BayernLB: Skandal erreicht neue Dimension

München - Der Finanzskandal um die krisengeschüttelte BayernLB hat eine neue Dimension erreicht: Der Kreis der beteiligten Personen weitet sich aus - und auch die CSU gerät zunehmend unter Druck.
Monatelang stand nur der frühere Chef von Deutschlands zweitgrößter Landesbank, Werner Schmidt, wegen des desaströsen Kaufs der österreichischen Hypo Group Alpe Adria im Jahr 2007 im Fadenkreuz der Ermittlungen. Doch mit der Ausweitung der Untersuchungen auf weitere Verdächtige und Straftatbestände wird klar, dass ein größerer Kreis von Personen in das Milliardendebakel verwickelt sein dürfte.
Nach Informationen der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf sämtliche Vorstände der Bank ausgeweitet, die beim Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria dabei waren. Sie stünden im Verdacht der Untreue, berichtete die Zeitung (Donnerstag) ohne Angabe von Quellen. Neben früheren sollen auch amtierende Vorstände betroffen sein.
Auch die CSU in Bayern gerät damit weiter unter Druck. Schon seit Wochen steht die Partei wegen des HGAA-Desasters massiv unter Beschuss, mittlerweile hat die CSU nach einer Umfrage deshalb weiter an Wählergunst verloren.
Fast täglich waren zuletzt neue Details über das Balkan-Abenteuer der BayernLB ans Licht gekommen, bei dem die Bank Milliarden in den Sand setzte. So soll die Österreichische Nationalbank wenige
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Tage vor dem Milliarden-Deal in einem Prüfbericht zahlreiche Mängel bei der HGAA festgestellt haben. Als eine der Schlüsselfiguren des Geschäfts gilt der Vermögensverwalter und frühere HGAA-Chef Tilo Berlin, der nach einem Zeitungsbericht nun auch zum Kreis der Verdächtigen zählen soll, und dem Verbindungen zu Investmentfirmen wie Kingsbridge Capital mit Adresse auf der Insel Jersey im Ärmelkanal - einem Steuerparadies - nachgesagt werden.
Die knapp gehaltene Mitteilung der Staatsanwaltschaft ließ am Mittwoch viel Raum für Spekulationen: Darin war lediglich von “weiteren“ betroffenen Personen die Rede, doch stellten die Ermittler immerhin klar, dass derzeit weder aktive noch ehemalige Mitglieder des Verwaltungsrates von dem Verfahren betroffen sind. Zum Zeitpunkt der HGAA-Übernahme im Jahr 2007 führte der zurückgetretene bayerische Sparkassenpräsident Siegfried Naser das Kontrollgremium.
Erster Stellvertreter war der damalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU), der erst am Dienstag dem Vorwurf entgegentrat, die BayernLB habe seinerzeit absichtlich zu viel für die HGAA gezahlt. In der Kritik steht bereits seit Wochen auch der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Georg Schmid, der den HGAA-Kauf damals als Verwaltungsratsmitglied ebenfalls mit absegnete.
Die Staatsanwaltschaft München wiederum hatte sich in den vergangenen Monaten zeitweise auch dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, sie treibe die Ermittlungen zur BayernLB nicht entschieden genug voran. Mittlerweile beschäftigen sich sieben Staatsanwälte unter Leitung von Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl mit dem Landesbank-Debakel. Titel der Arbeitsgruppe: Finanzkrise, intern “Fikri“ genannt. Bäumler-Hösl hatte auch die umfangreichen Untersuchungen im bisher größten deutschen Korruptionsskandal bei Siemens geführt und dabei zahlreiche frühere Top-Manager des Konzerns vernommen, darunter auch den früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer.
Bei den Untersuchungen zur BayernLB wollten die Oberstaatsanwältin und ihr Team nicht nur von Ex-Landesbankchef Schmidt, sondern auch von seinem Nachfolger Michael Kemmer und Vermögensverwalter Tilo Berlin in den vergangenen Wochen wissen, wie das HGAA-Geschäft zustande kam. Kemmer hatte kurz vor Weihnachten wegen der neuen Milliardenprobleme der BayernLB seinen Posten geräumt und war damit seinem Rauswurf zuvorgekommen.
Schmidt dürfte nun laut “Süddeutscher Zeitung“ erneut zur Staatsanwaltschaft zitiert werden. Bisher hatten er und Berlin alle Vorwürfe von sich gewiesen und beteuert, der HGAA- Deal sei korrekt abgelaufen. Fest steht, dass das Milliarden-Desaster den Freistaat noch viele Monate in Atem halten dürfte.
dpa