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Interview mit Landesforst-Präsident Klaus Merker zum Borkenkäferbefall

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Von: Peter Mlodoch

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Ein Blick auf befallene und abgestorbene Fichten im Harz.
Der Kampf gegen den Borkenkäfer hält weiterhin in Niedersachsens Wäldern an: Ein Blick auf befallene und abgestorbene Fichten im Harz. © Swen Pförtner/dpa

Borkenkäferbefall, Waldbrände und heftige Stürme sorgen in Niedersachsens Wäldern für weniger Bäume.

Hannover – Wir sprachen unter anderem zu den Themen Borkenkäferbefall und Waldbrandgefahr mit dem Landesforsten-Präsidenten Klaus Merker.

Herr Dr. Merker, hat das wechselhafte Aprilwetter im Mai und Juni den ausgetrockneten Wäldern in Niedersachsen etwas Erholung gebracht?

Nein, das ist leider nicht der Fall. Wir hatten zwar zwischenzeitlich etwas Regen. Aber insgesamt besteht für große Teile Niedersachsens immer noch oder auch wieder eine außerordentliche Dürre. Vor allem die östlichen Gebiete vom Harz bis oben zur Elbe hin sind extrem trocken.

Besteht dadurch eine erhöhte Waldbrandgefahr?

Diese war im Frühjahr zeitweise extrem hoch. Es hat auch mehrere Waldbrände gegeben, davon auch öffentlich wahrgenommen einige im Harz. Die große Gefahr im Frühjahr entsteht, wenn das Gras vom Vorjahr noch vorhanden ist und total austrocknet, bevor das neue Grün durchkommt. Inzwischen hat sich die neue Vegetation dieses Jahres entwickelt. Dadurch ist die Waldbrandgefahr etwas abgeklungen.

Wie kommt Ihre Aufforstung nach den heftigen Stürmen Anfang des Jahres voran?

Wir haben über diesen Winter eine hohe Zahl an jungen Bäumen in die Böden gebracht, die es im Vergleich der letzten 15 Jahres bislang so noch nicht gegeben hat. Das waren über sechs Millionen Pflanzen. Wir kommen also ganz gut voran. Das heißt natürlich nicht, dass wir sämtliche Schadflächen in einem Zuge wieder aufforsten können. Der Fortschritt aber kann sich sehen lassen. Um noch einmal auf die Regen-Frage zurückzukommen: Wir hatten große Angst, dass die neugepflanzten Kulturen wegen der Dürre in einem beträchtlichen Umfang ausfallen könnten. Da war zwischendurch recht brenzlig. Aber meist kam immer zur rechten Zeit ein bisschen Regen. Dennoch dürften einige Pflanzen vertrocknet sein. Das Frühjahr ist für neue Pflanzen immer schlecht.

Was macht Ihr Kampf gegen den Borkenkäfer?

Der hält unvermindert an. Im Harz hat sich in den vergangenen vier Jahren eine sehr, sehr große Population aufgebaut. Dadurch haben wir bereits einige Flächen verloren. Die gesunden, vitalen Fichtenbestände haben deutlich abgenommen. Je nach Lage in den verschiedenen Forstämtern richtet sich der Blick daher jetzt verstärkt Richtung Aufforstung.

Haben Sie also in bestimmten Bereichen den Kampf gegen den gefräßigen Schädling, der nur die Fichten befällt, bereits aufgegeben?

So würde ich es nicht ausdrücken. Wir kämpfen noch um die erhaltenswerten Bestände. Aber an verschiedenen Stellen sehen wir, dass wir gegen die Borkenkäfer nicht mehr ankommen. In diesen Bereichen richten wir unseren Blick nicht mehr vorrangig auf den Schädling. Sondern auf die Frage, wie wir den Wald neu gestalten können, um optimale Bedingungen für die Wiederaufforstung zu schaffen.

Was bedeutet das genau?

Wenn wir es mit einer befallenen Fläche zu tun haben und sich daneben keine unbedingt schützenswerten Bestände mehr befinden, dann lassen wir den Käfer laufen. Dort schauen wir, ob wir das Totholz einfach stehen lassen oder ob und welche Bäume wir entnehmen, um dann neue pflanzen zu können. Unser Blickwinkel hat sich geändert. In den vergangenen Jahren haben wir noch versucht, jeden Käfer-Baum zu kriegen und sofort aus dem Wald zu schaffen. Jetzt lassen wir schon mal befallene Bestände stehen, weil wir mit deren Entnahme nichts mehr bewirken.

Bedeutet dies, dass es bald keine Fichten mehr im Harz gibt?

Es wird weiterhin Fichten geben. Aber die Altbestände mit lebenden Fichten nehmen immer weiter ab. Insofern nähern wir uns einem Zustand, in dem Altbestände tatsächlich irgendwann dem Käfer zum Opfer gefallen sind. Das heißt allerdings nicht, dass die Fichten im Harz aussterben werden. Denn die Fichte verjüngt sich dort natürlich auch, wenn nämlich aus ihren vor dem Absterben noch abgeworfenen Zapfen neue Bäume entstehen. Die Fichte wird auch in bestimmten Bereichen überleben. Aber diese Fichten-Dominanz, wie wir sie bisher im Harz kannten, wird sich erledigen.

Der Umbau ist nicht zum Nulltarif zu haben. Welche Kosten kommen auf die Landesforsten, also auf Niedersachsen zu?

Wir brauchen mindestens zehn Jahre für den Waldumbau und die Wiederaufforstung. Für die gesamten Landesforsten rechnen wir dafür mit jährlich rund 20 Millionen Euro. Das meiste davon muss in den Harz fließen, weil hier die schwersten Schäden entstanden sind.

Zur Person

Klaus Merker (60) leitet seit 2005 als Präsident die Niedersächsischen Landesforsten, die mit 335.000 Hektar knapp ein Drittel aller Waldflächen des Landes bewirtschaften. Er ist gelernter Tischer und promovierter Förster. Seine 1997 an der Universität Göttingen absolvierte Doktorarbeit handelt vom „Controlling einer naturgemäßen Waldwirtschaft“.

(Peter Mlodoch)

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