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Reichsbürger erlässt „Todesurteile“ und ruft zu Gewalt auf

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Von: Bernd Schlegel

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Ein Reichsbürger sitzt nun in Untersuchungshaft, ihm werden 33 Straftaten zur Last gelegt. Der 54-Jährige hat online „Todesurteile“ verbreitet.

Göttingen/Westerstede – Wenn Extremismus in Gewalt ausartet: Ein 54-jähriger mutmaßlicher Reichsbürger wird beschuldigt, „Todesurteile“ gegen Personen des öffentlichen Lebens erlassen zu haben. Der Mann, den die Staatsanwaltschaft Göttingen angeklagt hat, sitzt in Rosdorf in Untersuchungshaft.

Der Mann, der seinen letzten Wohnsitz in Bad Zwischenahn hatte, behauptet von sich, der Befehlshaber des „Supreme Headquarter Allied Expeditionary Force“ (abgekürzt: SHAEF) zu sein, also des Hauptquartiers der alliierten Streitkräfte in Nordwest- und Mitteleuropa während des Zweiten Weltkrieges.

Ein Reisepass des „Deutschen Reichs“: Er wird von beispielsweise von Reichsbürgern genutzt.
Ein Reisepass des „Deutschen Reichs“: Er wird von beispielsweise von Reichsbürgern genutzt. (Symbolbild) © Patrick Seeger/dpa

Reichbürger vor Gericht: 54-Jähriger soll „Todesurteile“ erlassen und im Netz verbreitet haben

Dieses wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aufgelöst. Der Angeschuldigte vertritt die Auffassung, dass es bis heute fortbestehe und bezeichnet sich selbst als „Commander“ beziehungsweise „Major“. Er ist der Überzeugung, dass allein die Gesetze des SHAEF in der Bundesrepublik Deutschland Geltung hätten.

Der 54-Jährige behauptet von sich, durch die amerikanischen Streitkräfte zur Ausübung von Hoheitsrechten auf dem deutschen Staatsgebiet berechtigt zu sein. Durch seine auf diversen Telegram-Kanälen verbreiteten Äußerungen, die in Teilaspekten eine Nähe zum Gedankengut der Reichsbürger aufweist, ist es ihm gelungen, eine breite Anhängerbasis für sich zu gewinnen.

Dem Mann werden laut Mitteilung insgesamt 33 Straftaten zur Last gelegt. Er soll insbesondere bundesweit gegen verschiedene Personen – darunter auch Personen des öffentlichen Lebens – „Todesurteile im Namen der SHAEF“ verhängt und über diverse Telegram-Kanäle mit etwa 25 000 Followern zur Tötung dieser Personen aufgerufen haben. In der Folge kam es zu zahlreichen Bedrohungen der geschädigten Privatpersonen und Amtsträger.

Staatsanwaltschaft Göttingen klagt Reichsbürger aus Niedersachsen an

Ebenfalls angeklagt ist eine 54-Jährige aus dem Landkreis Böblingen in der Nähe von Stuttgart. Gegen das Duo hat die Staatsanwaltschaft Göttingen, die als Zentralstelle gegen Hasskriminalität in Niedersachsen vorgeht, Anklage vor dem Amtsgericht Westerstede erhoben.

Anfang Dezember vergangenen Jahres wurde der 54-Jährige nach einem Haftbefehl, den die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Göttingen erwirkt hatte, in einer Gemeinde im Landkreis Böblingen verhaftet. Seitdem sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf in Untersuchungshaft. Die Beschuldigte ist weiterhin auf freiem Fuß. Die Telegram-Kanäle wurden gelöscht. Ein Hauptverhandlungstermin steht bislang noch nicht fest. (Bernd Schlegel)

Immer wieder geraten Reichsbürger in der Region in den Fokus der Ermittler. So durchsuchte die Polizei 2020 ein Haus bei Friedland und fand dabei Waffen. 2018 wurde ein Paar aus Hameln festgenommen, das der Reichsbürger-Szene angehört. Im Jahr zuvor war eine Reichsbürgerin aus dem Harz wegen eines Säureangriffs auf 18 Monate Haft verurteilt worden.

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