1. Startseite
  2. Lokales
  3. Wolfhagen
  4. Zierenberg

Oberelsunger erneuert Kritik an Windpark im Stadtwald Zierenberg

Erstellt:

Von: Paul Bröker

Kommentare

Beklagt sich über die Ausgleichsflächen für die Windräder: Friedhelm Hartung aus Zierenberg-Oberelsungen, hier bei Schneefall am 2. Februar.
Beklagt sich über die Ausgleichsflächen für die Windräder: Friedhelm Hartung aus Zierenberg-Oberelsungen, hier bei Schneefall am 2. Februar. © Paul Bröker

Er vermisst die dicken Stämme und spricht von einem Industriepark: Der Oberelsunger Friedhelm Hartung spricht sich erneut gegen den Windpark im Stadtwald Zierenberg aus.

Oberelsungen – Leise rieselt der Schnee, doch nach heimeliger Stimmung ist Friedhelm Hartung an diesem Tag nicht zu Mute. Der 71-Jährige steigt aus seinem Kompakt-SUV, und unter ihm knirscht der fünf Zentimeter hohe Schnee. Ein Blick nach oben und das Ärger auslösende Objekt offenbart sich ihm in seiner grauesten Form: ein 200 Meter hohes Windrad.

Neu daran ist wenig, das Rad steht dort schließlich schon seit 2018. Auch der Ärger ist eher grummelnder Akzeptanz gewichen. Doch der Oberelsunger will nicht tatenlos zusehen, wie bald noch mehr Wald den Windrädern im Stadtwald Zierenberg bei Escheberg zum Opfer fällt, wie er es ausdrückt. In der Nähe, im Escheberger Wald, sollen bald drei weitere Windräder entstehen. Dafür, sagt Hartung, würden weitere Bäume fallen.

Schon im April 2018 berichteten wir über seine Kritik: „Ich vermisse die alten, dicken Bäume“, sagte er damals. Die sind auch heute nicht zu sehen. Dicht an dicht, von Schnee bedeckt, zeigen sich dünne Stämme von Buchen, die dort vor etwa zehn Jahren durch Naturverjüngung gewachsen seien, wie Hartung sagt.

Oberelsunger spricht von Industriepark statt naturbelassenem Wald

„Es hat sich alles bestätigt, was ich vor fünf Jahren angenommen haben“, klagt der Oberelsunger. „Das ist kein Wald mehr, sondern ein Industriepark, wo zwischendrin Bäume stehen.“ Harter Tobak, doch was ist an dem Vorwurf dran? Nachgefragt bei Hessen Forst: „Der Wald in Oberelsungen befindet sich in der Phase der sogenannten Pflegenutzung“, erklärt die Wolfhager Forstamtsleiterin Claudia Gutsche-Stohldreier.

Die Bäume seien aktuell circa 80 Jahre alt. Bäume würden im Zuge der Lichtsteuerung entnommen, um die vitalsten Bäume und den Artenreichtum im Wald zu fördern. „Nur durch gezielte Lichtsteuerung kann sich langfristig ein Mischwald entwickeln“, sagt Gutsche-Stohldreier.

Die Kritik an der Forstbewirtschaftung ist für Friedhelm Hartung dagegen eine generelle: „Der Holzverbrauch sollte sich auf die Menge reduzieren, die nachwächst“, sagt der 71-Jährige, der bis 2016 für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung von Zierenberg saß. Eine der 100 gefällten Buchen habe je 200 Kilo an Kohlstoff gespeichert, sagt er. Dementsprechend erbost ist er über die Ausgleichsflächen. „Das ist ein Unsinn.“ Denn: „Bis die Bäume dort mal so viel Kohlenstoff aufnehmen, ist wieder ein Jahrhundert vergangen.“

Claudia Gutsche-Stohldreier (Leiterin Forstamt Wolfhagen)
Claudia Gutsche-Stohldreier Leiterin Forstamt Wolfhagen © Antje thon

Forstamtsleiterin: „Wir entnehmen mitnichten mehr Holz, als nachwächst“

Auch auf diese Kritik geht die Forstamtsleiterin ein: „Der Forstbetrieb entnimmt mitnichten mehr Holz, als nachwächst“, sagt Claudia Gutsche-Stohldreier. Dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgend würden genaue Pläne aufgestellt, in denen festgehalten werde, wie viel Holz nachwächst und wie viel davon entnommen werden darf.

„Im Oberelsunger Wald werden die Bäume rund 140 bis 160 Jahre alt, häufig auch älter, bis sie entnommen werden, um daraus langlebige Produkte zu fertigen.“ Zwar sei der Anteil an gespeichertem Kohlenstoffdioxid bei einem alten Baum höher. „Aber ein junger Baum kann noch viel Kohlenstoffdioxid aufnehmen“, entkräftet Gutsche-Stohldreier die Kritik an den Ausgleichsflächen.

Dennoch hält Friedhelm Hartung fest: „Der Wald muss normalerweise länger stehen.“ Schon 2018 stimmte der ehemalige Leiter des Forstamtes Wolfhagen, Uwe Zindel, zumindest in diesem einen Punkt zu. Denn für die Windräder seien die circa 100 Buchen bereits nach etwa 70 Jahren geerntet worden – also bereits zur Hälfte ihrer geplanten Lebenszeit.

Flächeninanspruchnahme laut Forstamtsleiterin auch für neue Windräder relativ gering

Grundsätzlich sei der Wald bei Oberelsungen jedoch sehr artenreich, sagte Uwe Zindel damals. Für die Windräder im Zierenberger Stadtwald habe es keine Ausschlussgründe gegeben. Die Zahl der Räder im Wolfhager Land sei verglichen mit anderen Regionen überschaubar, sagte Zindel. Da an bewaldeten Kuppen der Wind am häufigsten und stärksten bläst, seien sie als Standort geeignet. Zudem hätten die Windräder dort auch kaum Einfluss auf Siedlungen.

Mit Hinblick auf die drei neuen geplanten Windräder sagt seine Nachfolgerin Claudia Gutsche-Stohldreier: „Auch wenn es auf den ersten Blick nach viel aussieht, ist die Flächeninanspruchnahme relativ gering.“ Größere Sorgen bereiteten ihr die Schäden durch die massive Trockenheit der vergangenen Jahre: „Dadurch mussten und müssen auch im Oberelsunger Wald zunehmend stark geschädigte Bäume entnommen werden.“ (Paul Bröker)

Auch interessant

Kommentare