Vier Bäuerinnen erinnern sich an die Landfrauenausbildung in Niedersachsen

Gleichberechtigung? Davon war die Landfrauenausbildung in der Nachkriegszeit noch weit entfernt. Vier Bäuerinnen erinnern sich an die längst vergangene Zeit.
Nemitz – Von Gleichbehandlung war da noch keine Rede. Denn ausschließlich, um Bauernsöhne professionell und kostensparend auf die Bewirtschaftung ihrer Höfe vorzubereiten, entstanden im Deutschen Reich ab Ende des 19. Jahrhunderts landwirtschaftliche Winterschulen. Dabei konnten die jungen Männer abends noch Zuhause im Stall helfen und im Sommerhalbjahr auf dem Feld arbeiten.
So geschah es ab 1905 auch in Lüchow im heutigen Landkreis Lüchow-Dannenberg. Erst ab 1937 wurden dort in einer „Mädchenabteilung“ auch zukünftige Bäuerinnen ausgebildet. Wenngleich in anderen, als weiblich angesehenen Fächern.
Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür waren 1936 geschaffen worden. „Unsere erste Aufgabe bestand darin, dass wir uns blau-weiße Kleider nähen mussten, mit blauen bestickten Schürzen und einem weißen Tüchlein im Ausschnitt“, erinnert sich Inge Tebel an ihre Lehrzeit 1952/53.
In dieser Uniform wurde dann der Unterricht absolviert. Die 88-Jährige muss darüber schmunzeln. Mit weiteren Ehemaligen aus Dörfern der Umgebung – ihrer Schwägerin Maria Mente (86), Margret Jacobs (84) und Regina Krüger (84) – trifft sich die ehemalige Bäuerin zu Kaffee und Kuchen im Dörfchen Nemitz nahe Lüchow.
Kochen, Backen, Schlachten und Hühnerhaltung stand auf dem Lehrplan
Nach und nach fällt den rüstigen Damen ihr Lehrstoff wieder ein. Neben Kochen und Backen, Schlachten und Handarbeiten, Buchführung und Hühnerhaltung ist ihnen vor allem das Putzen in Erinnerung geblieben. „Es gab nicht viele technische Geräte wie Waschmaschinen und Staubsauger. Man musste noch vieles mit der Hand machen“, sagt Regina Krüger.
„Im Zimmer von unserer Direktorin Frau Biermann hatten wir deshalb den Teppich auf Knien mit Handfeger und Schaufel zu reinigen. Das fand ich ganz furchtbar.“ Maria Mente fügt hinzu: „Im Winter wurde der Teppich auf Schnee ausgeklopft – das war ein Highlight.“
Einer wichtigen Aufgabe in der Haushaltsführung wurde nicht jede Landwirtschaftsschülerin gerecht. Krüger, die später in einen eher kleinen Bauernhof eingeheiratet hat, gesteht: „Wir mussten Hühner mitbringen. Die wurden nach einem Betäubungsschlag auf den Kopf mit einem Nackenstich getötet, dann bluteten sie aus. Ich hab’ mein Huhn aber immer vergessen – ich konnte nicht töten.“
Sparsamkeit aus Demut
Über etwas ganz Grundsätzliches, das sie geprägt habe, sind sich die Landfrauen ebenfalls einig: dass man äußerst sparsam zu wirtschaften und zu kochen gelernt habe. Darauf habe gerade ihre Direktorin Erika Biermann streng geguckt. „Vor allen Dingen haben wir verinnerlicht, kein Brot wegzuschmeißen“, sagt Krüger, „noch heute mache ich aus alten Kanten Brotsuppe.“ Den Gemüseabfall hätten die Schweine bekommen. Dabei betonen die Frauen: „Das war keine Sparsamkeit aus Armut, sondern aus Demut vor den Produkten und der Arbeit. Gedarbt haben wir nie.“ Denn selbst in der kargen Nachkriegszeit hätten die Landwirte reichlich Lebensmittel gehabt. „Alles, was wir im Unterricht verkochten, mussten wir ja von zuhause mitbringen“, erklärt Tebel, die von damals ein Heft mit ihren handgeschriebenen Grundrezepten mitgebracht hat.
Haben die alten Damen dieses Leben, zu dem auch Feldarbeit wie Kartoffeln pflanzen und Rüben hacken gehörte, als hart empfunden? „Wie die Zeit ist, in der man lebt, so erkennt man sie auch an. Wir haben das damals nicht als schwer empfunden, so war es eben. Wir haben es gern gemacht – und wenn wieder ein Teil fertig war, hat man sich gefreut“, sagt Margret Jacobs. (lni)