Entscheidend für das Armutsrisiko sei auch die Haushaltskonstellation, in der Menschen lebten, hieß es weiter. Einpersonenhaushalte wiesen demnach mit 29,2 Prozent eine mehr als dreimal so hohe Armutsgefährdungsquote auf wie Paare ohne Kinder (9,3 Prozent). Wichtige Einflussfaktoren für das Armutsrisiko seien zudem das Bildungsniveau und der Erwerbsstatus.
Das Landesamt wies darauf hin, dass die Ergebnisse für 2021 mit denen der Vorjahre aufgrund methodischer Änderungen ab dem Berichtsjahr 2020 nur eingeschränkt vergleichbar sind. Daher könnten kaum Aussagen über mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie gemacht werden.
Davon abgesehen zeigten sich teils deutliche Anstiege bei der Armutsgefährdung 2021 im Vergleich zu 2019, zum Beispiel bei Selbstständigen (2019: 9,2 Prozent; 2021: 14,0 Prozent) und bei älteren Personen ab 65 Jahren (2019: 15,4 Prozent; 2021: 17,9 Prozent).
„Bei den klassischen betroffenen Personengruppen wie Alleinerziehende, Erwerbslose, Menschen mit Migrationshintergrund ändert sich nichts grundlegendes“, sagte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze. Die Inflation sei gerade bei den Warengruppen teils extrem hoch, von denen Arme besonders abhingen, wie Grundnahrungsmittel und Energie.
„Inflation, Flucht und Krieg, Klimafolgen, Corona, mögliche Rezession: die Verteilungskämpfe werden härter, das soziale Klima brutaler“, fügte Gleitze hinzu. Staat und Gesellschaft müssten Armut und die wachsende Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich endlich nachhaltig in einem Nationalen Aktionsplan gegen Armut bekämpfen.
Die Landesarmutskonferenz fordere eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze auf 600 Euro im Monat, einen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose und eine Vermögensabgabe für Superreiche.
Aufgrund von eskalierenden Streitereien um die Lebensmittelvergabe haben Tafeln wie die in Helmstedter ihre Türen für eine Woche geschlossen. „Es treffen zu viele Kunden auf zu wenig Lebensmittel“, sagte die Vorstandsvorsitzende Nadine Kummert am Donnerstag (12.05.2022). Anfang dieser Woche seien die ehrenamtlichen Mitarbeiter so massiv beschimpft, bespuckt und angepöbelt worden, dass sie „die Reißleine ziehen mussten“.
Seit kurzem habe sich die Zahl der Hilfesuchenden auch durch die neu ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine wöchentlich vervierfacht, sagte Kummert. Etwa 200 Flüchtlingsfamilien, also etwa 600 Menschen, seien jede Woche hinzugekommen. Die verfügbaren Lebensmittel nähmen aber eher ab. „Das Ukraine-Problem hat uns das Genick gebrochen.“ (rdg/epd)
Auch in Göttingen steigt der Kundenzuwachs an der Tafeln stark an, weshalb die Göttinger Tafel dringend Hilfe benötigt. Ein Modellprojekt in Südniedersachsen soll benachteiligten Familien neue Perspektiven eröffnen.