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Nach G7-Gipfel: China fühlt sich „verleumdet und attackiert“ und bestellt japanischen Botschafter ein

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Japans Premierminister Fumio Kishida (rechts) und US-Präsident Joe Biden.
Der Gastgeber und sein mächtigster Gast: Japans Premierminister Fumio Kishida (rechts) und US-Präsident Joe Biden. © IMAGO/Japan's PM Press Office

China zeigt sich nach dem G7-Gipfel in Hiroshima erzürnt. Der Staatengruppe wirft Peking vor, „globale Angelegenheiten zu manipulieren“.

München – Der G7-Gipfel, der am Sonntag im japanischen Hiroshima zu Ende gegangen ist, hat ein diplomatisches Nachspiel. Am späten Sonntagabend teilte das chinesische Außenministerium mit, dass der stellvertretende Außenminister des Landes, Sun Weidong, den japanischen Botschafter Hideo Tarumi einbestellt habe. Sun sagte demnach bei dem Treffen, die G7 hielten „an der Lagerkonfrontation und der Mentalität des Kalten Krieges fest“; der japanischen Regierung warf er vor, China „verleumdet und attackiert“ zu haben.

Die Regierungen der G7-Staaten Japan, Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und USA sowie Vertreter der Europäischen Union hatten die Herausforderungen durch China sowie den Ukraine-Krieg in den Mittelpunkt ihres Gipfeltreffens gestellt. In der gemeinsamen Gipfelerklärung heißt es zu China unter anderem:

China kritisiert G7: „Es ist keiner externen Kraft erlaubt, sich einzumischen“

Chinas Vize-Außenminister Sun erklärte bei dem Treffen mit Japans Botschafter, die Taiwan-Frage sowie die Menschenrechtslage in Xinjiang und Tibet seien „rein interne Angelegenheiten Chinas, und es ist keiner externen Kraft erlaubt, etwas zu sagen oder sich einzumischen“. Der japanische Botschafter wies die Kritik aus Peking zurück. Es sei „normal“, dass die G7 zu Themen Stellung bezögen, die von gemeinsamem Interesse seien. Solange China sein Verhalten nicht ändere, werde die G7 auch weiterhin kritische Punkte ansprechen. „China sollte zunächst positive Schritte unternehmen, um diese Probleme anzugehen, wenn China verlangt, dass nicht auf sie hingewiesen wird“, so Tarumi.

Japan hatte Ende vergangenen Jahres eine Kehrtwende in seiner Verteidigungspolitik hingelegt und unter anderem angekündigt, massiv aufrüsten zu wollen. Mit Blick auf China und Nordkorea hatte der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida damals vom „schwierigsten und komplexesten Sicherheitsumfeld seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“ gesprochen. Japan betrachtet nicht nur Pekings Drohungen in Richtung Taiwan mit Sorge; auch Gebietsstreitigkeiten über eine kleine Inselgruppe, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu genannt wird, sorgen regelmäßig für Verstimmungen.

Pekings Staatszeitung: G7-Gipfel ist „Anti-China-Workshop“

Die staatlich kontrollierte Global Times schrieb am Montag, der G7-Gipfel sei „zu einem ‚Anti-China-Workshop‘ verkommen“. Die Gipfelerklärung mische sich „brutal“ in die inneren Angelegenheiten Pekings ein und „verleumdet China“.

Bereits am Samstag hatte Chinas Außenministerium scharfe Kritik am G7-Gipfel geübt. Ein Sprecher des Ministeriums sagte in Peking, die Staatengruppe „untergräbt die regionale Stabilität und unterdrückt die Entwicklung anderer Länder“. Zudem warf er den G7-Staaten vor, die Unabhängigkeitsbestrebungen in Taiwan zu fördern, was „zu einer ernsthaften Beeinträchtigung des Friedens und der Stabilität in der Straße von Taiwan führen wird“. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl der demokratisch regierte Inselstaate nie Teil der Volksrepublik war. Immer wieder droht Peking damit, Taiwan mit militärischer Gewalt mit dem Festland zu vereinigen.

G7-Staaten

Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA (in Japan vertreten durch Staats- und Regierungschefs).

Bis 2014 hieß die Gruppe G8 - Russland wurde jedoch aufgrund des einsetzenden Ukraine-Konflikts samt der Krim-Annexion ausgeschlossen.

China sucht Schulterschluss mit Moskau

Die G7 bezeichnete der Sprecher als „einige wenige westliche Industrieländer, die sich willkürlich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischten und globale Angelegenheiten manipulieren“. Peking versucht seit Längerem, die westlich dominierte Weltordnung durch ein multipolares System zu ersetzen, in dem China eine Schlüsselrolle zukommt.

In diesem Zusammenhang ist auch Pekings Nähe zu Moskau zu verstehen: China weigert sich seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs, Russlands Angriffskrieg zu verurteilen und einen Abzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten der Ukraine zu fordern. Stattdessen wirft Peking dem Westen vor, durch Waffenlieferungen an Kiew den Krieg zu verlängern. Ernsthafte Schritte, den Krieg zu beenden, hat China bislang nicht unternommen. Zuletzt blieb ein halbherziger Versuch eines chinesischen Sondergesandten, der nach Kiew und in andere europäische Hauptstädte gereist war, weitgehend ergebnislos.

Im Hiroshima war am Wochenende überraschend Wolodymyr Selenskyj zum G7-Treffen gestoßen. In ihrer Gipfelerklärung sicherten die Regierungen der Ukraine zu, das Land „so lange wie es notwendig ist“ zu unterstützen. (sh)

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