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Fragen und Antworten zum geplanten Verbot von Grundschleppnetzen

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Das ist ein Grundschleppnetz: Fischer Nils Sander (Mitte) zeigt Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte die Maschengrößen eines Netzes. Bei dem Gespräch zwischen der Ministerin und Fischerei-Vertretern ging es um das geplante Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten. Die Fischer fürchten um ihre Existenz.
Das ist ein Grundschleppnetz: Fischer Nils Sander (Mitte) zeigt Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte die Maschengrößen eines Netzes. Bei dem Gespräch zwischen der Ministerin und Fischerei-Vertretern ging es um das geplante Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten. Die Fischer fürchten um ihre Existenz. © Lennart Stock/dpa

Sie fürchten das Aus: Die Nordseefischer. Grund ist ein geplantes Verbot von Grundschleppnetzen. Alle wichtigen Fragen und Antworten dazu.

Büsum – Schwarze, mit Netzen bespannte Holzkreuze sollen zurzeit an vielen norddeutschen Küstenorten auf eine drohende Gefahr aufmerksam machen: Fischer haben sie aufgestellt, weil sie das Aus ihrer Branche fürchten. Grund ist das geplante Verbot einer bestimmten Fangmethode mit Grundschleppnetzen in Schutzgebieten.

Einem Aktionsplan der Kommission zufolge soll die Fischerei mit Grundschleppnetzen in Schutzgebieten bis spätestens 2030 unzulässig werden. Die Fischer kritisieren das Verbot: „Aus meiner Sicht sollte Naturschutz mit den Fischern und nicht gegen die Fischer erfolgen“, sagte Jan Möller, Vorsitzender der Sparte See und Krabbenfischer im Landesfischereiverband Schleswig-Holstein.

Mit Aktionen wollen die Fischer bei der Agrarministerkonferenz vom 22. bis 24. März in Büsum ihren Unmut über das geplantes Verbot äußern. Höhepunkt soll eine Kutter-Demo am Donnerstag, 23. März, sein. Fragen und Antworten zu dem Streitfall.

Was sind Grundschleppnetze und warum stehen sie in der Kritik?

Grundschleppnetze sind Fanggeräte, die von einem Kutter geschleppt werden und für das Fischen auch von Schollen, Seezungen oder Krabben am Meeresboden oder in Bodennähe konzipiert sind. Meeresschützer sehen diese Fangmethode kritisch, da sie den Meeresboden und dort lebende Organismen schädigt und unerwünschter Beifang in den Netzen landet.

Wie stark wird der Meeresboden geschädigt?

Wie sehr der Meeresboden durch diese Netze beeinträchtigt wird, hängt nach Angaben des bundeseigenen Thünen-Instituts von der Beschaffung des ‘Grundtaus‘ am unteren Ende des Netzes ab. „Das kann aus leichten Gummi- oder Kunststoffrollen bestehen, die den Meeresboden nur leicht berühren, oder aus schwersten Stahlkugeln und Scheuchketten, die sich in weichen Boden eingraben“, so das Institut. In der Krabbenfischerei kommen laut dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium fast nur leichte Baumkurren ohne Ketten zum Einsatz, die wenig Druck auf den Meeresboden ausüben.

Was genau verlangt nun die EU-Kommission?

Die EU-Kommission möchte, dass die Fischerei in ganz Europa nachhaltiger wird. Nach der EU-Biodiversitätsstrategie sollen bis 2030 mindestens 30 Prozent der EU-Gewässer unter Schutz gestellt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kommission einen Plan vorgelegt. Darin werden die EU-Mitgliedsstaaten angewiesen, Maßnahmen zu ergreifen – auch soll die Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten, also etwa in Nationalparken und Natura-2000-Gebieten, bis 2030 schrittweise eingestellt werden. Erste Maßnahmen sollen bis Ende März 2024 feststehen.

Welche Gebiete wären vor den deutschen Küsten betroffen?

Viele. Nach Angaben des Landesfischereiverbandes Weser-Ems hat Deutschland rund 45 Prozent seiner Meeresgebiete als Natura-2000-Gebiete gemeldet. Innerhalb des Küstenmeeres, also in der 12-Meilen-Zone, ist demnach sogar mehr als die Hälfte Natura-2000-Gebiet – dazu zählen die drei Nationalparke für das Wattenmeer. Die Krabbenfischerei findet einer WWF-Analyse zufolge zu fast 70 Prozent innerhalb dieser drei Nationalparke statt.

Was sagen die Küstenfischer?

Bei den Fischern ist der Frust groß. Sie finden, dass ein komplettes Verbot nicht verhältnismäßig ist. „Wenn das durchgeht, ist es aus“, sagte der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, Dirk Sander, kürzlich. Für die Krabbenfischer gibt es laut Verband keine Alternative zur Grundschleppnetzfischerei. „Du kannst keine Krabbe im Wattenmeer und wo auch immer mit Netzen fischen, die nicht am Grund sind. Angeln kann man sie auch nicht“, sagte Sander. Wenn der Fang mit Grundschleppnetzen nicht mehr möglich wäre, müsste künftig noch mehr Fisch nach Deutschland importiert werden, sagen die Fischer.

Wie ist die Situation in der Krabbenfischerei?

Bereits jetzt geht die Zahl der Krabbenkutter kontinuierlich zurück, sagt Jan Möller. „Anfang der 2000er Jahre waren in Deutschland noch knapp 250 Kutter hauptberuflich unterwegs, 2010 noch 220 – dieser Trend habe sich fortgesetzt. „Heute haben wir in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen weniger als 200 Krabbenkutter.“ Komme das Verbot, werde bis auf maximal eine Handvoll Betriebe nichts übrig bleiben, warnt Möller, der selbst als Krabbenfischer in Büsum arbeitet.

Was sagen die Landesregierungen?

Die Landesregierungen in Kiel und Hannover sind sich einig, dass die Pläne nicht nur die Fischerei treffen würde: „Ein Verbot würde nicht nur viele berufliche Existenzen vernichten, sondern auch erhebliche sozio-ökonomische Auswirkungen weit über die Fischerei hinaus verursachen. Wir brauchen hier einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Schutz und Nutzung“, sagt Fischereiminister Werner Schwarz (CDU). Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben daher bereits ein gemeinsames Ministerschreiben an das Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin gerichtet. Sie baten den Bund darum, sich bei den weiteren Abstimmungen auf EU-Ebene gegen ein pauschales Verbot jeglicher grundberührender Fischerei in Meeresschutzgebieten auszusprechen.

Wie steht Niedersachsen dazu?

Niedersachsen hat sich dem bislang nicht angeschlossen. Ob ein Verbot verhältnismäßig sei, müsse im Einzelfall entschieden werden, teilte das Ministerium von Fischereiministerin Miriam Staudte (Grüne) mit. Das hänge von den Schutzzielen und der Art der Schleppnetzfischerei ab. Grundsätzlich hält es Staudte für sinnvoll, auf nachhaltigere Fangmethoden umzustellen. Dafür müsse in die Entwicklung alternative Fangmethoden investiert werden.

Was sagen Umweltschutzverbände?

Natur- und Meeresschützer sehen den Aktionsplan der EU-Kommission positiv. Er mache klar, dass beim Meeresschutz dringend etwas passieren müsse, sagt der Leiter des WWF-Wattenmeerbüros, Hans-Ulrich Rösner. Bislang habe sich die Fischerei dem Thema nicht ausreichend angenommen. Intakte Meeresböden und Meeresökosysteme seien die Voraussetzung für Fischerei. Die Lösung sieht für Rösner so aus: Den notwendigen Schutz der Meere sicherstellen und der Fischerei eine Zukunft bieten. Eine regional verankerte, naturverträgliche Fischerei sei im Interesse aller. (lni)

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