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Die Qualen der Mast-Puten: Peta zeigt Oldenburger Konzern an

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Von: Peter Mlodoch

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Enge: Puten in einem Stall. Die Tierschutzorgansisation Peta wirft einem Mastkonzern im Oldenburger Land Verletzung von gesetzen vor.
Enge: Puten in einem Stall. Die Tierschutzorgansisation Peta wirft einem Mastkonzern im Oldenburger Land Verletzung von gesetzen vor. © Carmen Jaspersen/dpa

Die Tierschutzorganisation Peta zeigt einen Oldenburger Konzern wegen systematischer Verstöße an. Die Mast-Bedingungen der Puten seien unzulässig.

Hannover – Sechs Hennen pro Quadratmeter statt der rechnerisch nur erlaubten 4,7; neun Hähne statt 2,5: Die Tierschutzorganisation Peta wirft einem Putenmastkonzern im Landkreis Oldenburg und seinen Zulieferbetrieben eine systematische Verletzung von Gesetzen und Selbstverpflichtungen der Geflügel-Branche vor.

Außerdem würden die genehmigten Besatzzyklen in den Ställen von 18/19 Monaten auf 13 Wochen verkürzt, um so deutlich höhere Gewinne kassieren zu können. Wegen diverser Verstöße gegen Tierschutzvorschriften hat Peta bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg Strafanzeige gegen ein Puten-Unternehmen in Sachsen-Anhalt und die Chefs der niedersächsischen Mutterfirma erstattet.

Miese Mast-Bedingungen: Tierschutzorganisation Peta zeigt Oldenburger Betrieb wegen Verstöße an

Staatsanwalt Armin Gebauer bestätigte den Eingang der Anzeige im März; das daraufhin eingeleitete Verfahren (Aktenzeichen 182 Js 11709/22) sei aber kurze Zeit später zunächst eingestellt worden. Gegen diesen Beschluss habe Peta Beschwerde eingelegt. „Diese wird derzeit geprüft“, berichtete der Strafverfolger. Der Konzern selbst äußerte sich nicht.

„Uns liegen zum genannten Sachverhalt derzeit keine Informationen vor, so dass wir keine Stellungnahme dazu abgeben können“, erklärte eine Firmensprecherin auf Anfrage unserer Zeitung. Das Zögern der Ermittlungsbehörde lässt sich möglicherweise damit erklären, dass die Anzeige der Tierschützer auf einem anonymen Schreiben von einer offensichtlich in dem sachsen-anhaltinischen Betrieb beschäftigten Person beruht.

Ein zu geringer Platz ist immer mit Leiden für die Tiere verbunden.

Edmund Haferbeck, Peta

Der Brief zeugt laut Peta-Experte Edmund Haferbeck allerdings von viel Insider-Wissen und benennt auch Veterinäre als mögliche Zeugen. Der unbekannte Whistleblower schildert, dass die Anlagen für Aufzucht und Mast in einem verkürzten 13-Wochen-Rhythmus mit zwei parallelen Altersgruppen betrieben würden.

Küken kommen zu jung in zu kleine Ställe ‒ Folgen sind Federpicken, Kannibalismus und Erkrankungen

Außerdem würden Küken viel zu früh eingestallt. „Dieses System führt dazu, dass vier Mastdurchgänge im Jahr durchgeführt werden. Erlaubt sind aber nur 2,6 Durchgänge“, heißt es in dem Brief. Diese illegalen Vorgaben seien von der Geschäftsführung in der niedersächsischen Konzernzentrale angeordnet worden.

„Nach unserer Kenntnis sind solche Zustände in vielen Betrieben Standard“, beklagt Agrarwissenschaftler Haferbeck. Die Geflügel-Massentierhalter wendeten derartige rechtwidrige Praktiken aus rein ökonomischen Gründen an. Den Kontrollbehörden würden diese aber kaum auffallen, zumal nur alle paar Jahr kontrolliert werde. „Jetzt aber haben wir den Beweis dafür.“

In seiner Anzeige listet Haferbeck Verstöße gegen das Tierschutzgesetz auf „Ein zu geringer Platz ist immer mit Leiden für die Tiere verbunden.“ Beengte Verhältnisse führten zusätzlich zu Federpicken, Kannibalismus und aufgrund der kotverdreckten Einstreu zu massiven Entzündungen der Fußballen.

Peta fordert Verhängung von Tierhalteverbot wegen jahrelanger Verstöße gegen Tier-Wohl

Neben strafrechtlichen Sanktionen und Bußgeldern gegen die Verantwortlichen regt Peta in der Strafanzeige auch die Verhängung eines Tierhalteverbots an. Aufgrund der geschilderten Verstöße, „die seit Jahren wiederholend und routinegemäß sozusagen als Geschäftsmodell mit hoher krimineller Energie“ erfolgten, sei davon auszugehen, dass auch künftig ein solches zu ahnendes Verhalten an den Tag gelegt werde.

Schließlich müsse der durch die illegale und wettbewerbswidrige Praxis erzielte Mehrertrag als Bußgeld abgeschöpft werden. Um ihre Vorwürfe zu untermauern, nennt die Tierschutzorganisation sechs Verfahren, davon fünf in Niedersachsen, in denen Peta-Hinweise und Anzeigen zu Sanktionen geführt hätten.

Dort seien gegen den Konzern und seine Betriebe Strafbefehle, Bußgelder und in einem Fall auch ein langjähriges Tierhalteverbot für einen Putenmäster verhängt worden. Dies belege, dass es sich um „ein Geschäftsmodell der Organisierten Kriminalität“ handele, heißt es in der Anzeige. „Es sind notorische Wiederholungstäter.“ (Peter Mlodoch)

Auch in Göttingen ist Peta immer wieder aktiv. So verklagte die Tierschutzorganisation 2020 das Primatenzentrum wegen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Bei einem Brand in einem Putenstall im Kreis Cloppenburg sind Ende 2021 tausende Tiere verendet.

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