die Aussagen über das Gelingen des Anbaus treffen können. Dafür sei der Trüffelanbau in Plantagen in Deutschland zu jung. „Vielleicht trägt sich die ganze Sache auch nicht“, sagt Damm, die das Risiko kennt, aber dennoch von der Idee überzeugt ist. Die Voraussetzungen an beiden Standorten seien nämlich ideal.
Da wäre zum einen der Muschelkalk, der sich unter beiden Flächen befindet. Der Kalk sorgt für einen basischen Boden, was für die Trüffel essenziell ist. Beide Standorte wurden nicht landwirtschaftlich genutzt, sind also frei von Dünger. Und da keine landwirtschaftlichen Geräte über sie hinweggerollt sind, ist der Boden nicht verdichtet, sondern locker und luftig, so wie es für Trüffel ideal ist. Zudem bekommen die Flächen viel Sonne ab.
Die Nachfrage nach Trüffeln ist groß
Die Gesellschafter der Trüffelei reagieren mit ihrem Projekt auf eine Entwicklung, die sich seit einigen Jahren abzeichnet. „Es gibt eine riesige Nachfrage nach Trüffeln“, so Katrin Damm. Gleichzeitig würden die Erträge in den klassischen Anbauregionen in Südeuropa immer geringer. Die Standorte dort litten unter fehlenden Niederschlägen.

Bis die Bäume angewachsen sind, werden die vier Trüffelfreunde gießen müssen. Danach sollte die natürliche Wasserversorgung auskömmlich sein. In den kommenden Wochen wird die größere der Flächen mit Schafen beweidet. Die Tiere halten das Gras unter den Bäumen kurz und reduzieren so die Verdunstung. Auf dem kleineren Grundstück wird auf der Wiese Heu gemacht. Beide Standorte wurden mit Brutkästen für Steinkauz, Waldkauz und Falken ausgestattet. Kästen für Mauswiesel und Hermeline wurden ebenfalls verteilt. All diese Arten tragen dazu bei, die Mäusepopulation möglichst gering zu halten. Denn Mäuse machen sich über die Wurzeln der Bäume her und gefährden die Trüffel. (Antje Thon)