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Bai L. soll für grausame Verbrechen in Gambia mitverantwortlich sein

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Von: Eva Krämer

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Nebenkläger ist Baba Hydara, der Sohn des getöteten Journalisten Deyda Hydara.
Nebenkläger ist Baba Hydara, der Sohn des getöteten Journalisten Deyda Hydara. © Julian stratenschulte/dpa

Er soll Mittäter bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mord und versuchtem Mord in Gambia gewesen sein – nun steht Bai L. in Celle vor Gericht. Ihm könnte eine lebenslange Freiheitsstrafe drohen. Göttinger Studierende begleiten das Verfahren.

Celle/Hannover – Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mord und versuchter Mord – das sind die Taten, die die Bundesanwaltschaft dem Gambier Bai L., einem Ex-Militär, vorwirft. Seit gestern muss sich der Mann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle verantworten.

Nach Überzeugungen der Anklagebehörde soll der 46-Jährige zwischen 2003 und 2006 als ein Mitglied der berüchtigten Sondereinheit der gambischen Streitkräfte, der sogenannten „Junglers“, illegale Tötungsbefehle ausgeführt haben. Konkret soll er Mittäter zu den Tatorten gefahren haben.

Die Sondereinheit, die für den damaligen Diktator Menschen ermordete, habe das Ziel gehabt „die Bevölkerung einzuschüchtern und die Opposition zu unterdrücken.“

Sohn des getöteten Journalisten Deyda Hydara tritt als Nebenkläger auf

Der Angeklagte Bai L. wurde im März 2021 in Hannover festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er soll als Fahrer an drei Mordanschlägen beteiligt gewesen sein.

Ende 2003 überlebte ein Rechtsanwalt schwere verletzt nach mehreren Schüssen einen mutmaßlichen Angriff der „Junglers“. Ein Jahr später wurde der regierungskritischer Journalist Deyda Hydara getötet. Sein Sohn, Baba Hydara, tritt bei dem Prozess als Nebenkläger auf.

Er und weitere Aktivisten fordern, den ehemaligen gambischen Präsidenten Yahya Jammeh und seine Helfer zur Rechenschaft zu ziehen. Hydara erhoffe sich von dem Prozess eine Signalwirkung, sagte Hydara am Montag in Celle.

Dem Ex-Präsidenten werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen

Deutschland übernehme mit dem Verfahren Verantwortung für sein Heimatland Gambia, das dies derzeit nicht tue. Der Prozess sende die Botschaft aus, dass Straflosigkeit nicht weiter bestehen könne.

2006 sollen zudem Mitglieder der „Junglers“ Einheit einen mutmaßlichen einen Gegner des gambischen Präsidenten Yahya Jammeh erschossen habe.

Dem Ex-Präsidenten werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Nach Angaben des Opferanwaltes Reed Brody handelt es sich bei dem Verfahren in Celle um den ersten internationalen Prozess gegen einen Offizier des Jammeh-Regimes. Im Fall einer Verurteilung droht dem Mann eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Bai L. schwieg zum Prozessauftakt

Beim Prozessauftakt äußerte sich der Angeklagte selbst nicht, sein Verteidiger stellte aber eine mögliche Aussage zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht. Für den Prozess sind bereits Termine bis Anfang kommenden Jahres geplant. Später fiel der Beschuldigte in Ungnade und wurde dem Gerichtssprecher zufolge in Gambia inhaftiert.

Aus Angst vor weiterer Verfolgung sei er nach Deutschland geflohen. Da er in Deutschland lebt und es mit Gambia kein Auslieferungsabkommen gibt, kann er in Deutschland belangt werden.

Grundlage für den Prozess ist das Weltrechtsprinzip

Nach Gerichtsangaben handelt es sich um den weltweit ersten Prozess gegen mutmaßliche frühere Mitglieder von ehemaligen Sondereinheiten gambischer Streitkräfte, der im Ausland verhandelt wird.

Grundlage ist das sogenannte Weltrechtsprinzip. Bestimmte Taten, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, werden in Deutschland auf dessen Basis auch dann verfolgt, wenn weder Deutsche beteiligt waren noch sonstige Verbindungen zur Bundesrepublik bestanden. (dpa/ Eva Krämer)

Göttinger Studenten begleiten das Verfahren

Das Verfahren in Celle wird von Göttinger Studenten unter der Leitung von Prof. Dr. Kai Ambos begleitet. Sie protokollieren die Hauptverhandlung fürs Internet in englischer Sprache. Durch diese Online-Dokumentation soll die gambische Zivilgesellschaft, insbesondere die Opfer des Jammeh-Regimes, aber auch die interessierte Öffentlichkeit die Möglichkeit erhalten, den Prozess direkt zu verfolgen.

Infos unter: department-ambos.uni-goettingen.de

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