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Nächste Debatte „ohne den Minister“: Gesundheitschefs gehen auf Lauterbach los

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Von: Andreas Schmid

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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Deutschen Bundestag zur Impfpflicht-Abstimmung.
Unter Druck: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). © Michael Kappeler/dpa

Bittere Woche für Karl Lauterbach: Masken- und Impfpflicht abgelehnt, mit Isolations-Kehrtwende selbst ins Abseits gestellt.

Berlin - Erst hat er sie öffentlich verkündet, dann rasch wieder einkassiert. Karl Lauterbachs Hin und Her bei den Isolationsregeln sorgt für mächtige Diskussionen. Der SPD-Gesundheitsminister verkündete am Dienstag, dass sich Corona-Infizierte künftig nicht mehr freiwillig in Isolation begeben müssten. Es hagelte Kritik, sodass Lauterbach sich schließlich wieder von seinem Kurs distanzierte – öffentlich in einer Talk-Show.

Am Dienstagabend erklärte Lauterbach im ZDF-Talk „Markus Lanz“, er wolle nun doch an den gängigen Isolationsregeln festhalten. Er habe die Gesundheitsämter entlassen wollen und kein falsches Signal senden wollen. Die Pandemie sei nicht vorbei. In der Nacht auf Mittwoch, um 2.37 Uhr, erklärte sich der Gesundheitsminister noch auf Twitter. „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Ein Fehler, der wohl nicht nur dem ohnehin angekratzten Vertrauen in die deutsche Corona-Politik schadet – sondern auch Lauterbach selbst.

Karl Lauterbach unter Druck: Gesundheitschefs laden wohl Minister aus

Die 16 Gesundheitsminister wollen sich laut Bayerns Gesundheitschef Klaus Holetschek (CSU) bei der nächsten Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am 11. April „ohne Anwesenheit des Bundesgesundheitsministers über das weitere Vorgehen und die grundsätzliche Zusammenarbeit austauschen“. Holetschek sagte im rbb24-Inforadio, es sei „unmöglich“ derartig wichtige Entscheidungen in einer Talkshow zu verkünden. „So kann man keine Politik machen. So wird man auch die Menschen nicht mitnehmen.“ Schwindet damit auch der Rückhalt unter den Landesministern, seinen Mitstreitern im „Kampf gegen Corona“, wie Lauterbach einst sagte?

Holetschek, bis 2022 Chef der Gesundheitsministerkonferenz, will das Thema beim nächsten Gesundheitsgipfel diskutieren. „Wir werden so reagieren, dass wir auch nochmal die Frage stellen, ob Bund und Länder so miteinander in Zukunft umgehen, dass wir in der Nacht aus einer Talkshow zur Kenntnis nehmen, was dem Bundesgesundheitsminister eingefallen ist, zu ändern. Das geht einfach nicht. Das ist kein Stil.“

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek.
Kritik an Karl Lauterbach: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. © Sammy Minkoff/imago

Lauterbachs Corona-Politik: Gesundheitsminister irritiert und verärgert

Holetschek attackierte Lauterbach offenbar auch in einem Brief an die GMK-Chefin Petra Grimm-Benne, SPD-Gesundheitsminisiterin von Sachsen-Anhalt. Darin beklagt er laut Deutscher Presse-Agentur, am Montag habe die GMK gemeinsam mit Lauterbach Vorschläge zur künftigen Isolationsstrategie diskutiert. Über die Weiterentwicklung der Strategie seien sich Bund und Länder weitgehend einig gewesen – wobei die Länder darauf gedrungen hätten, dass die Anpassungen erst im Mai wirksam werden.

Nun könnten „Irritation und Verärgerung“ über Lauterbachs Äußerungen nicht größer sein, in der dieser „von den eigenen Vorschlägen und dem in der GMK konsentierten Vorgehen abrückte“, kritisiert Holetschek. „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern kann so nicht gelingen.“

Der CSU-Minister richtete sein Wort offenbar stellvertretend für die unionsgeführten Bundesländer an die SPD-Ministerin. Kritik kam aber auch von den Ampelparteien FDP und Grünen. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) nannte Lauterbachs Zick-Zack-Kurs im NDR „chaotisch“ und „unprofessionell“. Hessens Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) schrieb auf Twitter Richtung Lauterbachs Ministerium: „Wie kommen Sie darauf, das Bundesgesundheitsministerium könnte die Beschlüsse einer Länderkonferenz verkünden?“ Hintergrund: Der Bund, also Bundesminister Lauterbach, ist bei den Ländertreffen nur als Gast beteiligt. Geleitet wird die GMK von den Ländern selbst.

Corona: Masken- und Impfpflicht - Lauterbach-Kurs abgelehnt

Lauterbach muss dieser Tage mehrere empfindliche Niederlagen hinnehmen. Zu Wochenbeginn fiel in weiten Teilen Deutschlands die Maskenpflicht. Sie gilt nur noch an wenigen Orten wie in Bus und Bahn, nicht aber in anderen Innenräumen wie in den meisten Supermärkten. Lauterbach hatte sich klar gegen ein Ende der Maskenpflicht ausgesprochen – vergeblich. „Das Risiko, sich zu infizieren, ist selten höher gewesen als jetzt“, mahnte der Minister daraufhin.

Den größten Dämpfer erlebte Lauterbach am Donnerstag: Der Bundestag schmetterte die Impfpflicht klar ab. Lauterbach warb in der Vergangenheit mit am stärksten für die verpflichtende Corona-Impfung – übrigens ursprünglich für ein Modell ab 18. Nun verfehlte aber selbst der Gesetzesentwurf, der eine Impfpflicht ab 60 vorsah, klar seine Mehrheit. Der Minister zeigte sich enttäuscht und schrieb auf Twitter: „Jetzt wird die Bekämpfung von Corona im Herbst viel schwerer werden.“ (as)

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